• Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft zieht bei der Heim-EM mit nur einer Niederlage in die K.o.-Runde ein, wo im Achtelfinale Montenegro wartet.
  • Die unglaubliche Kader-Breite im DBB-Team ist dabei nicht der einzige Trumpf.
  • Ein Experte traut den Deutschen sogar den Titel zu.
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Der Großteil der über 18.000 Zuschauer verließ die Kölner Lanxess-Arena am Dienstagabend mit hängendem Kopf. Gleichzeitig war sich Experte und Ex-Profi Per Günther bei "Magenta Sport" jedoch sicher: "Die deutsche Mannschaft hat mich heute überzeugt. Sie kann Europameister werden." Wenige Minuten zuvor hatte die deutsche Nationalmannschaft bei der Basketball-EM ihre erste Niederlage kassiert. 80:88 hieß es nach Ertönen der Schlusssirene aus deutscher Sicht gegen Europameister Slowenien um Basketball-Magier Luka Doncic.

Warum also redet der ehemalige Nationalspieler Günther nach diesem Spiel vom EM-Titel? Der 34-Jährige führte seinen Gedanken aus. So habe die deutsche Mannschaft gegen einen Doncic in Überform (36 Punkte) zwar verloren, dabei aber auch viel Pech gehabt. So seien offensiv einige gut herausgespielte Würfe nicht gefallen und defensiv habe man kein Mittel gegen Doncic gefunden. Doch Günther stellte auch fest, dass das deutsche Team sich trotz aller Widrigkeiten nie aufgegeben habe, ein Merkmal, das bei dieser Eurobasket schon öfter zu sehen war.

Basketball-EM: Montenegro ist Deutschlands Gegner im Achtelfinale

Nicht umsonst hat das Team von Bundestrainer Gordie Herbert in einer im Vorfeld als "Hammerlos" bezeichneten Gruppe vor dem Slowenien-Spiel drei Siege gegen Frankreich, Bosnien und Litauen eingefahren. Auch das letzte Gruppenspiel gegen Außenseiter Ungarn konnte am Mittwochabend souverän mit 106:71 gewonnen werden, sodass die deutsche Mannschaft nun als Gruppenzweiter zur K.o.-Runde nach Berlin fährt und dort im Achtelfinale auf Montenegro, den Gruppendritten der Gruppe A, trifft.

Dass wohl nicht direkt im Achtelfinale Schluss sein muss, haben die Partien in der Gruppenphase deutlich gezeigt. Die deutsche Mannschaft beeindruckte mit gleich mehreren Stärken im bisherigen Turnierverlauf.

Der wohl größte Trumpf des DBB-Teams ist seine Unberechenbarkeit. Neun der zwölf Spieler im Roster sind in der Lage das Team als Topscorer anführen. So sind gleich fünf deutsche Spieler unter den Top 100 der besten Werfer des Turniers. Anders als bei vergangenen Turnieren liegt die Scoringlast nicht ausschließlich bei NBA-Star Dennis Schröder. Auch NBA-Rookie Franz Wagner oder die EuroLeague-Profis Maodo Lo sowie Johannes Thiemann haben bereits gezeigt, dass sie die DBB-Offense tragen können.

Aufgrund dieser noch nie zuvor dagewesenen Breite im Kader der Nationalmannschaft ist das DBB-Team für die Gegner deutlich schwerer auszurechnen, als wenn die Last beispielsweise nur auf Schröders Schultern liegen würde. So stellt das DBB-Team nach der Gruppenphase die viertbeste Offense des Turniers hinter den Topfavoriten Slowenien, Serbien und Griechenland.

Ein weiterer deutscher Trumpf bei der Eurobasket ist die Verteidigung. Das altbekannte Basketball-Sprichwort "Offense wins games, defense wins championships" (deutsch: Offensive gewinnt Spiele, Defensive gewinnt Titel) nimmt man sich im deutschen Team zu Herzen. In der Vorbereitung wurde immer wieder die Verteidigung angemahnt, als Punkt, der sich verbessern muss. Das ständige Mahnen machte sich bezahlt. Die deutsche Verteidigung kann sich sehen lassen, wie auch die Statistiken der Gruppenphase zeigen.

Zwar ist das DBB-Team in keiner Kategorie absolute Spitze, doch unter den Top 10 sind Schröder und Co. regelmäßig zu finden. Dabei hilft sicherlich auch der Fakt, dass kein deutscher Spieler in der Verteidigung "versteckt" werden muss, da seine Qualitäten nicht ausreichen, um auf europäischem Topniveau zu verteidigen.

Nationaltrainer Gordon Herbert bringt DBB-Team rechtzeitig in Form

Dass dem so ist, daran hat auch Coach Herbert großen Anteil. Der Kanadier sorgte in der Vorbereitung für ein Ausrufezeichen, als er den langjährigen Teamkapitän Robin Benzing aus dem Kader strich. Verletzungen und Nicht-Berücksichtigungen trübten zudem das Bild in der Vorbereitung. Doch der erfahrene Herbert, der unter anderem schon in Frankfurt in der BBL arbeitete, ließ sich davon nicht beirren und brachte seine Mannschaft punktgenau zum EM-Start in Turnierform.

Nach einigen Wechseln auf der Bundestrainer-Position in den vergangenen Jahren scheint es nun, als ob die Ideallösung mit Herbert gefunden wurde. Der 63-Jährige lässt sich nur selten öffentlich in die Karten schauen, hat dem Team aber das nötige Spielverständnis und die richtige Einstellung für die Heim-EM eingeimpft.

Aber nicht nur Herbert und sein Trainerteam haben das deutsche Team in die richtigen Bahnen gelenkt. Denn bereits nach der Gruppenphase lässt sich sagen, dass das DBB-Team mit einem ordentlichen Heimvorteil bei der Eurobasket agiert.

Riesige Fan-Unterstützung für DBB-Team

Spiel für Spiel unterstützen Tausende Menschen das DBB-Team in der Kölner Mega-Arena und peitschten es in kritischen Situationen nach vorne. Diese Unterstützung wird wohl auch in der K.o.-Runde in Berlin nicht abreißen, gleichwohl wird aber die Konkurrenz zunehmen, da unter anderem auch die Türkei den Sprung in die entscheidende EM-Phase geschafft hat. Dennoch ist die Fan-Unterstützung ein weiterer wichtiger Trumpf für die deutsche Mannschaft, wie die Spieler bereits mehrfach betonten.

Schröder und Co. werden nun auch in Berlin sicherlich alles daran setzen, um die forsche Ansage von Ex-Profi Günther nach der Niederlage gegen Slowenien mit Leben zu füllen. Die Basketball-Euphorie in Deutschland könnte noch eine Weile anhalten, auch wenn im Viertelfinale nicht nur sprichwörtlich ein "echter Brocken" warten würde. Dort geht es wohl gegen Griechenland mit NBA-Superstar und Physis-Monster Giannis Antetokounmpo. Aber dem deutschen Team ist alles zuzutrauen.

Verwendete Quellen:

  • MagentaSport-Übertragungen Deutschland-Slowenien (6.9.22), Deutschland-Ungarn (7.9.22)
  • Eurobasket-Statistiken
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