In Hanoi kommt es diese Woche zum viel beachteten zweiten Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Darf man mit dem spektakulären Coup eines Friedensvertrages zwischen Nord- und Südkorea rechnen oder ist alles wieder nur wort- und gestenreiche Show? Was von dem Gipfel zu erwarten ist.

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Howard X ist schon wieder weg. Zwei Tage vor dem Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump in Vietnam musste der Doppelgänger von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un das Land verlassen.

Er wurde am Montag von drei Männern in seinem Hotel in Hanoi abgeholt und in ein Auto zum Flughafen gesetzt. Nach einem Polizeiverhör sei ihm mitgeteilt worden, dass sein Visum "ungültig" sei, sagte der Mann aus Hongkong vor seiner Abschiebung.

Der echte Kim kommt am Mittwoch und Donnerstag in Hanoi zu seinem zweiten Gipfeltreffen mit US-Präsident Trump zusammen. Im Juni 2018 hatten sich die beiden in Singapur zum ersten Mal persönlich getroffen. Damals hatten sie sich auf eine "Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel" verständigt, ohne zu klären, was genau darunter zu verstehen sei und wie diese erreicht werden könne.

Mit dem zweiten Gipfel ist weltweit die Hoffnung auf einen Durchbruch verbunden. Trump erklärte am Sonntag auf Twitter, er und Kim erwarteten beide, die Fortschritte vom ersten Gipfel in Singapur fortsetzen zu können. Er habe ein "großartiges Verhältnis" zu dem nordkoreanischen Machthaber.

Trumps Ziel ist es, Nordkorea zu einer vollständigen atomaren Abrüstung zu bewegen. Dem US-Präsidenten gehe es um einen "nachweisbaren, verifizierbaren Schritt" zur Denuklearisierung, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Sonntag in einem Interview mit dem Sender CNN. Die US-Regierung sehe in Nordkorea nach wie vor eine nukleare Bedrohung, sei aber zuversichtlich, dass es Fortschritte geben könne, erklärte Pompeo.

Dieser Zuversicht verpasste US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats einen Dämpfer, als er sehr zum Missfallen Trumps vor dem US-Kongress sagte: "Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten." Es sei unwahrscheinlich, dass Kim seine Atomwaffen aufgebe, weil er sie als überlebenswichtig für sein Regime ansehe.

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USA und Russland wollen Fortschritte bei Abrüstung sehen

Pompeo machte erneut deutlich, dass die US-Sanktionen gegen das abgeschottete kommunistische Land in Kraft bleiben sollen, solange es keine bedeutenden Fortschritte bei der Abrüstung gebe. Es gebe aber viele Dinge, die der nordkoreanische Machthaber tun könne, um seine Bereitschaft zur Abrüstung zu zeigen.

Pjöngjang auf der anderen Seite fordert von Washington glaubwürdige Sicherheitsgarantien und eine Lockerung von Sanktionen.

Auch Russland erwartet konkrete Zusagen Kims, bis wann Nordkorea sein Atomwaffen- und Raketenarsenal abrüsten will. Es gehe nun darum, wie bei dem Gipfel "praktische Vereinbarungen mit konkreten Daten, Fristen und Pflichten" getroffen werden könnten, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einem am Sonntag veröffentlichten Interview dem vietnamesischen und chinesischen Fernsehen. Vor dem Gipfel hole sich die US-Seite wie auch Nordkorea Einschätzungen und Rat bei Russland sowie China.

Erklären Kim und Trump das Ende des Korea-Krieges?

Beide Staatsmänner lieben den großen Auftritt. So wäre es durchaus denkbar, dass Trump und Kim ein Ende des Korea-Krieges (1950-53) erklären. Mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Waffenstillstand wäre es eine vertrauensbildende Maßnahme von historischer Dimension - denn völkerrechtlich befindet sich die koreanische Halbinsel noch im Kriegszustand. "Präsident Trump ist bereit dazu, diesen Krieg zu beenden", sagte sein Sondergesandter für Nordkorea, Stephen Biegun.

Eine aufsehenerregende Friedenserklärung könnte Trump helfen, schlechte Schlagzeilen zu Hause zu verdrängen: Zuletzt das Debakel um den "Shutdown", den Stillstand von Teilen der Regierung. Dann der Streit um den von Trump an der Grenze zu Mexiko ausgerufenen Notstand, den die meisten Amerikaner ablehnen.

Außerdem machen die Demokraten im Kongress Trump das Leben schwer. Vor allem ist da FBI-Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, ob es 2016 Geheimabsprachen von Trumps Wahlkampflager mit Russland gab.

Machtspielchen: Wer geht auf wen zu?

Dass Trump derart unter Druck steht, kommt seinem Gegenspieler Kim gelegen. Er sieht die Ausgangslage für den Gipfel wie folgt: Ihr müsst Euch bewegen, wir haben erste Schritte unternommen, sind zu neuen Maßnahmen bereit, aber von Euch kam bisher so gut wie nichts.

Der Stopp der Raketen- und Atomtests gehört für den Machthaber zu diesen Vorleistungen ebenso wie die Sprengungen von Tunneln am Atomtestgelände Punggye-ri, durch die das bergige Areal für weitere Versuche angeblich unbrauchbar gemacht wurde.

Kims Versprechen an die eigene Bevölkerung lautet, die marode Wirtschaft zu erneuern. Die Sanktionen stehen dem Vorhaben im Weg. Kim ist es bisher nicht gelungen, die Nahrungsmittelknappheit zu überwinden, die die Menschen des isolierten Landes seit vielen Jahren leiden lässt.

Inwieweit Washington bereit ist, neben einer Friedenserklärung über ein Ende des Korea-Krieges auch auf die Forderung nach einer Lockerung der Sanktionen einzugehen, muss sich auf dem Gipfel erst noch zeigen.

Im gepanzerten Zug von Pjöngjang nach Hanoi

Für die Anreise nach Hanoi setzt Kim Jong Un auf eine ziemlich lange, dafür aber sehr öffentlichkeitswirksame Variante: Der nordkoreanische Machthaber kommt mit dem Zug - und legt dafür rund 4.500 Kilometer zurück. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte am Sonntag Bilder vom winkenden Kim in seinem abfahrbereiten gepanzerten Spezialzug in Pjöngjang.

Der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap zufolge werden Kim und seine Entourage am Dienstag in der vietnamesischen Grenzstadt Dong Dang erwartet. Von dort könnte er weiter mit dem Auto nach Hanoi fahren.

Kims Schwester nimmt auch am Gipfeltreffen teil

Kim wird den Staatsmedien zufolge von Mitgliedern des Politbüros und auch Zentralkomitees der Kommunistischen Partei begleitet. Auch Kims Schwester Kim Yo Jong, die eine einflussreiche Beraterin des Machthabers ist und schon beim ersten Nordkorea-USA-Gipfel im vergangenen Juni in Singapur dabei war, reist mit.

Nordkoreas Alleinherrscher sind für ihre ungewöhnliche Wahl der Transportmittel für Reisen ins Ausland bekannt. Schon Kim Jong Uns Großvater Kim Il Sung und Vater Kim Jong Il waren während ihrer langjährigen Regierungszeit in gepanzerten Zügen unterwegs. (hub/dpa/afp)

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