Die Grenzpolitik von US-Präsident Donald Trump ist vor allem eins: konfus. Zwar beschäftigt ihn kaum ein anderes Thema mehr als die illegale Einwanderung, doch erreicht hat er bisher wenig.

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Gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump besuchte US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen noch am Freitag die Grenze zu Mexiko. Auf Twitter verbreitete Nielsen Fotos von sich und dem Präsidenten, auf einem der Bilder schüttelt sie ihm unter strahlend blauem Himmel die Hand.

Zu dem Zeitpunkt dürfte die 46-Jährige noch nicht gewusst haben, dass das quasi ein Abschiedsgruß war: Am Sonntag verkündete Trump in dürren Worten auf Twitter, Nielsen werde aus dem Amt ausscheiden. Es ist ein weiterer Höhepunkt von Trumps konfuser Grenzpolitik, bei der er viel versprochen und wenig gehalten hat.

Symbolisch für diese Politik steht die Mauer, die Trump an der Grenze zu Mexiko errichten lassen will. Gemeinsam mit Nielsen hatte er am Freitag im US-Grenzort Calexico - eine Wortschöpfung aus Kalifornien und Mexiko - den Abschnitt eines Grenzzauns besucht, den er als einen Teil seiner "neuen Mauer" bezeichnete. Das war - nicht untypisch für Trump - mindestens irreführend: Der Zaun ersetzt eine ältere Barriere, die Pläne für die Renovierung gingen US-Medienberichten zufolge bereits auf Trumps Vorgänger Barack Obama zurück.

Tatsächlich hat Trump bislang existierende Zäune an der Grenze austauschen und renovieren lassen, wie es auch seine Vorgänger taten. Die von ihm versprochene neue Mauer an der rund 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko lässt auf sich warten. Dass der südliche Nachbarstaat den Bau des Bollwerks bezahlt - wie von Trump im Wahlkampf versprochen -, davon ist schon lange keine Rede mehr.

Nielsen war Gesicht von Trumps "Null-Toleranz-Politik"

US-Medien berichten, Nielsen scheide nicht freiwillig aus dem Amt. Immer wieder hieß es in der Vergangenheit, Trump sei unzufrieden mit Nielsen, auch wenn sie sich öffentlich als Hardlinerin gab. Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter: "Wenn sogar die radikalsten Stimmen in der Administration nicht mehr radikal genug für Präsident Trump sind, weiß man, dass er den Bezug zum amerikanischen Volk vollständig verloren hat."

Nielsen war das Gesicht von Trumps "Null-Toleranz-Politik" an der Grenze zu Mexiko, die im vergangenen Sommer für Empörung gesorgt hatte, weil Kinder von ihren Eltern getrennt wurden.

Nielsen setzte auch um, dass bestimmte Asylbewerber nach Mexiko zurückgeschickt werden können, wo sie auf ihre Verfahren in den USA warten müssen. Die umstrittenen Maßnahmen haben nicht verhindert, dass die Zahl der illegalen Grenzübertritte unter Nielsen deutlich zugenommen hat.

US-Grenzschützer nahmen im Februar an der mexikanischen Grenze nach eigenen Angaben mehr als 76 000 Migranten bei der illegalen Einreise fest - nach Nielsens Angaben der höchste Monatswert seit mehr als zehn Jahren. Die Ministerin rechnete für März damit, dass die Zahl sogar auf knapp 100 000 steigen werde.

Für die Festnahme illegaler Einwanderer ist die Polizeibehörde ICE zuständig, als deren Direktor war Ronald Vitiello vorgesehen - bis Donnerstag, als das Weiße Haus die Nominierung überraschend zurückzog. "Ron ist ein guter Mann", sagte Trump am Freitag zur Begründung. Man wolle aber "eine härtere Richtung" einschlagen.

Trump: "Dümmstes Einwanderungssystem der Welt"

Bislang ist die Richtung vor allem konfus. Für vergangene Woche hatte Trump mit einer Schließung der Grenze gedroht, sollte Mexiko Migranten aus Mittelamerika auf ihrem Weg in die USA nicht stoppen. Dann drohte er dem Kongress mit derselben Maßnahme, sollten die Demokraten sich nicht umgehend auf eine Reform der Migrationsgesetze einlassen.

Trump nannte das geltende Regelwerk "das dümmste Einwanderungssystem der Welt", den Demokraten wirft er immer wieder wahrheitswidrig vor, sie wollten die Grenze ganz öffnen.

Am vergangenen Donnerstag setzte Trump Mexiko plötzlich eine Frist von einem Jahr, um Migranten aufzuhalten und den Drogenschmuggel in die USA zu stoppen - und er drohte nun mit Autozöllen statt mit baldiger Grenzschließung. "Wenn das nicht funktioniert, werden wir die Grenze schließen", sagte er.

Zwar gab sich Trump hart - tatsächlich aber ruderte er mit der Jahresfrist aufgeregt zurück. Am Sonntag meinte er dann erneut, er werde die Südgrenze schließen, wenn es notwendig sei. "Unser Land ist VOLL", schrieb er auf Twitter.

Der Grund für den Zickzackkurs: Trump weiß, dass eine Schließung der Grenze schwere ökonomische Konsequenzen nach sich ziehen würde - und zwar für beide Länder. Die US-Handelskammer warnte kürzlich, eine Schließung der Grenze könnte zu einer "wirtschaftlichen Katastrophe" führen.

Trump sagt zwar: "Sicherheit ist mir wichtiger als Handel." Dass die US-Wirtschaft brummt - wenngleich höchstens zu kleinen Teilen von ihm zu verantworten, ist eine der wenigen Entwicklungen, die er als Erfolgsgeschichte seiner Präsidentschaft verkaufen kann. Das wird er kaum leichtfertig aufs Spiel setzen.

Nielsens Rausschmiss war nicht der letzte

Nielsen soll nun vom Leiter der Grenzschutzbehörde Customs and Border Protection (CBP), Kevin McAleenan (47), ersetzt werden, der das Ministerium kommissarisch führen wird. Trumps Personalkarussell dreht sich inzwischen so schnell, dass zahlreiche wichtige Posten nur noch kommissarisch besetzt sind: Der von Trumps Stabschef etwa, oder auch die Leitung des Verteidigungsministeriums.

Schon am Montag verkündete Trumps Sprecherin Sarah Sanders den nächsten Abgang: Der Nielsen unterstellte Direktor des Secret Service, Randolph Alles, räumt in Kürze seinen Posten. Dabei hatte Trump die Behörde, die unter anderem für seinen Schutz zuständig ist, noch vergangene Woche in den höchsten Tönen gelobt.

CNN berichtete, weitere Mitarbeiter des Heimatschutzministeriums dürften bald ebenfalls ihre Jobs verlieren. Der Sender zitierte einen ungenannten Regierungsmitarbeiter mit den Worten, unliebsame Mitarbeiter in dem Ministerium würden "nahezu systematisch" aussortiert.

Die "Washington Post" führte die Personalien auf wachsenden Einfluss des Trump-Beraters Stephen Miller zurück. Die Zeitung berichtete, Trump habe dem Hardliner die Verantwortung für Migrationsthemen übertragen.

Millers Onkel David Glosser hatte seinen Neffen im vergangenen August in einem bitterbösen Beitrag für die Zeitung "Politico" daran erinnert, dass die gemeinsamen jüdischen Vorfahren Anfang vergangenen Jahrhunderts selber aus dem heutigen Weißrussland in die USA eingewandert waren - und dass sie sonst vermutlich von den Nazis ermordet worden wären. (dpa/dh)

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