Nach den Plänen der neuen Bundesregierung sollen sich künftig mehr Familien den Traum von der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus erfüllen können. Möglich machen soll dies das Baukindergeld. Doch Experten des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft warnen: Die Maßnahme könnte den Immobilienmarkt weiter anheizen und andere negative Effekte mit sich bringen.

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Das Baukindergeld für junge Familien ist durchgefallen. So lässt sich das Ergebnis einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zusammenfassen, in der Immobilienexperten im Auftrag der Deutschen Reihenhaus AG der Frage nachgegangen sind, ob die Wohnungspolitik der großen Koalition die richtigen Anreize für den Wohnungsbau setzt.

In Ballungsräumen könnte die Eigenheim-Förderung, welche die Bundesregierung noch vor der Sommerpause des Parlaments auf den Weg bringen will, zu noch höheren Immobilienpreisen beitragen, befürchten die Experten. Bauträger würden die geplante Förderung "einpreisen", sprich: zumindest teilweise auf den eigentlichen Preis aufschlagen.

Oft scheitert es am Eigenkapital

Sehr kritisch sei auch die "Anreizwirkung" des Baukindergeldes zu sehen, heißt es. Die Förderung durch einen festen Betrag - 1.200 Euro pro Kind und Jahr für eine Dauer von zehn Jahren - werde vor allem dort in Anspruch genommen, wo Bauen vergleichsweise erschwinglich ist: auf dem Land und in strukturschwachen Städten. Dabei verstärken Neubauten dort das Problem des Leerstands - kontraproduktiv also.

Aus Sicht der Experten dürften in diesen Regionen nur jene Familien das Baukindergeld erhalten, die eine bestehende Immobilie kaufen. Das aber sehen die Pläne von Union und SPD nicht vor.

Als weiteren Kritikpunkt führt die Studie an, dass das Baukindergeld den Steuerzahler teuer zu stehen kommen dürfte. Die Bundesregierung von Union und SPD will bis 2021 rund zwei Milliarden Euro bereit stellen.

Die Macher der Studie rechnen mit mindestens 370 Millionen im ersten Jahr und 3,6 Milliarden Euro im zehnten Jahr. Wegen des Kaufanreizes könnten die Kosten unterm Strich deutlich höher liegen, schreiben sie.

Außerdem befürchten sie "Mitnahmeeffekte": Familien, die sich ohnehin eine Immobilie leisten könnten, würden die Förderung einstreichen. Andere könnten sich den Wunsche auch mit Förderung nicht erfüllen, weil ihnen das nötige Eigenkapital fehlt: "Vielfach scheitert ein Erwerb heute nicht an den laufenden Kosten aus Zins, Tilgung und Instandsetzung, sondern an dem hohen Kapitalbedarf, bestehend aus Eigenkapital und Erwerbsnebenkosten."

Baukindergeld kommt gut situierten Familien zugute

Eine Voraussetzung, das Baukindergeld beantragen zu können, ist, dass Familien ein Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises aufbringen können. Deshalb könnten am Ende nur die reichsten 30 Prozent der Paare mit Kindern in Deutschland profitieren.

In der Gruppe der Mieter oder Alleinerziehenden treffe dies nur auf die obersten zehn Prozent zu. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor.

Lisa Paus, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Finanzpolitik, sagt: "Mit Politik für die kleinen Leute hat das nichts zu tun."

Besser wäre es aus Sicht der Immobilienmarktexperten des IW, die Grunderwerbssteuer und den Eigenkapitaleinsatz durch Bürgschaften und Kreditausfallgarantien zu senken.

In die gleiche Kerbe schlägt der Bund der Steuerzahler, der das Baukindergeld ein "ineffizientes Wohlfühlprogramm" nennt.

"Beim Baukindergeld hätte man den Familien viel mehr helfen können, wenn die Grunderwerbssteuer herabgesenkt würde", sagte Präsident Reiner Holznagel der Deutschen Presse-Agentur. In Berlin werde bei einem Kaufpreis einer Wohnung in Höhe von 350.000 Euro allein eine Grunderwerbssteuer von 18.000 Euro fällig. "Da kommt das Baukindergeld bei weitem nicht dran."

Besser an der Grundsteuer schrauben

Die Autoren der IW-Studie machen konkrete Vorschläge, wie eine aus ihrer Sicht zielführende Förderung aussehen könnte:

Anstatt eine gesellschaftliche Gruppe zu bevorzugen - wie im Fall des Baukindergelds Familien mit Kindern - sollte der Staat die Förderung von den finanziellen Möglichkeiten eines jeden Bürgers abhängig machen. "Denn was, wenn die Kinder erst noch kommen?", fragt Co-Autor Ralph Henger vom IW.

Um etwa eine Reduktion der Grundsteuer möglichst fair zu gestalten, würden die Autoren einen Freibetrag in Kombination mit einem gestaffelten Tarif präferieren. Vereinfacht gesagt: Wer sich ein teures Grundstück leisten kann, zahlt auch einen höheren Prozentsatz Grundsteuer.

Bei aller Kritik haben die Studienautoren immerhin ein kleines Lob für die Bundesregierung: "Das Wohneigentum wieder stärker in den Blick zu nehmen" sei "grundsätzlich richtig".

Mit Material der dpa
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