Der Vorschlag ist nicht neu, aber hoch umstritten: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in nordafrikanischen Ländern einzurichten. Zuspruch erhielt de Maizière zuletzt von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, woraufhin er Kritik - vor allem aus den eigenen Reihen - erntete. Dabei könnten die neuen Pläne Menschenleben retten. Zumindest unter gewissen Voraussetzungen.

Mehr aktuelle News

Kritik von allen Seiten hagelte es für Thomas Oppermann, nachdem er auf die Linie der Union einschwenkte und seine Bereitschaft für die Errichtung von Aufnahmelagern in Nordafrika bekundete. Dabei geht es um einen Vorschlag von Innenminister Thomas de Maizière, wonach im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge künftig in Aufnahmelager in nordafrikanischen Ländern gebracht werden sollen.

Die EU hat auf ihrem Gipfel Ende vergangener Woche nun auch beschlossen, gemeinsam mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der internationalen Organisation für Migration (IOM) sichere und angemessene Aufnahmeeinrichtungen in Libyen aufzubauen.

Doch der Vorschlag von de Maizière geht noch einen Schritt weiter. Er sieht vor, dass Flüchtlinge in diesen Aufnahmeeinrichtungen auch gleich Asyl für Deutschland oder andere EU-Länder beantragen können.

Können solche Lager die Lage von Flüchtlingen verbessern? Und besteht dort die Möglichkeit auf faire Asylverfahren? Was für und was gegen Aufnahmelager in Nordafrika spricht.

CONTRA: Wieso es Kritik an dem Vorschlag gibt

  • Menschenrecht auf Asyl

Teile von Oppermanns eigener Partei und die Oppositionsparteien Grüne und Linke kritisierten den Vorschlag. Die Kritik reichte von "völkerrechtlich bedenklich" bis hin zu "zynisch und menschenverachtend" - weil die Flüchtlinge in Nordafrika bleiben müssen und dort ein faires Asylverfahren kaum zu gewährleisten ist.

Die größte Sorge, auch von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, ist dementsprechend eben die Missachtung des Menschenrechts auf Asyl.

  • Katastrophale Zustände in Aufnahmelagern

Die Sorge scheint vor allem vor dem Hintergrund bereits bestehender Aufnahmelager selbst in europäischen Ländern wie Italien oder Griechenland berechtigt. Die Zustände in vielen dieser Lager sind katastrophal.

Selbst auf den griechischen Inseln konnten keine akzeptablen Unterkünfte errichtet werden, was bei Skeptikern die Hoffnung darauf schmälert, die EU könnte akzeptable Unterbringungsmöglichkeiten in nordafrikanischen Ländern schaffen.

Zudem wird argumentiert, dass eine Rückführung von geretteten Flüchtlingen in Aufnahmelager ähnliche Auswirkungen haben könnte wie die Schließung der Balkanroute im März vergangenen Jahres, als sich die Zustände mit zunehmender Überfüllung verschlimmerten.

PRO: Was für die Forderung spricht

  • Kampf gegen Schlepper

Ein Argument für Aufnahmelager in nordafrikanischen Ländern ist, Schlepperbanden die Grundlage ihres Geschäfts zu entziehen. Schutzbedürftige begeben sich in Lebensgefahr, überfüllte Boote führen regelmäßig zu Katastrophen mit Tausenden Toten.

  • Weniger Tote im Mittelmeer

Das könnte umgangen werden, indem die Menschen bereits auf dem afrikanischen Kontinent Asyl beantragen können. Werden sie als asylberechtigt eingestuft, könnte eine begleitete Überfahrt organisiert werden. So könnte die Zahl der Ertrunkenen reduziert werden.

  • Schnellere Asylverfahren

Grundvoraussetzung für die Errichtung von Aufnahmelagern in Nordafrika ist neben Abkommen mit nordafrikanischen Staaten die Einhaltung der Menschenrechte: Schlechte Unterbringung sowie überlange Asylverfahren darf es in den Aufnahmecamps nicht geben.

Ob eine rechtsstaatliche und faire Überprüfung von Asylanträgen nach europäischem Recht außerhalb Europas überhaupt möglich ist, ist eine der Schlüsselfragen. Solange das nicht gewährleistet ist, dürfte auch der politische Widerstand gegen Aufnahmezentren außerhalb Europas nicht kleiner werden.

Mit Material der dpa
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.