Nach dem Staatsstreich im westafrikanischen Niger haben die USA dem von Putschisten festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum ihre "unerschütterliche" Unterstützung angeboten. Die USA arbeiteten weiter daran, die "vollständige Wiederherstellung der verfassungsgemäßen Ordnung und der demokratischen Regierung in Niger" zu gewährleisten, erklärte der Sprecher von US-Außenminister Antony Blinken, Matthew Sullivan, am Freitag. Zuvor hatte sich der Chef der Präsidentengarde im Niger, General Abdourahamane Tchiani, als neuer Machthaber im Land präsentiert.

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Blinken telefonierte mit Bazoum

US-Außenminister Blinken telefonierte am Freitag nach Angaben von Sullivan erneut mit Bazoum. Blinken warnte die Putschisten zudem, hunderte Millionen Dollar an Hilfe für das Land stünden auf dem Spiel.

Der UN-Sicherheitsrat erklärte am späten Freitagabend, er verurteile die "Bemühungen, die legitime Regierung auf verfassungswidrige Art und Weise auszuwechseln".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollte am Samstag ab 15.00 Uhr einen Sicherheits- und Verteidigungsrat zu der Situation im Niger leiten. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hat noch 1.500 Soldaten in dem westafrikanischen Land stationiert.

Deutsche Soldaten sind "wohlauf"

Für die rund hundert im Niger stationierten Bundeswehr-Soldaten sah Verteidigungsminister Pistorius zunächst keine akute Gefährdung. Wie der Minister dem "Spiegel" sagte, sei die Lage allerdings "dynamisch". So sei etwa "noch nicht klar, wie sich die Führung in der Zukunft zum Engagement der westlichen Partner aufstellen wird".

In Niamey unterhält die Bundeswehr einen Lufttransportstützpunkt, der auch für den begonnenen Abzug aus dem Nachbarland Mali wichtig ist. Nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr befinden sich aktuell rund 100 deutsche Soldaten des UN-Einsatzes Minusma in Mali und der EU-Mission EUMPM in Niger auf diesem Stützpunkt. Die Soldaten seien "wohlauf" erklärte die Bundeswehr am Freitag im Onlinenetzwerk Twitter, das in "X" umbenannt wurde.

General Tchiani neuer starker Mann des Landes

Nigrische Militärs hatten am Mittwoch den seit 2021 amtierenden Bazoum festgesetzt. Der heute 63-Jährige war der erste Staatschef des seit dem Ende der französischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 unabhängigen Niger, der nach einer friedlichen Machtübergabe auf den Posten gelangt war. Bazoum wurde am Freitag mit seiner Familie weiter in seinem Amtssitz festgehalten.

Der Chef der Präsidentengarde im Niger präsentierte sich am Freitag als neuer starker Mann des Landes. Als "Präsident des Nationalrats zum Schutz des Vaterlands" rechtfertigte General Tchiani den Staatsstreich in einer Ansprache im staatlichen Fernsehen mit der Verschlechterung der Sicherheitslage.

In der Ansprache sagte Tchiani, unter Bazoum habe es einen "politischen Diskurs" gegeben, wonach "alles in Ordnung" sei. Die harte Realität sei allerdings "ein Haufen von Toten, Vertriebenen, Erniedrigung und Frustration". "Der heutige Sicherheitsansatz hat trotz großer Opfer dem Land keine Sicherheit gebracht."

Tchiani stellte auch "den Sinn und die Tragweite eines Sicherheitskonzepts für die Terrorismusbekämpfung in Frage, das eine echte Zusammenarbeit mit Burkina Faso und Mali ausschließt". In beiden Nachbarländern hatte sich das Militär an die Macht geputscht, ebenso leiden sie unter der Bedrohung durch dschihadistische Gewalt.

Putsch "aus persönlichen Beweggründen"

Zwei ranghohe Berater Bazoums widersprachen der Rechtfertigung des Putsches durch General Tchiani scharf. In einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Erklärung verurteilten die Vize-Regierungschefs Daouda Takoubakoye und Oumar Moussa den Staatsstreich, der "aus persönlichen Beweggründen" stattgefunden habe. Zudem prangerten sie "von den Putschisten vorgebrachte Lügen" an.

Tchianis Darstellung, die Sicherheitslage habe sich verschlechtert, sei "unwahr", sagten die beiden Berater. Alle Entscheidungen zur Bekämpfung von mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündeten Dschihadisten seien "im Rahmen der Strategie im nationalen Sicherheitsrat getroffen" worden.

Der Niger ist in der krisengebeutelten Sahelzone bisher eines der letzten mit dem Westen verbündeten Ländern. Nach Mali und Burkina Faso ist Niger der dritte Staat in der Sahelzone, der seit 2020 einen Putsch erlebt.  © AFP

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