Zuletzt in Katar knallte es zwischen den beiden Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und George Russell. Die Dynamik zwischen den beiden hat sich in den vergangenen Wochen verändert, es geht intensiver zur Sache. Ex-Weltmeister Nico Rosberg warnt vor einer Negativspirale.

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Nico Rosberg weiß, wie gefährlich die Situation bei Mercedes ist. Die Beziehung zu einem Teamkollegen ist dynamisch, sie ist wichtig für den Erfolg des Teams, und genauso kann sie Gift für die Gemengelage rund um einen Rennstall sein. Rosberg hat das selbst erlebt, als er bei Mercedes fuhr. Es knallte mit Lewis Hamilton auf und abseits der Strecke, beide kämpften von 2013 bis 2016 so lange gegeneinander um Siege und Titel, bis von der einstigen Freundschaft nichts mehr übrig war.

So schlimm ist es 2023 um das Verhältnis von Hamilton und George Russell nicht bestellt, doch auch hier ändert sich langsam, aber sicher die Dynamik. Gibt es gar einen neuen "Krieg der Sterne" bei Mercedes?

"Es wird langsam heiß bei Mercedes", sagte Rosberg im Podcast von Sky Sports F1. Tatsächlich knisterte es zwischen dem 25 Jahre alten Russell und dem 38-jährigen Hamilton in dieser Saison schon öfter. Beide rasselten immer mal wieder zusammen, kamen sich in die Quere, inklusive verbaler Scharmützel, allerdings ohne großen Crash. Den konnten beide lange vermeiden. Doch er bahnte sich an.

Hamilton und Russell: Crash in Katar

Bis es zuletzt in Katar tatsächlich das erste Mal richtig knallte. Unmittelbar nach dem Start des Rennens hatte Hamilton auf der Außenseite neben Russell liegend in der ersten Kurve zu stark eingelenkt, war mit seinem Teamkollegen kollidiert und ausgeschieden. Russell wurde immerhin noch Vierter.

Doch klar war, dass das Duo durch die Kollision angesichts der Startplätze zwei und drei viele Punkte weggeschmissen hatte, möglicherweise sogar einen Sieg. In ersten Reaktionen per Funk war die Aufregung deshalb zunächst groß. Als sich die Gemüter etwas abgekühlt hatten, nahm Hamilton die Schuld auf sich, Russell goss kein weiteres Öl ins Feuer.

Der Crash wurde von den Beteiligten bemüht heruntergespielt, Hamilton betonte nicht nur gegenüber den Medien, sondern auch auf X, dass der Unfall auf seine Kappe geht. Mercedes postete zur Untermalung eine harmonische Umarmung der beiden Piloten.

Doch vor allem Teamchef Toto Wolff, der wegen einer OP nicht in Katar weilte, sei nun gefragt, betonte Rosberg. "Ich hoffe, er weiß das vorsichtig zu managen, denn du musst hier verhindern, dass eine Negativspirale beginnt."

"Russell darf nicht nur der nette Kerl sein"

Nico Rosberg

Gleichzeitig riet er Russell, nicht nachzulassen und klein beizugeben. Es sei "eine sehr schwierige Situation" für Russell, sagte Rosberg. "Leider kann man in dieser Situation nicht nur der nette Kerl sein. Man muss auch intern den Druck aufrechterhalten", erklärte er aus eigener Erfahrung und betonte: "Man muss es dem Team leider schwer machen."

Das nerve, aber sonst nehme das Team immer den einfachsten Weg, sagte Rosberg. Das sei sehr unangenehm für Russell, allerdings sei Katar für ihn bereits ein "Sieg" gewesen, weil Hamilton die Schuld auf sich genommen habe. Das habe es in seiner eigenen Zeit bei Mercedes nie gegeben. "Es ist sehr, sehr selten, dass Lewis zu 100 Prozent schuld ist, das passiert normalerweise nie", so Rosberg.

Was hingegen oft vorkommt: Dass ein Streit das Team belastet, möglicherweise gar spaltet. Wolff hatte immer betont, wie schwierig es war, die Probleme zwischen Rosberg und Hamilton zu managen. In den anschließenden Jahren mit Valtteri Bottas waren die sportlichen Fronten geklärt, doch mit Russell ist seit der vergangenen Saison ein junger, ambitionierter Fahrer bei den Silberpfeilen, der Hamilton nicht wie Bottas den Rücken freihält, sondern den siebenmaligen Champion herausfordert.

2022 gewann Russell das teaminterne Duell mit 275 zu 240 Punkten, feierte sogar den einzigen Saisonsieg der Silberpfeile. 2023 behält bis dato Hamilton die Oberhand, und das mit 194 zu 132 Zählern relativ deutlich. Spannend wird es, wenn Mercedes 2024 möglicherweise wieder ganz vorne angreifen und um den Titel fahren kann.

Jetzt ist Teamchef Wolff gefragt

Das Zoff-Potenzial ist also groß. "Da fehlt jetzt leider Niki Lauda. Niki war der erste Mediator", erinnert Rosberg an die 2019 verstorbene Formel-1-Legende, die bei Mercedes als Aufsichtsratsvorsitzender eine wichtige Rolle spielte. "Da mussten wir antanzen. Ein Gespräch, zwei Gespräche. Und Niki hat das dann sehr gut gemacht, weil er immer versucht hat, dass jeder ein bisschen von seinem Standpunkt weggeht, damit man sich in der Mitte trifft", erinnert sich Rosberg: "Jetzt ist es halt Totos Sache."

Das sieht auch Sky-Experte Ralf Schumacher so. "Es scheint mir, dass es im Moment bei Mercedes auch an Führung fehlt", erklärte der frühere Formel-1-Pilot bei Sky. "Es zeigt auch, dass es zwischen den beiden jetzt etwas Arbeit gibt. Man kann nur auf eine gewisse Art und Weise miteinander umgehen und ich glaube, das Team muss hier jetzt eingreifen", so Schumacher.

Für Rosberg ist das "eine hochinteressante Situation, und wenn es einen Teamchef gibt, dem ich es zutraue, hier die Kontrolle zu behalten, dann ist es Toto". Wolff habe die Autorität, und er genieße den Respekt der Fahrer, stellt Rosberg klar. "Nur er kann sich mit den Fahrern hinsetzen und auch mal auf den Tisch hauen. Ich schätze, er wird sich mit den Piloten zuerst einzeln unterhalten und dann ein Gespräch mit allen anstreben". Damit die Dynamik nicht in die falsche Richtung geht.

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