• George Russell und Lewis Hamilton kamen bislang gut miteinander aus.
  • Denn es stand vor allem die gemeinsame Weiterentwicklung des bockigen Silberpfeils im Fokus.
  • Teamchef Toto Wolff glaubt: Mit dem Erfolg könnten Spannungen zwischen den Piloten entstehen.

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Toto Wolff wollte das Risiko nicht eingehen. Er hatte bereits erlebt, was zwei Alphatiere auf Augenhöhe in einem Rennstall auslösen können. Deshalb blieb Valtteri Bottas jahrelang bei Mercedes, denn er war der treue Helfer von Lewis Hamilton, der "Wingman", wie es Wolff mal ausdrückte.

Die Rechnung ging auf. Die Fans blieben zwar auf der Strecke, weil Bottas dem Briten keinerlei Paroli bieten konnte, dafür dominierten Mercedes und Hamilton von 2017 bis 2020 die Formel 1 nach Belieben. Und das ganz ohne Zoff und "Krieg der Sterne", wie es ihn zwischen 2014 und 2016 zwischen Hamilton und Nico Rosberg gab. Damals hätte Wolff fast zum Äußersten gegriffen und einen der beiden Streithähne auf die Ersatzbank gesetzt.

So gesehen war die Verpflichtung von George Russell vor der aktuellen Saison nicht ohne Risiko, im Grunde ein Zwischending zwischen Bottas und Rosberg. Denn Russell ist für Hamilton sportlich eine größere Herausforderung als Bottas, aber das Verhältnis zwischen den beiden ist deutlich besser als es zwischen Hamilton und dem einstigen Jugendfreund Rosberg war. Und klar: Russell ist die Zukunft, das Juwel im eigenen Stall, das nach drei Jahren bei Williams reif für den Sprung zu Mercedes war.

Der Respekt ist groß zwischen Hamilton und Russell, die immerhin 13 Jahren trennen. Zwei Generationen, zwei unterschiedliche Charaktere zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Karriere. Am Ende haben aber beide ein Ziel: den Titel. Und es kann ja in der Formel 1 nur einen geben.

Hamilton: Russell ist die richtige Entscheidung für das Team

"Ich sehe, dass er sehr viel Potenzial in sich hat, und er ist auch am richtigen Platz dafür. Ich denke, dass, egal ob ich hier bin oder nicht, er alle Qualitäten hat, dieses Team in Zukunft zum Erfolg zu führen", sagte Hamilton über den 24-Jährigen.

Es sei die richtige Entscheidung für das Team gewesen und er hoffe, dass er einen Teil dazu beitragen könne, Russell bei seiner Weiterentwicklung zu helfen, so Hamilton. Das Duell mit seinem Teamkollegen sei auch nicht hart, meinte der siebenmalige Champion, "es ist eigentlich angenehm, da wir beide unglaublich gut miteinander arbeiten".

Das ist der springende Punkt, der in Zukunft einiges ändern könnte, glaubt Wolff. Denn im Moment müssen beiden sehr eng zusammenarbeiten: "Der größte Gegner für George und Lewis waren nicht der jeweilige Teamkollege, auch nicht die anderen Fahrer. Es war das Auto selbst und das war in vielerlei Hinsicht ein Vorteil", sagte Wolff "Motorsport.com".

Gemeinsame Suche nach Lösungen

Denn im Fokus stand bis zur Sommerpause die gemeinsame Suche nach Lösungen, um den widerspenstigen Silberpfeil zu bändigen und Schritte nach vorne zu machen, um wieder um Siege fahren zu können. Der Rückstand zu Red Bull Racing und Ferrari war groß, inzwischen hat sich Mercedes herangerobbt, und Russell und Hamilton haben das Team dabei tatkräftig unterstützt.

"Sie haben unterschiedliche Lösungen und Setups verwendet, manchmal sogar sehr viele, mit dem Ziel, Eindrücke und nützliche Informationen auszutauschen, um aus der Situation herauszukommen, die wir erlebt haben", so Wolff. Ergebnisse waren dann manchmal zweitrangig, wenn zum Beispiel Hamilton ein komplett anderes Setup ausprobierte, das aber in die Hose ging und das Rennwochenende mehr oder weniger hinüber war. Diese Erkenntnisse waren und sind wichtig, denn der Weg zurück an die Spitze ist mühsam.

Ausgeglichenes Duell zwischen Hamilton und Russell

Doch Fakt ist: Selbst unter diesen unüblichen Voraussetzungen ist das Duell Hamilton gegen Russell eines der engsten in der Formel 1. Im Qualifying liegt Russell nach 13 Saisonrennen 7:6 vorne, in den Rennduellen auch, allerdings hat Hamilton einen Lauf, er fuhr zuletzt fünfmal auf das Podium und wurde in den letzten beiden Rennen Zweiter. Er steht bei 146 Punkten, Russell bei 158 Zählern. Denn wenn der Mercedes etwas ist, dann zuverlässig. Ein Faustpfand, das für regelmäßige Punkte sorgte.

Fakt ist auch: Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Mercedes wieder Rennen gewinnen kann. Viele glauben, dass die technische Direktive des Automobil-Weltverbandes, die für das kommende Rennen in Spa (28. August) herausgegeben wird, um das Bouncing der Autos besser in den Griff zu bekommen, Mercedes entgegenkommt und noch einmal näher an die Konkurrenz heranbringt. Das große Ziel der Silberpfeile: 2022 ein paar Siege, und 2023 soll dann der große Titelangriff erfolgen.

Ändert sich die Tonalität?

Und dann ändert sich womöglich auch die Tonalität im Mercedes-Team. "Wenn die Ziele Rennsiege und Titel sind, werde ich sagen können, ob der Respekt, den ich heute zwischen den beiden sehe, ein vorherrschender Faktor bleiben wird", sagte Wolff.

Denn Wolff weiß ja aus Erfahrung, dass die Stimmung schnell umschlagen kann, wenn sich die Möglichkeiten und damit die Ziele ändern. Aus den Freunden Hamilton und Rosberg wurden so erbitterte Feinde. "Wenn man um die höchsten Einsätze spielt, ist es ganz natürlich, dass es zu Spannungen kommt, aber wenn man sich grundsätzlich respektiert und schätzt, dann wird es nie über das Erlaubte hinausgehen", sagte Wolff. Eigentlich. Ein Restrisiko bleibt aber immer. Wolff hat das bereits erlebt.

Verwendete Quellen:

  • Motorsport.com: Interview Wolff
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