Je näher Ostern rückt, desto näher kommt auch das Ende der Skisaison in den Alpen. Wie viele werden wir davon angesichts des Klimawandels noch erleben? Schon jetzt treten die Probleme in den Skigebieten immer deutlicher zutage. Bei "Hart aber fair" ging es am Montag deshalb um die Frage, wie vertretbar Alpen-Tourismus noch ist. Eine Grünen-Politikerin und eine CSU-Politikerin bekamen sich in dieser Debatte ziemlich in die Haare.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Garmisch-Partenkirchen, Karwendel oder Zugspitze: Wird es dort in Zukunft noch Skigebiete geben? In Zeiten des Klimawandels gerät auch der Alpen-Tourismus in die Kritik. Schließlich verbrauchen Schneekanonen drei Millionen Liter Wasser pro Hektar und auch der Stromverbrauch übertrifft für das gesamte Skigebiet den von tausenden Haushalte. Ist das noch zu rechtfertigen?

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Die Bilder von weißen Schneebändern inmitten grüner Wiesen hat wohl jeder schon einmal gesehen. Zum Ende der Ski-Saison fragte Klamroth: "Berge ohne Schnee: Ist Alpen-Tourismus noch okay?" Dabei ging es um nachhaltiges Reisen und Möglichkeiten der Politik, dem Massentourismus Einhalt zu gebieten. Diskutiert wurde aber auch die Frage: "Wer muss wie viel verzichten?"

Das sind die Gäste

  • Reinhold Messner: "Wir haben uns sozialisiert auf den Schnee-Hängen", blickte der Extrembergsteiger auf seine Kindheit zurück. Heute beobachte er den Schwund der Gletscher. In den letzten 50 Jahren seien die Gletscher weniger geworden, "jetzt rasant, galoppierend", so Messner. Die globale Erwärmung bringe Schneedecken an steilen Hängen zum Rutschen, weil es keinen Permafrost mehr gebe. "Es fallen Stücke herunter, so groß wie eine Häuserreihe", warnte er.
  • Katharina Schulze (Grüne): Die Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag sagte: "Manch einer meint ja, die Schneekanone ist der Heilsbringer." Es brauche aber konstant Minusgrade, um künstlich beschneien zu können. "Wenn im Mittel die Temperatur dann über null ist, dann rechnet es sich einfach ökonomisch nicht mehr", so Schulze. Manche Skigebiete würden deshalb schließen. Entweder man verlängere manche Skigebiete künstlich noch länger, oder begleite die Orte schon jetzt beim konsequenten Klimaschutz.
  • Michaela Kaniber (CSU): Die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus erinnerte: "Wir haben ein Drittel der Übernachtungen in der Wintersaison, umso wichtiger ist es, dass wir uns vorbereiten auf schwierigere Zeiten." Man brauche eine kluge Besucherlenkung in den Alpen – auch durch Digitalisierung.
  • Florian Stern: "Ich hätte gerne, dass meine Kinder die gleichen Erlebnisse haben im Schnee wie ich, viel Pulverschnee, viel Naturschnee. Das wird immer schwieriger", meinte der ehemalige Weltcup-Snowboarder. Man brauche technische Beschneiung, um Wintersport weiter so ausüben zu können. "Das ist aber nicht so schlimm, wie viele denken", meinte er. Die Emissionen beim Winterurlaub seien vertretbar. Was sich in Zukunft noch lohne, werde der Markt regeln.
  • Martina von Münchhausen: "Die Alpen sind eine der hochsensiblen Regionen auf der Welt. Der Skitourismus greift an vielen Stellen an", sagte die Expertin für nachhaltigen Tourismus vom WWF. Der Bau der Ski-Pisten bedeute eine Industrialisierung. Schneekanonen würden außerdem Energie und Wasser verbrauchen – Ressourcen, die andere Industrien dringender benötigen würden. Außerdem vermutete die Expertin: "Es werden noch mehr erhöhte Kosten ausgegeben werden müssen, um die Sicherheit der Ski-Fahrer zu gewährleisten".
  • Anja Windl: Die Vertreterin von der "Letzten Generation Österreich" war sich sicher: Zu sagen "Ich fahr jetzt nicht mehr Ski", das sei "auf dem Level von Bambus-Zahnbürste und Podusche". Es brauche allgemein mehr demokratische Teilhabe, die Entscheidungen müsse aber die Politik treffen. Man dürfe Verbote und Pflichten nicht immer nur als etwas Negatives sehen: Die Gurtpflicht habe viele Leben gerettet.
  • Felix Neureuther: Der ehemalige Skirennläufer sagte: "Es fahren so viele Menschen Ski wie noch nie." Auf der einen Seite sei es sehr teuer geworden und werde noch teurer, aber: "Bis jetzt können es sich noch so viele Menschen leisten", erinnerte Neureuther. Der Wintertourismus der Zukunft werde nicht mehr so planbar sein. Gebiete, die unter 1.200 Meter liegen, würden es schwer haben. Das Gebiet, in dem er Ski fahren gelernt habe, werde es nicht mehr geben. Das macht mich traurig, sehr", gab er zu.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

"Die Alpen vertragen noch mehr Gäste als bisher, wenn sie besser verteilt werden und nicht alle mit dem Auto anreisen", meinte Messner. Die Menschen würden aggressiv, wenn es kilometerlange Staus in den Dolomiten-Pässen gebe. "Wir müssen endlich verstehen, was die Menschen in den Alpen suchen: Stille, Erhabenheit, Ruhe. Und das finden sie nicht mehr", war sich Messner sicher.

In der Masse würden sie es selbst kaputt machen. Die Menschen müssten die Berge und Natur aber begreifen, denn: "Wenn ich etwas nicht kenne, kann ich es nicht schützen", war er sich sicher. Man müsste aus dem aggressiven Skitourismus einen Kulturtourismus machen.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Kaniber hielt nichts davon, auf Schneekanonen zu verzichten oder nicht mehr in den Ski-Urlaub zu fahren. "Im vorauseilenden Gehorsam schaffen wir alles ab", beschwerte sie sich. "Die Menschen werden doch ihre Vorlieben nicht gleich abändern", meinte sie. Die Ski-Touristen würden dann nach Italien, in die Schweiz oder im schlimmsten Fall nach Kanada gehen. "Verbote bringen uns nicht weiter", war sich Kaniber sicher.

Es gebe die Möglichkeit, viel für sanften Tourismus und die Orte zu tun. Doch das geschehe nicht, "weil wir in Deutschland wieder mal die Welt retten", kritisierte sie. "Wir verlieren aktuell in Europa maximal den Rückhalt unserer deutschen Wirtschaft, weil wir alles mit dem Vorschlaghammer machen", war sie sich sicher.

Schulze wollte das nicht stehen lassen. "Entweder wir warten noch länger, dann werden uns die Realitäten zu massiven Veränderungen zwingen", sagte sie. Oder man nutze das immer kleiner werdende Zeitfenster für kluge Politik. Es sei falsch, es so darzustellen, als gebe es eine Verbotskultur da und das freie Leben dort. "Wenn wir nicht alle zusammenarbeiten, dann haben wir ein großes Problem mit unserer Freiheit insgesamt", warnte sie.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth fragte gleich zu Beginn nach nostalgischen Kindheitserinnerungen beim Stichwort Skifahren und blieb auch auf der emotionalen Schiene, als er dann die Diskussionsteilnehmer nach der Zukunft ihrer eigenen Kinder fragte. Das zeigte sicherlich die Relevanz des klimapolitischen Themas auf, allerdings lässt sich über Gefühle und Erinnerungen bekanntlich schlecht diskutieren. An manchen Stellen hätte es daher ruhig etwas faktischer sein dürfen.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Zerrissenheit war das Stichwort des Abends. Wirtschaftliche Abhängigkeiten, Freizeitspaß, Erholung, soziale Teilhabe und Sport auf der einen Seite – Klimakatastrophe auf der anderen Seite. Wie bringt man das unter einen Hut – und bis zu welchem Punkt? Eine eindeutige Antwort fand die Runde nicht.

Streit gab es nämlich schon beim Thema Beschneiung. Während die eine Hälfte dafür plädierte, Steuergelder auch für Schneekanonen auszugeben, sperrte sich die andere Hälfte dagegen und wollte das Geld lieber in den Ausbau des ÖPNV stecken.

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