• Das Aus für die Gasumlage scheint inzwischen unausweichlich.
  • Als Alternative diskutiert der Bund über einen Gaspreisdeckel.
  • Wie dieser aussehen könnte und welche Probleme er mit sich bringen würde.

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Gefordert wird er nicht nur von der Union - sondern auch von Gewerkschaften, Ökonomen, Linken und zuletzt auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): ein Gaspreisdeckel, der die hohen Ausgaben für Verbraucherinnen und Verbraucher erträglicher macht. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war bislang skeptisch, die Rufe werden jedoch lauter.

Was ist das Problem?

Schon vor dem Ukraine-Krieg waren die Gaspreise im Großhandel hoch, seit der Invasion stiegen sie weiter. Denn Gaslieferungen aus Russland bleiben aus und der Rohstoff muss anderweitig zu höheren Preisen beschafft werden.

Zugleich ist der Bedarf hoch: In Deutschland wird knapp jede zweite Wohnung mit Gas beheizt. Für die Verbraucher erhöhen sich die Rechnungen teils erheblich, weshalb viele eine Deckelung fordern.

Druckprobleme an beiden deutsch-russischen Ostsee-Pipelines festgestellt

Innerhalb von 24 Stunden haben die derzeit ungenutzten deutsch-russischen Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1und 2 Druckprobleme gemeldet. Das Kontrollzentrum haben einen Druckabfall in beiden Röhren der Nord-Stream-1-Pipeline festgestellt, so der Betreiber.

Wie würde ein Gaspreisdeckel funktionieren?

Die Grundidee ist, dass der maximale Preis, den Energiekonzerne den Bürgerinnen und Bürgern für Gas in Rechnung stellen dürfen, festgelegt wird. Steigt der Preis darüber hinaus, würde der Staat die Differenz bezahlen.

Allerdings wird derzeit darüber diskutiert, einen Grundbedarf an Gas pro Haushalt festzulegen. Nur bis zu diesem wäre der Gaspreis für die Bürger gedeckelt, darüber hinaus müsste weiterhin der volle Gaspreis gezahlt werden.

Wie genau ein Gaspreisdeckel in Deutschland aussehen könnte, ist aber noch nicht sicher. Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission eingesetzt, die verschiedene Modelle prüfen soll.

Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, könnte sich etwa vorstellen, 5.000 Kilowattstunden als Grundsockel und 2.000 Kilowattstunden für jedes weitere Familienmitglied bei 13 Cent pro Kilowattstunde zu deckeln.

Für einen durchschnittlichen Einfamilienhaushalt wird allgemein ein jährlicher Gasverbrauch von rund 20.000 Kilowattstunden angenommen. 13 Cent pro Kilowattstunde entspricht laut Dullien in etwa dem aktuellen Durchschnittspreis.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund veranschlagt einen Grundbedarf von 8.000 Kilowattstunden für 7,5 Cent pro Einheit. Haushalte mit mehr Menschen sollten anteilig einen höheren Deckel erhalten. Verdi verlangt, die Kosten für den Normalverbrauch einer vierköpfigen Familie von 12.000 Kilowattstunden auf dem Niveau von 2021 zu halten.

Die CSU hat einen Gaspreisdeckel für drei Viertel des Privatverbrauchs vorgeschlagen. Im Gespräch ist auch ein Sockelbetrag von 80 Prozent des eigenen Vorjahresverbrauchs.

Welche Vorteile hätte ein Gaspreisdeckel?

Neben der Entlastung der Bürger könnte laut IMK-Chef Dullien durch die reduzierten Kosten die gemessene Inflation sinken. Das wiederum stabilisiert die Inflationserwartungen, senkt das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale und beruhigt Tarifkonflikte. Außerdem würden "zielgerichtet Haushalte mit Gasheizung entlastet".

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm betonte, dass dennoch dringend Gas gespart werden müsse, weil sonst im Winter eine Mangellage drohe. Ein Gaspreisdeckel sei daher nur sinnvoll, "wenn er mit großen Sparanreizen verbunden" ist.

Das sei grundsätzlich der Fall, wenn er nur für ein Grundkontingent gelte. Parallel könnten zudem Prämien ausgezahlt werden für diejenigen, die wenig Gas verbrauchen.

Welche Nachteile birgt die Maßnahme?

Neben dem hohen bürokratischen Aufwand für die Einführung der Maßnahme wird vor allem auf die Finanzierung verwiesen. Um den Endverbraucherpreis bei Gas per Deckelung zu senken, wäre laut Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro pro Cent und Kilowattstunde nötig.

Die Gesamtkosten würden dann vom veranschlagten Grundbedarf, dem gewählten Deckelungspreis sowie der weiteren Gaspreisentwicklung abhängen. Bundesfinanzminister Christian Lindner pocht aktuell aber noch immer auf die Einhaltung der Schuldenbremse.

"Das Ziel heißt Schuldenbremse für den Bundeshaushalt und eine Gaspreisbremse. Es darf nicht in anderen Worten zu einem allgemeinen Dammbruch kommen", sagte Lindner am Montag. Die Schuldenbremse war wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt worden. Sie erlaubt dem Bund nur in geringem Maße, neue Kredite aufzunehmen. Lindners Haltung ist innerhalb der Ampel allerdings umstritten.

Eine mögliche Art, die Bremse zu finanzieren, wäre, ein Sondervermögen dafür zu schaffen - ähnlich wie die 100 Milliarden Euro, die der Bundestag zur Stärkung der Bundeswehr beschlossen hat. Sondervermögen, manchmal auch als Schatten- oder Nebenhaushalte bezeichnet, sind vom eigentlichen Bundeshaushalt entkoppelt und können eigene Schulden aufnehmen, die bei der Schuldenbremse nicht zählen, obwohl auch Sondervermögen seit 2011 grundsätzlich der Schuldenbremse unterliegen.

Kommt die Gasumlage also überhaupt nicht?

Die Gasumlage soll nach derzeitigem Stand ab dem 1. Oktober erhoben werden, wodurch die Gaspreise noch einmal steigen würden. Mit dem Aufschlag sollen wegen des ausbleibenden russischen Gases ins Straucheln geratene Gasimporteure gestützt und letztlich die Versorgung gesichert werden.

In der Ampel scheint nun Einigkeit zu herrschen, dass das umstrittene Vorhaben wieder gekippt wird. Aus Grünen-Kreisen hieß es zuletzt, es mache "keinen Sinn, Preise zu deckeln und gleichzeitig die Umlage zu erheben". Der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour geht aber davon aus, dass die Gasumlage zunächst am 1. Oktober in Kraft tritt, aber dennoch keinen Bestand hat.

Spätestens seit der Verstaatlichung des Düsseldorfer Uniper-Konzerns als wichtigstem Empfänger der Gelder aus der Gasumlage, steht diese jedoch ohnehin wieder auf der Kippe.

Denn es gibt Zweifel, ob die Erhebung der Umlage zur Finanzierung eines Staatsunternehmens verfassungsrechtlich zulässig ist. Dies lässt die Bundesregierung seit vergangener Woche prüfen. (afp/dpa/thp)

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