Was wird die "Menschheitsaufgabe" Klimaschutz Staat und Bürger kosten? Das will Maybrit Illner am Donnerstagabend herausfinden. Konkrete Antworten geben ihre Gäste allerdings nicht. Sahra Wagenknecht nutzt ihre Redezeit lieber für schwungvolle Systemkritik.

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Während Union und SPD in Berlin über ein Klimaschutzpaket der Bundesregierung verhandeln, widmet sich auch Maybrit Illner dem Thema. An Vorschlägen mangelt es nicht: von Abwrackprämien für Öl-Heizungen über günstigere Bahntickets bis zu einer CO2-Steuer.

Die Moderatorin will vor allem herausfinden, was der Klimaschutz den Staat und den Bürger kosten wird.

Wer sind die Gäste?

Tobias Hans: Der saarländische Regierungschef ist Deutschlands jüngster Ministerpräsident – und bemüht sich sichtlich, Freundlichkeit und gute Laune zu verbreiten.

Klimaschutz werde zwar nicht ohne Belastungen für die Bürger zu haben sein. Der CDU-Politiker hält aber nichts von Steuern oder Verboten: "Wir müssen den Menschen doch Lust machen, CO2 einzusparen."

Stephan Weil: Alle müssen beim Klimaschutz mitgehen können – das ist die zentrale Botschaft des Sozialdemokraten: "Nicht nur der gut verdienende Mensch in der Großstadt, sondern auch die ärmeren Menschen auf dem Land", so der niedersächsische Ministerpräsident.

Sahra Wagenknecht: Die Linken-Politikerin sieht in den Klimaschutzplänen der Bundesregierung "blinden Aktionismus" und "Klima-Heuchelei".

Wagenknecht ist überzeugt: Den Bürgern fehle es an Alternativen, wenn sie zum Beispiel weniger Auto fahren sollen. "Der öffentliche Nahverkehr war in den ländlichen Regionen noch nie so schlecht wie heute."

Sabine Nallinger: Die Münchnerin Grünen-Stadträtin ist Vorstandsmitglied der Stiftung 2 Grad, in der sich Unternehmen zusammengeschlossen haben, die den Klimaschutz vorantreiben wollen.

Die Betriebe bräuchten Planbarkeit, betont sie – deshalb müsse die Bundesregierung ein Klimapaket vorlegen. "Immer mehr Investitionen werden zurückgehalten, weil die Wirtschaft hochgradig verunsichert ist."

Mai Thi Nguyen-Kim: Die Youtuberin und Chemikerin setzt sich bei "Scientists for Future" für wirksamen Klimaschutz ein. Dazu sei ein Preis auf den CO2-Ausstoß ein zentrales Element, sagt sie.

Entsprechend verunsichert sei sie, dass dieser Preis nach den Plänen der Bundesregierung jetzt nur noch "ein Tool von vielen" sein solle.

Christoph M. Schmidt: Der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung sieht das ähnlich und wirbt ebenfalls für einen Preis auf CO2 – am ehesten in Form eines sogenannten Emissionshandels.

"Es besteht die Gefahr, dass in der Fülle von Maßnahmen der Preis als Leitinstrument untergeht."

Was war das Rede-Duell des Abends?

Es geht recht sachlich zu. Richtig gestritten wird selten in der Runde. Schwung in die Diskussion kommt aber jedes Mal, wenn Sahra Wagenknecht ihre Redezeit für einen Frontalangriff auf das System nutzt.

Als Sabine Nallinger von der Hoffnung spricht, dass Klimaschutz ein Geschäftsmodell werde, fährt ihr Wagenknecht in die Parade: "Ich halte das für eine völlige Illusion."

Ihrer Meinung nach streben Unternehmen nur nach kurzfristigen Gewinnen, statt an Innovationen zu forschen. "Wir haben ein Wirtschaftsmodell, wo Produkte teilweise so konzipiert werden, dass sie schnell kaputtgehen, damit man das nächste Produkt in den Markt schieben kann", so Wagenknecht.

Das mag dem einen oder anderen zu platt klingen, doch Wagenknecht deckt damit durchaus wunde Punkte auf – genau wie mit ihrer Kritik am Zustand des Bus- und Bahnnetzes auf dem Land.

Wie hat sich Maybrit Illner geschlagen?

Die Moderatorin versteht es, ihre Fragen klar zu formulieren und zuzuspitzen. "Woher kommt das Geld?", will sie zum Beispiel von den beiden Ministerpräsidenten in der Runde wissen. Richtig beantworten können oder wollen die Politiker das allerdings nicht.

Illner bemüht sich sichtlich, das Thema für die Zuschauer anschaulich zu erklären und Fachbegriffe der Gäste gleich zu übersetzen. Doch nicht immer gelingt das.

Was ist das Ergebnis?

Es ist wie so häufig, wenn es bei Klimaschutz und Finanzen ins Detail geht: Der normale Zuschauer kommt nur noch schwer mit – vor allem, wenn Wissenschaftler sprechen.

Wie genau würde zum Beispiel der ständig geforderte Zertifikatehandel funktionieren? Was ist unter einem "realen" CO2-Preis zu verstehen und warum braucht man einen Mindest- und Höchstpreis dafür?

Für den Laien werden diese Fragen eher unzureichend beantwortet. Hinzu kommt, dass sich bei den vielen Vorschlägen und Maßnahmen irgendwann der Überblick verabschiedet.

"Wir sind wenigstens im Verstehen ein bisschen weitergekommen", sagt Maybrit Illner ganz am Ende zum Abschied. Ihre Bescheidenheit ist in diesem Fall durchaus angemessen. Ein Preisschild für das Klimaschutzpaket bleibt die Diskussionsrunde um Illner nämlich schuldig.


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