Erst war es eine Milliarde Dollar, die Michael Bloomberg in seinen Wahlkampf investieren wollte. Und schon das hatte die Welt noch nicht erlebt - ein Medien-Milliardär mit mehr als 50 Milliarden Dollar Privatvermögen versucht, sich mit Kommunikationsmacht und einem gigantischen Geldsack ins Weiße Haus zu kaufen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Wolfram Weimer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Jetzt verdoppelt Bloomberg seinen Einsatz: zwei Milliarden Dollar will er jetzt ausgeben, um Donald Trump zu stürzen. Mehr als 250 Millionen Dollar sind schon in die spektakuläre Medienkampagne des Ex-Bürgermeisters von New York investiert - mehr als alle anderen Präsidentschaftskandidaten zusammen, so viel wie noch nie in der Geschichte der Demokratie, und jeden Tag werden es mehr.

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Bloomberg hat ein Team von Hunderten, sehr gut bezahlten Mitarbeitern angeheuert, vor allem Kommunikations- und Werbeprofis. Er kauft Werbeminuten im Fernsehen, Radiospots, Podcasts, digitale Kontakte, Videos, Social-Media-Kampagnen, Massenmailings. Es ist ein Jahrhundertgeschäft für Medien und politische Marketingexperten.

Bloombergs Milliardenoffensive macht Donald Trump inzwischen nervös. Immer häufiger twittert der Präsident bösartige und hämische Kommentare zu "Mini Mike". Der 1,90 Meter große Trump will den 1,73 Meter kleinen Bloomberg als politischen Zwerg lächerlich machen. Doch mit jedem "Mini Mike"-Tweet mehr offenbart Trump, wen er derzeit von seinen Herausforderern am meisten fürchtet.

Als Bloomberg nun ankündigte, den teuersten Werbespot der Welt in einer Spielpause des Super Bowls (das Finalspiel der Football-Liga NFL erreicht rund 100 Millionen Zuschauer) zu schalten und alleine für diese wenigen Sekunden elf Millionen Dollar auszugeben, kündigte Trump an, dasselbe zu tun.

"Mini Mike traut sich nicht auf die Bühne der demokratischen Debatte - er ist ein schrecklicher Debattierer und Redner." So twittert Trump am Freitagmorgen kurz nach halb neun. Und weiter: "Wenn er das täte, würde er in den Umfragen noch weiter zurückgehen (wenn das überhaupt möglich ist)."

Eine halbe Stunde später legte Trump, offenbar von der omnipräsenten Bloombergwerbung provoziert, nach: "Mini-Mike-Bloomberg-Anzeigen sind absichtlich falsch - ein Eitelkeitsprojekt für ihn, um ins Spiel zu kommen. Doch niemand hat seit vielen Jahren für die USA getan, was ich für die USA getan habe, einschließlich der größten Wirtschaft in der Geschichte, dem Wiederaufbau unseres Militärs, den größten Steuer- und Regulierungskürzungen aller Zeiten."

Trump könnte Bloomberg ignorieren, denn Bloomberg ist zwar reich, aber 77 Jahre alt und als New Yorker Milliardär im weiten Land nicht sonderlich beliebt. In den Meinungsumfragen liegt Bloomberg derzeit nur auf Platz fünf der demokratischen Vorwahlen, hinter dem Ex-Vizepräsidenten Joe Biden, den Altlinken Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren sowie dem schwulen Newcomer, Bürgermeister Pete Buttigieg.

Trump hat Gründe, den reichen Rivalen zu fürchten

Erstens zeigt Bloombergs Milliardenkampagne Wirkung. Er legt Woche für Woche in den Umfragen zu. "Bloomberg hat Momentum", sagen die Wahlkampfexperten in Washington. Der beispiellose Werbedruck zeige zusehends Wirkung.

Die politische Landschaft werde sich in den kommenden sechs Wochen dadurch verändern, weil Bloomberg die politische Mitte adressiert und nicht wie Sanders oder Warren weit links steht, wo keine Mehrheiten zu finden sind.

Zweitens verfolgt Bloomberg eine clevere Pokerstrategie. Er verzichtet - entgegen aller Traditionen - auf einen Wahlkampf in den ersten vier kleinen Staaten, angefangen in Iowa, wo der Nominierungswettbewerb bereits am 3. Februar beginnt. Bloomberg spekuliert, dass sich bei den Vorwahlen in Iowa, New Hamphire, South Carolina und Nevada noch kein klarer Favorit herauskristallisiert, sondern die vier Konkurrenten abwechselnd vorne liegen.

Er will erst dann eingreifen, wenn es sich so richtig lohnt: zum "Super Tuesday" am 3. März, wenn die Demokraten in 14 Staaten gleichzeitig ihre Delegierten für den Nominierungsparteitag im Juli bestimmen, darunter auch so große wie Kalifornien.

Diese Staaten flutet er derzeit mit Werbesendungen zu schärferen Waffengesetzen, einer Gesundheitsreform und der "Greenwood Initiative", einem Plan, eine Million "Black Americans" zu Hausbesitzern zu machen.

Drittens mobilisiert Bloomberg gezielt die Klimaschutzbewegung für seine Kampagne. Er war Sonderbeauftragter des UN-Generalsekretärs für Klimamaßnahmen und engagiert sich in einer Initiative zur Schließung von Kohlekraftwerken.

Er macht Werbung für die Klimaschutzkampagne "America’s Pledge" (Amerikas Versprechen) und will ab 2035 nur noch Elektroautos in den USA zulassen. Sein Wahlkampfteam verbreitet zudem die schöne Geschichte des grünen Bürgermeisters, der in seiner Amtszeit 800.000 Bäume in New York hat pflanzen lassen.

Viertens ist Bloombergs selbst erarbeiteter Reichtum in Amerika ein starkes Argument für Tatkraft. Laut Forbes ist Bloomberg die achtreichste Person in Amerika, mit einem Nettovermögen von 53 Milliarden Dollar im Norden.

Trump steht hingegen nur auf Platz 275, mit einem Nettovermögen von etwas mehr als drei Milliarden Dollar. Da Trump seinen Reichtum immer wieder als Maßstab für Erfolg in die öffentliche Debatte einbringt, ist der viel (erfolg-)reichere Bloomberg für ihn eine Bedrohung.

Bloomberg kann er nicht - wie die anderen Herausforderer - abkanzeln als einen Verlierer und Profipolitiker, der im wahren Leben noch nichts erreicht habe.

Trump und Bloomberg verbindet die Vergangenheit

In Amerika findet nun das Publikum zusehends Gefallen an dem Duell zweier Männer, die sich in mancher Beziehung ziemlich nahe sind. Beide sind ähnlich alt, stammen aus New York, haben ihr Leben in den gleichen Restaurants, Bars und Clubs verbracht, beide sind Selfmade-Männer, beide sind in Manhattan Milliardäre geworden.

Beide haben nach ihrer geschäftlichen Karriere den Weg in die Politik gefunden. Beide unterhielten jahrelang sogar eine freundschaftliche Beziehung zueinander und trafen sich immer wieder bei Wohltätigkeitsveranstaltungen, Partys und sogar bei einer der Hochzeiten des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani.

Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Golfclub 2007 sagte Trump, es sei "mein wirklich großes Privileg, einen Mann vorzustellen, der meiner Meinung nach einer der großen Bürgermeister ist und als einer der großen Bürgermeister, wenn nicht sogar der größte, in New York City in die Geschichte eingehen wird". Im Jahr 2013 rühmte Trump Bloomberg als einen "fantastischen Kerl".

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Trump fühlt sich durch die Kandidatur Bloombergs aus dem eigenen Hinterhof angegriffen. Bloomberg war jener Bürgermeister, der New York durch die schweren Tage nach den Attentaten vom 11. September gebracht und der Stadt ihren Stolz und Behauptungswillen verkörpert hat.

Er gilt als großer Patriot, den Trump gerne selber mimt. Er gilt als Law-and-Order-Politiker, was Trump auch gerne sein will. Er ist ein supererfolgreicher Macher, was Trump auch von sich hören will. Dass er nicht nur auf dem Bank-, sondern auch auf dem Reputationskonto höhere Summen stehen hat, irritiert den Präsidenten.

Bloomberg weiß das und stellt lakonisch fest: Ein respektabler Geschäftsmann sei Trump nie gewesen, sondern nur ein windiger Immobilienspekulant.

Und so münzt er die lebenspraktische wie moralische Überlegenheit in den Spruch: "Trump war großartig für reiche Leute wie mich - aber ich werde großartig für Sie sein." Und damit es jeder Amerikaner auch erfährt, wird er noch einige hundert Millionen Dollar investieren - in die größte politische Werbekampagne aller Zeiten.

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