Joe Biden soll im Mittelpunkt des Parteitags stehen - nicht Donald Trump. Doch der Präsident ist ein Hauptargument für die Demokraten im Kampf um das Weiße Haus. Vernichtende Kritik am Amtsinhaber übt am ersten Tag vor allem eine ehemalige First Lady: Michelle Obama.

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Die frühere First Lady Michelle Obama hat zum Auftakt des Parteitags der Demokraten vernichtende Kritik an US-Präsident Donald Trump geübt und zur Wahl von dessen Herausforderer Joe Biden aufgerufen. "Donald Trump ist der falsche Präsident für unser Land", sagte die Ehefrau von Ex-Präsident Barack Obama in ihrem am Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Redebeitrag für den Parteitag der Demokraten in Milwaukee (Wisconsin).

Michelle Obama: Trump ist "ganz klar überfordert"

Trump habe mehr als genug Zeit gehabt zu beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen sei, er sei aber "ganz klar überfordert". Bei dem bis Donnerstag andauernden Parteitag der Demokraten wird Biden zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl am 3. November gekürt.

"Präsident zu sein ändert nicht, wer du bist. Es offenbart, wer du bist", sagte Obama. Unter dem Republikaner Trump herrschten "Chaos, Spaltung und ein totaler und völliger Mangel an Empathie" im Weißen Haus. "Wenn Sie glauben, dass die Dinge unmöglich noch schlimmer werden können, vertrauen Sie mir, das können sie. Und das werden sie, wenn wir bei dieser Wahl nichts ändern. Wenn wir irgendeine Hoffnung haben, dieses Chaos zu beenden, dann müssen wir für Joe Biden stimmen, als ob unsere Leben davon abhängen."

Sie lobte Biden als einen "zutiefst anständigen Mann". "Er hört zu. Er wird die Wahrheit sagen und der Wissenschaft vertrauen", sagte Obama. Biden, der unter ihrem Mann Barack Obama Vizepräsident war, habe in dem Amt einen "fantastischen" Job gemacht, sagte Obama. "Er weiß, was es braucht, um eine Wirtschaft zu retten, eine Pandemie zurückzuschlagen und unser Land zu führen."

Auch Sanders ruft zur Wahl Bidens auf

Unterstützung für Biden gab es auch von seinem ehemaligen Rivalen im Nominierungsrennen, Bernie Sanders, der seine Anhänger zur Wahl des designierten demokratischen Präsidentschaftskandidaten aufgerufen hat: "Wir müssen zusammenkommen, Donald Trump besiegen und Joe Biden und Kamala Harris zu unserem nächsten Präsidenten und unserer nächsten Vizepräsidentin machen", sagte Sanders in seinem am Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Beitrag für den Parteitag der Demokraten in Milwaukee (Wisconsin). Sanders war dem moderaten Ex-Vizepräsidenten Biden im Vorwahlkampf unterlegen.

Sanders sagte: "Die Zukunft unserer Demokratie steht auf dem Spiel. Die Zukunft unserer Wirtschaft steht auf dem Spiel. Die Zukunft unseres Planeten steht auf dem Spiel." Er warnte, der republikanische Präsident Donald Trump sei nicht nur nicht in der Lage, die zahlreichen Krisen zu bewältigen, er führe die USA zudem auf den Pfad der Autokratie. Sanders fügte hinzu: "Diese Wahl ist die wichtigste in der modernen Geschichte dieses Landes." Notwendig sei eine Bewegung, wie sie es nie zuvor gegeben habe, und Menschen, die für Demokratie und Anstand und gegen Gier, Oligarchie und Engstirnigkeit kämpfen.

Tochter von COVID-19-Opfer erhebt Vorwürfe gegen Trump

Mit einer emotionalen Ansprache auf dem Parteitag der US-Demokraten hat die Tochter eines verstorbenen COVID-19-Opfers schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump erhoben. Kristin Urquiza sagte in einem am Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Beitrag, ihr Vater Mark Anthony Urquiza habe Trump und dessen "Sprachrohren" vertraut, als diese gesagt hätten, dass das Coronavirus unter Kontrolle sei und verschwinden werde. Nachdem der Gouverneur des Bundesstaats Arizona die Ausgangsbeschränkungen Ende Mai aufgehoben habe, sei der 65-Jährige mit Freunden in eine Karaoke-Bar gegangen. Wenige Wochen später sei ihr Vater ohne Angehörige auf der Intensivstation gestorben.

"Seine einzige Vorerkrankung war, dass er Donald Trump vertraut hat, und dafür hat er mit seinem Leben bezahlt", sagte Kristin Urquiza. "Das Coronavirus hat deutlich gemacht, dass es zwei Amerika gibt: Das Amerika, in dem Donald Trump lebt, und das Amerika, in dem mein Vater gestorben ist." Eine der letzten Dinge, die ihr Vater ihr gesagt habe, sei gewesen, dass er sich von Trump betrogen fühle. "Wenn ich meine Stimme für Joe Biden abgebe, werde ich es daher für meinen Vater tun."

Schweigeminute für George Floyd bei Demokraten-Parteitag

Emotional wurde es auch beim Auftritt zweier Angehöriger von George Floyd: Zwei Brüder des bei einem brutalen Polizeieinsatz getöteten Afromakerikaners wurden dem Parteitag zugeschaltet.

George sollte heute leben, beklagte Philonise Floyd am Montagabend (Ortszeit) in einer Videobotschaft, die im Rahmen des virtuell abgehaltenen Parteitags gezeigt wurde. Er rief zu einer Schweigeminute für seinen Bruder und die vielen anderen auf, die als Folge von Hass und Ungerechtigkeit gestorben seien. Der Tod Floyds Ende Mai in Minneapolis (Minnesota) hatte in den USA landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst.

Parteitag der Demokraten findet virtuell statt

Bei dem Parteitag küren die Demokraten Joe Biden zu ihrem Präsidentschaftskandidaten, der am 3. November gegen den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump antritt. Die Nominierung soll am Dienstagabend (Mittwochfrüh MESZ) stattfinden.

Nach der Nominierung Bidens am zweiten Tag der "Convention" steht am Mittwoch eine Rede von Ex-Präsident Obama auf dem Programm. Zudem soll sich Bidens Vize-Kandidatin, die Senatorin Kamala Harris, in Wilmington (Delaware) äußern. Dort ist Biden zu Hause. Er soll dort am Donnerstag, dem letzten Abend des Parteitags, seine Nominierungsrede halten.

Traditionell sind die Parteitage Mega-Events im US-Wahlkampf und sollen den Enthusiasmus für die Kandidaten anheizen. Wegen der Corona-Pandemie veranstalten die Demokraten ihren dieses Jahr weitgehend virtuell: Aufgezogen war das zweistündige Abendprogramm wie eine TV-Show, durch die die Schauspielerin Eva Longoria Bastón führte.

Biden in Umfragen vorne, aber ...

Umfragen sehen Biden derzeit in Führung, allerdings haben diese wegen des komplizierten Wahlsystems in den USA nur begrenzte Aussagekraft. Trump war unmittelbar vor dem offiziellen Start des Parteitags am Montag drei Mal vor Anhängern aufgetreten - zwei Mal in Minnesota und einmal in Wisconsin.

Für die nächsten Tage sind weitere Auftritte geplant, ebenfalls in sogenannten Swing States, die bei der Wahl besonders umkämpft sind. Trump machte deutlich, dass er eine Niederlage bei der Wahl nur im Fall von Wahlmanipulationen für möglich hält: "Der einzige Weg, wie wir diese Wahl verlieren werden, ist, wenn die Wahl manipuliert wird." (mgb/dpa)

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