Internationale Konflikte überschatten das Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Chinas Präsident Xi Jinping. Beide Länder wollen aber weiter eng zusammenarbeiten – Kritik gab es trotzdem.

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Bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit dem andauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine von Schäden für die "gesamte internationale Ordnung" gewarnt. Der Krieg und die "Aufrüstung Russlands" verletzten "einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen", sagte Scholz am Dienstag zu Beginn seines Treffens mit Xi. Zudem verwies Scholz auf die Bedeutung deutsch-chinesischer Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel.

Scholz warnt vor Einsatz von Nuklearwaffen

Scholz sprach zudem von der Gefahr einer nuklearen Eskalation. "Klar ist, das haben wir beide bereits bei unseren letzten Begegnungen hier in Peking deutlich gemacht, dass mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal gedroht werden darf." Scholz fügte an: "Gerne möchte ich mit Ihnen heute darüber diskutieren, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können."

Die USA hatten China im Vorfeld von Scholz' Besuch vorgeworfen, den russischen Rüstungssektor massiv zu unterstützen. "Ohne den Beitrag der Volksrepublik China hätte Russland Schwierigkeiten, seine Kriegsanstrengungen aufrecht zu erhalten", sagte ein hochrangiger US-Vertreter. Nach US-Angaben ist China für Russland der wichtigste Lieferant von Werkzeugmaschinen und Mikroelektronik, die zur Herstellung von Raketen, Drohnen, Panzern und Flugzeugen nötig sind.

Scholz betonte vor seinen Gesprächen mit Xi die Bedeutung der Zusammenarbeit mit China beim Kampf gegen den Klimawandel. "Extreme Wetterereignisse wie Stürme, Hochwasser, Dürren und Kälte betreffen die ganze Welt", sagte Scholz. "Nur gemeinsam wird es uns gelingen, Lösungsansätze zu finden, den Klimawandel zu stoppen und die grüne Energiewende sozial gerecht zu bewältigen."

Scholz machte sich zudem auch für ein regelbasiertes Handelssystem stark, wie es von der Welthandelsorganisation WTO verkörpert werde. "Sowohl China als auch Deutschland sind Handelsnationen, die von der WTO stark profitieren. Wir setzen uns dafür ein, das Regelwerk für den globalen Handel zu stärken und gemeinsam mit den anderen WTO-Mitgliedern weiterzuentwickeln."

Xi setzt auf gegenseitigen Respekt

Xi lobte bei seiner Erklärung vor den gemeinsamen Gesprächen das Verhältnis zu Deutschland. "Im letzten Jahrzehnt gab es ja eine Reihe von großen Veränderungen in der Weltlage, aber das bilaterale Verhältnis hat sich immer stabil gehalten", sagte Xi. Weiter sagte er: "Solange man an den Prinzipien des gegenseitigen Respekts, der Suche nach Gemeinsamkeiten trotz Differenzen und des gegenseitigen Lernens festhält, können die bilateralen Beziehungen sich weiterhin stabil entwickeln."

Xi sagte weiter, die Welt sei in eine "neue Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche eingedrungen", angesichts der "Risiken" für die gesamte Menschheit sei es "unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt". China und Deutschland seien "weltweit die Volkswirtschaften Nummer zwei und drei", eine stabile Entwicklung ihrer Beziehungen werde nicht nur "auf dem gesamten eurasischen Kontinent", sondern "auch auf die ganze Welt Einfluss ausüben".

Vor dem Treffen mit Xi hatte Scholz im Onlinedienst X bereits Diskussionen über Wege "zu einem gerechten Frieden in der Ukraine" angekündigt und ergänzt: "Es ist gut, dass es seit meinem letzten China-Besuch einen intensiven Austausch zwischen unseren Regierungen gibt."

Vorgesehen ist am Dienstag auch ein Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang. Scholz will bei den Gesprächen in Peking neben der Ukraine auch Wettbewerbsfragen zur Sprache bringen. Ein weiteres wichtiges Thema dürfte die Lage im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel sein.

Deutschlands China-Strategie: Überprüfung in der Realität

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Sommer erstmals eine umfassende China-Strategie beschlossen. Darin wird das von der kommunistischen Führung mit harter Hand regierte Land als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Kern der Strategie ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern, um ein böses Erwachen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Kappung der Gaslieferungen zu vermeiden. Der dreitägige Besuch ist auch ein Praxistest für diese Strategie.

Es ist die zweite China-Reise des Kanzlers seit seiner Vereidigung im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nahm er sich drei Tage Zeit – so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise – und besuchte vor Peking auch die beiden Wirtschaftsmetropolen Chongqing und Shanghai. Das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist der größte Handelspartner Deutschlands.

Scholz wird in Peking von einem Dutzend Top-Managern und von drei Ministern begleitet: Volker Wissing (Verkehr, FDP), Cem Özdemir (Agrar, Grüne) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne). Scholz wollte am Nachmittag auch Ministerpräsident Li Qiang treffen. Anschließend sollten mehrere Abkommen unterzeichnet werden. (afp/dpa/the)

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