• Viele Apotheken haben mit der Abgabe von kostenlosen FFP2-Masken gute Gewinne gemacht.
  • Zahlte ihnen doch der Bund lange Zeit 6 Euro pro Schutzmaske.
  • Interne Mails zeigen nun, wie der vergleichsweise hohe Preis zustande kam und wie ihn das Bundesgesundheitsministerium rechtfertigte.

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Es ist eine Entscheidung mit milliardenschweren Folgen gewesen. Im Herbst hatten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten beschlossen, FFP2-Masken gegen eine kleine Zuzahlung an Menschen mit hohem Risiko für schwere Krankheitsverläufe abzugeben. Mitte Dezember folgte dann die entsprechende Verordnung.

Bis Donnerstag konnten sich Millionen Bundesbürger zweimal sechs FFP2-Masken in Apotheken abholen - wenn er oder sie einen Berechtigungsschein vorweisen konnte und zwei Euro bezahlte.

Bis ein Gericht Mitte Februar das Vorgehen stoppe, übernahmen nicht wenige Apotheken sogar die Eigenbeteiligung der Kunden, so hoch war für sie die Gewinnmarge. "Wir haben uns dumm und dämlich verdient", sagte der Berliner Apotheker Detlef Glass der "Tagesschau".

Denn die Apotheken bekamen anfangs 6 Euro pro Maske. Angesichts zum damaligen Zeitpunkt teils wesentlich niedrigerer Maskenpreise traf das von Jens Spahn (CDU) geführte Gesundheitsministerium massive Kritik.

Wie der vergleichsweise hohe Preis zustande kam und vor allem wie er begründet wurde, zeigen nun veröffentlichte interne E-Mails, die zwischen dem Gesundheitsministerium und dem Finanzministerium während der Entwurfsphase der Verordnung verschickt wurden. Der Austausch macht deutlich: Die Behörde von Olaf Scholz (SPD) segnete die Maskengeschäfte mit den Apotheken am Ende schnell und ohne Einwände ab.

Studie für das Gesundheitsministerium – auf Basis von Idealo-Preisen

Auf Anfrage der "Taz" mussten die an der Preisgestaltung beteiligten Ministerien auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes den Mailverkehr öffentlich machen. Die Plattform "FragDenStaat.de" hat die E-Mails veröffentlicht.

"Der Erstattungspreis von 6 Euro je Maske einschließlich Umsatzsteuer geht wesentlich zurück auf eine Erhebung des Beratungsunternehmens 'EY'", schrieb am 10. Dezember eine Mitarbeiterin des Bundesgesundheitsministeriums an eine Kollegin im Bundesfinanzministerium. Das und einige weitere Details waren bereits im März durch Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" bekannt geworden.

Neu ist aber, wie wenig Scholz' Ministerium den hohen Preis hinterfragt. Denn bereits seit Anfang Dezember verkauft etwa die Drogeriekette DM FFP2-Masken für annähernd 2 Euro das Stück.

Der vom Bund deutlich höher veranschlagte Preis basierte auf einer Erhebung des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) für das Bundesgesundheitsministerium. EY führte demnach eine "Studie zu den Preisentwicklungen" von Masken durch und habe dabei einen Durchschnittspreis von FFP2-Masken von 4,29 Euro ermittelt, wie es in einer der E-Mails heißt.

Und weiter: "Als Quelle für die Preisinformationen wurde von 'EY' das Preisvergleichsportal 'Idealo' herangezogen."

1,70 Aufschlag pro Maske

Durch einen erstatteten Betrag in Höhe von 6 Euro solle "ein Anreiz für Apothekerinnen und Apotheker ausgehen", schließlich müssten diese neben den Beschaffungskosten auch Kosten für Beratung, Verwaltung, Umverpackung und Hygienemaßnahmen tragen. Der Aufschlag soll den zusätzlichen Aufwand bei der Ausgabe der Schutzmasken ausgleichen.

Das Bundesgesundheitsministerium hält "eine Erstattung, die rund 1,70 Euro über dem Durchschnittspreis für im Internet erhältliche FFP2-Masken liegt, für angemessen", erklärt die Mitarbeiterin in ihrer E-Mail.

Das Bundesfinanzministerium gab sich nach einer weiteren kurzen Rückfrage mit der Begründung zufrieden – und erklärte am 11. Dezember sein Einverständnis. Nur 44 Minuten nach Eingang der Erklärung aus Spahns Ministerium.

34 Millionen fälschungssichere Bezugsscheine gedruckt

Nach bundesweiter Kritik an dem hohen Preis wurde die Apotheken-Vergütung Mitte Februar auf 3,90 Euro gesenkt. Der Bund kalkuliert für die gesamte Aktion mit rund 2,5 Milliarden Euro.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände erklärte hingegen, die Vergütung sei keinesfalls überhöht gewesen. Daraus seien nicht nur der Einkauf, sondern alle übrigen Kosten für Vorfinanzierung und Personal zu bestreiten. Da Kostenstrukturen aber natürlich nicht überall gleich seien, könne es sein, dass die Vergütung für eine sehr günstig wirtschaftende Apotheke auskömmlicher gewesen sei als für andere.

Nicht zu vergessen: Allein der Druck der 34,1 Millionen fälschungssicheren Bezugsscheine zur Vorlage in den Apotheken und deren Logistik kostete die Steuerzahler laut Bundesgesundheitsministerium etwas mehr als 10 Millionen Euro. Dazu kamen noch die Versandkosten durch die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen.

Spahns Ministerium begründete die Wahl der Apotheken damit, dass nur so eine dezentrale Abgabe von mehreren hundert Millionen Masken innerhalb von vier Monaten logistisch zu sichern gewesen sei.

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenmeldungen der Deutschen Presse-Agentur
  • Taz: "Leicht zu überzeugen"
  • FragDenStaat.de: Schriftverkehr zur Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung
  • FragDenStaat.de: FFP2 Kosten für Gutscheindruck
  • Tagesschau.de: "'Dumm und dämlich verdient'"
  • Bundesdruckerei: "34 Millionen Gutscheine für FFP2-Masken"

Apotheker haben finanziell stark durch kostenlose FFP2-Masken profitiert

Apotheker haben durch die Verteilung kostenloser FFP2-Masken an Bürgerinnen und Bürger in Deutschland finanziell stark profitiert, wie "tagesschau.de" berichtet. Demnach habe die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums einem Apotheker in Berlin vor Weihnachten Einnahmen in Höhe von 170.000 Euro beschert.
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