In drei US-Bundesstaaten werden die Stimmen neu ausgezählt. Am Wahlausgang wird das aller Voraussicht nach nichts ändern. Trotzdem reagiert Donald Trump impulsiv und unbeherrscht und schaltet als zukünftiger Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wieder in den Wahlkampfmodus.

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Der US-Wahlkampf 2016 geht als schmutzigster in die Geschichte der USA ein. Selten zuvor hatten sich die Präsidentschaftskandidaten so hart und persönlich attackiert.

Donald Trump schoss auf Twitter regelmäßig gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton - und dabei manchmal auch übers Ziel hinaus. Wie etwa bei seiner Ankündigung, die Demokratin nach der Wahl einsperren zu lassen.

Den Medien unterstellte der designierte US-Präsident im Vorfeld der Abstimmung eine manipulierende Berichterstattung zugunsten Clintons.

Gut drei Wochen vor der US-Wahl lag der Immobilien-Tycoon in Umfragen noch deutlich hinter Clinton zurück. Zu dieser Zeit heizte Trump Spekulationen über einen möglichen Wahlbetrug an.

"Natürlich gibt es einen flächendeckenden Wahlbetrug während und vor der Wahl. Warum bestreiten die Republikaner das? So naiv!", schrieb Trump am 17. Oktober auf Twitter.

Trump gab sich nach der Wahl versöhnlich

Trump gewann die Wahl und der künftige Präsident schien in seiner Wahlkampfrhetorik deutlich abzurüsten.

So bedankte er sich nach der Wahl bei Clinton und erklärte: "Wir schulden ihr und dem, was sie bisher getan hat, große Anerkennung." Von Gefängnis war keine Rede mehr. Genauso wenig sprach Trump noch von einem Einreiseverbot für Muslime.

Trump gab sich im Augenblick des Triumphs ungewöhnlich versöhnlich. Doch dies ändert sich nun mit der Initiative der Grünen-Politikerin Jill Stein, die Stimmen in drei Bundesstaaten neu auszählen zu lassen. Hintergrund ist der Verdacht auf Manipulation durch Hacker.

Trumps Rückkehr zu alten Verhaltensmustern

Das Unterfangen wird am Ausgang der US-Wahl voraussichtlich nichts ändern, weshalb Trump die Neuauszählung stillschweigend und staatsmännisch einfach geschehen lassen könnte. Stattdessen aber verfällt er wieder in aggressive Wahlkampfrhetorik.

Ohne Beweise oder wenigstens Indizien zu nennen, spricht der "President-elect" von konkretem Wahlbetrug.

"Ernsthafter Wahlbetrug in Virginia, New Hampshire und Kalifornien. Warum berichten die Medien nicht darüber? Schwerwiegende Voreingenommenheit – großes Problem", schrieb der 70-Jährige am Montag auf Twitter.

Trump ist davon überzeugt, die Mehrheit der Stimmen erhalten zu haben. Er bezieht sich dabei auf den Umstand, dass mehr Wähler Clinton gewählt hatten, dies jedoch aufgrund des Wahlmänner-Systems für den Ausgang der Wahl nicht entscheidend war.

Am Wochenende twitterte er: "Zusätzlich zum Erdrutschsieg bei den Wahlmännern hätte ich auch die Mehrheit der Stimmen erhalten, wenn man die Millionen Menschen abzieht, die illegal gewählt haben."

Eine brisante Behauptung. Denn würde sie stimmen, müsste in den betroffenen Bundesstaaten möglicherweise neu gewählt werden. Trump würde damit seinen Wahlsieg aufs Spiel setzen.

Donald Trump lässt auf Twitter nicht locker

Nicht nur deshalb irritiert die Behauptung viele Experten. "Die Wahrscheinlichkeit ist höher, von einem Hai gefressen zu werden, der gleichzeitig von einem Blitz getroffen wird, als einen wählenden Nichtbürger zu finden", relativierte David Becker, Direktor des "Center for Election Innovation & Research" gegenüber des US-Magazins "Politico".

Josh Earnest, Sprecher von Noch-Präsident Barack Obama, sagte, es gebe keine Hinweise auf einen umfassenden Wahlbetrug.

Dennoch lässt Trump nicht locker. In der Nacht zum Dienstag schrieb er auf Twitter mehrere Nachrichten, in denen er die Medienvertreter aufforderte, ihren Job zu machen und Beweise für einen Wahlbetrug zu finden.

Barack Obama hatte vor wenigen Wochen noch versucht, Sorgen zu entkräften, indem er erklärte, ein US-Präsident könne sich derlei Polemik ohnehin nicht mehr erlauben: "Es wird nicht das Gleiche sein, wie er regiert und wie er Wahlkampf gemacht hat."

Doch momentan verhält sich Trump nicht gerade wie jener zukünftige Präsident der USA, der versprochen hatte, "die Wunden der Spaltung" zu schließen.

Vielmehr reagiert er wieder wie der Wahlkämpfer Trump, der angriffslustig um sich beißt und aus einer Laune heraus auf Twitter soeben verfassungswidrige Strafen für das Verbrennen von US-Fahnen fordert - etwa Gefängnis oder die Aberkennung der Staatsbürgerschaft.

Der republikanische Senator Mitch McConell sah sich deshalb genötigt, den zukünftigen Präsidenten der USA daran zu erinnern, dass das Verbrennen von US-Fahnen durch die Verfassung als freie Meinungsäußerung geschützt ist.

Ein Sprecher Barack Obamas nahm das Stichwort auf und formulierte einen Seitenhieb gegen Trump: Dieses Grundrecht auf Meinungsfreiheit erlaube einem eben auch, "auf Twitter alles zu sagen, was man denkt".

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