Tausende Menschen haben sich in der Türkei auf den Weg zur EU-Außengrenze gemacht, weil Ankara am Wochenende seine Grenze geöffnet hat. Unterstützt die Türkei die Fluchtwilligen, um damit den eigenen Drohungen Nachdruck zu verleihen?

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Angesichts der Eskalation des Konflikts in Syrien sieht sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht mehr an den Flüchtlingspakt mit Brüssel gebunden. Offen drohte er mit geöffneten Grenzen zur EU. Am Samstag sagte Erdogan dann: Die "Tore" seien offen.

Offenbar verbreitete sich die Nachricht unter den Fluchtwilligen in der Türkei. Bereits am Freitag hatten sich die ersten Gruppen auf den Weg zur Grenze gemacht, am Wochenende folgten Tausende mehr. Mit türkischer Unterstützung?

Wird die Türkei selbst zum Schlepper?

Der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas kritisierte, dass die Türkei mit der Öffnung ihrer Grenzen diplomatischen Druck ausüben wolle. Ankara sei damit "selbst zum Schlepper" geworden. Nach der Grenzöffnung kam es zu gewalttätigen Konfrontationen zwischen der griechischen Polizei und Flüchtlingen an der Grenze, die in der Pufferzone festhängen.

Tatsächlich stellte die Türkei wohl einige Busse zur kostenfreien Nutzung bereit, um Menschen an die Grenze zu bringen, wie die WDR-Journalistin Isabel Schayani am Samstag auf Twitter berichtete.

Zudem verbreitete der arabischsprachige türkische öffentlich-rechtliche Sender TRT Arabi auf seinen Social-Media-Kanälen eine "anschauliche Karte", wie es der TV-Kanal selbst nannte. Gelbe Pfeile zeigen darauf den Weg über "wilde Straßen" aus dem Kriegsgebiet, der syrischen Provinz Idlib, nach Paris und Berlin. Blaue Pfeile symbolisieren Seewege.

Aus Sicht des Büroleiters von Linken-Chefin Katja Kipping, Martin Glasenapp, seien die Grafiken der steuerfinanzierten türkischen Rundfunkanstalt "Reisekarten", wie er am Montag twitterte.

Unklar ist aber, welche Wirkungen diese Maßnahmen haben. Laut Glasenapp und Schayani würden Geflüchtete mittlerweile andere in den sozialen Netzwerken warnen, dass die Grenzen – anders als Erdogan behauptet – gar nicht offen sind.

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Türkei bricht Flüchtlingspakt mit der EU

Fakt ist: Die Türkei hindert seit dem Wochenende Flüchtlinge nicht mehr daran, von ihrem Territorium aus in die EU zu gelangen. Die Türkei hat rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.

Den jüngsten Schritt begründete Ankara damit, dass sich die EU nicht an ihre Verpflichtungen aus dem 2016 mit der Türkei geschlossenen Flüchtlingspakt halte. Zugleich fordert das NATO-Mitglied Beistand von seinem Bündnispartner für sein militärisches Vorgehen in Nordsyrien.

In dem Flüchtlingspakt mit der EU hat die Türkei eigentlich zugesagt, gegen illegale Migration vorzugehen. Das Abkommen sieht zudem vor, dass die EU alle Flüchtlinge und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken kann. Im Gegenzug nimmt die EU regulär Syrer aus der Türkei auf. Ankara erhält zudem finanzielle Unterstützung für die Versorgung der Flüchtlinge im Land. (afp/dpa/mf)

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