• Aufgrund einer Äußerung Palmers über ältere Menschen in der Corona-Pandemie wurde dem Tübinger OB nahegelegt, aus der Partei auszutreten.
  • Palmer wünscht sich aber eine Versöhnung mit den Grünen.
  • Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist dazu anscheinend bereit.

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Das Tischtuch zwischen Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer und den Grünen schien eigentlich schon zerschnitten. Doch jetzt gibt es eine Wiederannäherung - zumindest verbal.

Nachdem Palmer in einem Interview erklärt hatte, er wünsche sich eine "Versöhnung", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Rande des Grünen-Parteitags am Wochenende in Reutlingen: "Ich bin immer für Versöhnung." Und: "Der Versöhnungsprozess ist doch schon eingeleitet." Details nannte er nicht.

Auch Baden-Württembergs Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte der dpa: "Versöhnung ist immer gut." Seine Partei habe beim Parteitag ein ambitioniertes Klimaprogramm beschlossen. "Da passen Boris Palmers Klimaschutzaktivitäten in Tübingen gut dazu."

Allerdings erklärten die beiden Landesvorsitzenden Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand, der Beschluss des Landesvorstands, dass Palmer der Austritt nahegelegt und er nicht mehr unterstützt werde, gelte unverändert.

Palmer: Streit beruht auf "Missverständnis"

Palmer sagte der dpa zu den Äußerungen von Kretschmann und Schwarz: "Ich freue mich über diese Bereitschaft zu Versöhnung und denke, dass dem auch nichts im Wege stehen kann."

Der Landesvorstand hatte Palmer im Mai den Parteiaustritt nahegelegt - wegen dessen umstrittenen Äußerungen über ältere Menschen in der Corona-Pandemie ("Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären").

Der Bundesvorstand hatte erklärt, Palmer politisch nicht mehr unterstützen zu wollen. Der 48-Jährige erklärte nun, der Konflikt könne ausgeräumt werden: "Weil es mir immer darum ging, die Älteren besser zu schützen und keinesfalls einfach sterben zu lassen. Insofern beruht der ganze Streit auf einem Missverständnis."

Palmer hatte vor dem Parteitag der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Samstag) gesagt, er wolle wieder "Parteifreund" sein. Mit dem Vorstandsbeschluss habe man ihm den Stuhl vor die Tür gesetzt, dieser Beschluss sei noch nicht rückgängig gemacht worden, sagte Palmer. "Aber ich würde mir eine Versöhnung wünschen."

Für seine Äußerung hatte er sich entschuldigt. Derzeit wird der Tübinger OB parteiübergreifend dafür gelobt, wie in der Unistadt ältere Menschen vor dem Coronavirus geschützt werden.

Grüne unterstützen Palmer nicht bei möglicher Kandidatur 2022 in Tübingen

Bundesparteichef Robert Habeck hatte jüngst in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" erklärt, es werde kein formales Parteiausschlussverfahren gegen Palmer geben. "Der Drops ist gelutscht." Das sei auch gut so. Jedoch seien die Wunden in der Partei noch nicht geheilt, weil Palmer krass gegen die Linie der Partei verstoßen habe. "Er hat viele Leute verprellt. Er hat viele Leute verletzt."

Es bleibe dabei, dass die Grünen ihn nicht unterstützen würden, wenn Palmer 2022 erneut als Tübinger OB antreten wolle. "Der macht sein Ding ja eh."

Gleichwohl habe Palmer mit seiner praktischen Corona-Politik für Ältere gezeigt, dass er es anders meint als in seiner Äußerung im Mai, sagte Habeck. Es habe bei Palmer also ein "Lernprozess" eingesetzt. "Boris macht sein Ding. Er macht es gut", sagte Habeck. "Boris scheint daraus eine Konsequenz gezogen zu haben, die ich mit Interesse beobachte. Aber so macht eben jeder seinen Job." (awa/dpa)  © dpa

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