Wieder nichts mit Ruhe bei Hertha BSC: Auf den sportlichen Abstieg und die finanzielle Beinahe-Pleite folgt das Theater um Rückkehrer Marius Gersbeck. Der gebürtige Berliner soll einen Mann geschlagen haben und ist deshalb suspendiert. Sportdirektor Fredi Bobic wurde zu Jahresbeginn für die Androhung von Schlägen bereits entlassen.

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Ausgerechnet Marius Gersbeck. Fan-Liebling und Kapitänskandidat. Die Saisonvorbereitung läuft für Hertha BSC durch den nächtlichen Zwischenfall im Trainingslager in Zell am See nicht nach Plan. Bei Berlins Zweitligisten sorgt der durch Österreichs Polizei gegen den Torwart geäußerte Verdacht der Körperverletzung eines 22-Jährigen auf mehreren Ebenen für Komplikationen.

Zusätzliche Brisanz erhält der Fall Gersbecks vor dem Hintergrund der laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung des Vereins mit dessen früherem Geschäftsführer Fredi Bobic. Bobic wurde am 28. Januar 2023 von seinen Aufgaben mit sofortiger Wirkung entbunden.

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Fredi Bobic drohte einem Reporter Schläge an

Der Europameister von 1996 hatte seinerzeit nach der Derby-Niederlage gegen Union Berlin einem Reporter des rbb gedroht: "Wenn du nochmal fragst, kriegst du eine gescheuert." Hertha BSC wertete dies als vereinsschädigendes Verhalten und entließ Bobic. Der ehemalige Torschützenkönig der Bundesliga reichte anschließend eine Kündigungsschutzklage ein.

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Bobics Vertrag läuft noch bis 2024. Laut "kicker"-Informationen könne er ihn per einseitiger Option bis 2026 verlängern. Schlimmstenfalls, durch ausstehende und künftige Gehaltszahlungen, drohten Hertha BSC im Falle einer juristischen Niederlage gegen Bobic Forderungen in Höhe von neun bis zehn Millionen Euro.

Insofern ist nicht nur für Bobic, der wegen einer angedrohten Handgreiflichkeit gehen musste, und dessen Anwälte folgende Frage von höchster Bedeutung: Wie geht es weiter nach der vorläufigen Suspendierung Gersbecks durch die Hertha-Führung?

Die sportlichen Aspekte

Chefcoach Pal Dardai wird sich mit Torwart-Trainer Andreas Menger besprechen. Sechs Torhüter hatten die Berliner beim Trainingsauftakt. Gersbeck ist erstmal aussortiert. Alexander Schwolow (31) soll nach seiner Leihe zu Schalke 04 den Verein endgültig verlassen, daran ändert sich nichts. Auch Oliver Christensen (24) ist ein Verkaufskandidat, weil die Hertha Geld braucht. Gut möglich, dass er nun bleiben muss. Denn sonst ist da nur noch Tjark Ernst (20). Ihm traut Dardai die Rolle als Nummer eins zwar zu, aber ohne ein erfahrenes Backup wäre das Risiko groß. Robert Gwasigroch (19) und Tim Goller (18) sind nur für die U23 in der Regionalliga eingeplant.

Marius Gersbeck kehrte im Sommer 2023 ins Tor von Hertha BSC zurück
Der gebürtige Berliner Marius Gersbeck kehrte im Sommer 2023 ins Tor von Hertha BSC zurück, wurde aber schon während der Vorbereitung wegen eines Zwischenfalls vorübergehend suspendiert. (Archivbild) © dpa / Soeren Stache

Die moralischen Aspekte

Rot glänzte die Kapitänsbinde zuletzt an Gersbecks Arm. Die Berliner holten ihren Jugendspieler per Option vom Karlsruher SC zurück. Er passte als ehemaliger Kurvengänger perfekt zum proklamierten Hertha-Weg. Die Parallelen zur Biografie von Präsident Kay Bernstein waren ein Schmankerl, auch wenn die Bande zwischen Klub-Chef und Torwart wohl nicht so eng waren, wie zuletzt medial stilisiert. Man kennt sich halt von früher aus der Ostkurve.

Dass einer der Ihren sich nun womöglich einen schlimmen Fehltritt leistete, beschädigt die Hertha-Strategie umso mehr. Fast schon tragikomisch klingt Gersbecks Angebot aus einer Medienrunde wenige Stunden vor den nächtlichen Ereignissen in Zell am See. Er könne, sollte es zwischen Fans und Verein mal zu einer Konfrontation kommen, "leicht vermitteln".

Die juristischen und ökonomischen Aspekte

Die gerade gezahlten 300.000 Euro Transfersumme für Gersbeck kann Hertha vielleicht noch verschmerzen. Doch die drohenden wirtschaftlichen Konsequenzen des Skandals sind für den hoch verschuldeten Klub nicht zu unterschätzen. Sollte Torwart Christensen nun nicht wie geplant verkauft werden können, entgeht der Hertha möglicherweise ein Millionen-Betrag. Zudem stünde der Däne weiter auf der Gehaltsliste.

Nicht zu vernachlässigen ist von Klub-Seite, dass auch andere juristische Fälle anhängig sind. Ex-Torhüter Rune Jarstein klagt gegen eine fristlose Kündigung, die wegen einer Beleidigung von Menger ausgesprochen wurde. Und dann die bereits weiter oben beschriebene Auseinandersetzung mit Bobic. Die Vorwürfe gegen Gersbeck durch Österreichs Polizei wiegen noch schwerer. (dpa/hau)

Verwendete Quelle:

  • kicker.de: Hertha auf dünnem Eis: Hilft der Fall Gersbeck Bobic vor Gericht?
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