Fieberhaft versuchen die Beamten der Bundespolizei an der Grenze zu Österreich so viele Asylsuchende wie möglich zu registrieren. Doch sie erfassen bei weitem nicht alle. Lohnen sich diese Grenzkontrollen? Unsere Redaktion sprach mit dem Vizevorsitzenden der Polizeigewerkschaft GdP.

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Seit dem 13. September gibt es wieder Grenzkontrollen zu Österreich. Tausende Asylsuchende reisen täglich über die Alpenrepublik nach Bayern ein. Deutschland drohte im Herbst den Überblick zu verlieren, weshalb sich die Bundespolitik zu zu dieser unliebsamen Maßnahme entschied.

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Nach dem Schengen-Grenzkodex können Staaten der Europäischen Union (EU) ihre Binnengrenzen bis zu zwei Jahre lang wieder kontrollieren. Doch haben sich die Grenzkontrollen gelohnt?

Schaffen sie mehr Sicherheit und Gewissheit darüber, wer eigentlich einreist? Vor allem die letztere Frage muss mit nein beantwortet werden.

Nur zehn Prozent der Flüchtlinge werden registriert

"Vollkontrollen finden nicht statt, das sind höchstens Stichprobenkontrollen", sagt Jörg Radek, der Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Vielmehr haben wir eine Übersicht darüber, wie viele kommen. Wir haben aber noch keine Qualitätsaussage darüber, wer zu uns ins Land kommt."

Die Bundespolizei registriert demnach überhaupt nur zehn Prozent der Flüchtlinge polizeilich. Daraus leitet Radek auch ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ab.

Über 80 Prozent der Flüchtlinge hätten noch nicht mal ein Reisedokument. "Sie verlieren oder vernichten ihre Dokumente, so dass wir erstmal erfragen müssen, wo sie herkommen und wo sie hin wollen. Wir nehmen dann Fingerabdrücke, um eventuell Abgleiche vornehmen zu können. Das allein ist aber ungenügend."

Bundespolizei kann Identität der Flüchtlinge kaum prüfen

So wird beispielsweise nicht die vollständige Identität der Ankommenden ermittelt - und auch nicht, ob eventuell was gegen sie vorliegt.

Zum Teil wisse man gar nicht, wer aus Österreich überstellt wird. Das hat Folgen: "Ein souveräner Staat muss auch beim Prinzip der offenen Grenzen immer die Chance haben, unerlaubte Einreisen festzustellen oder diese sogar verhindern können. Wir stellen diese aber zurzeit nicht einmal fest."

Radek fordert deswegen, dass mit den Nachbarstaaten Vereinbarungen zu treffen seien, dass nur die Flüchtlinge überführt werden, die namentlich erfasst sind. Vor allem die Kooperation mit Österreich müsse ausgebaut werden.

"EU-Außengrenzen müssen geschützt werden"

"Auch die Österreicher haben die Möglichkeit, die Menschen zu identifizieren. Dann hätten wir die Möglichkeit, zu prüfen, ob jemand nach deutschem Recht einreisen darf", sagt er. "Dabei geht es nicht darum, ihre Einreise zu verhindern, sondern schlicht darum, kontrollieren zu können, wer einreist."

Doch das alleine wird die Probleme an der deutschen Grenze nicht lösen. Vielmehr müssten die EU-Außengrenzen geschützt werden. "Wir müssen bilanzieren, dass die gegenseitige Solidarität gemäß dem Schengen-Abkommen weg ist. Das System ist in sich zusammengebrochen", sagt er.

"Wir brauchen wieder einen vernünftigen Schutz an den EU-Außengrenzen." Nur so könne die Flüchtlingskrise in Europa nachhaltig gelöst werden.

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