• Kein Stau auf der Autobahn, leere U-Bahnen und Vogelgezwitscher statt Verkehrslärm: Im ersten Lockdown ließen sich noch neue Glücksmomente entdecken.
  • Mittlerweile liegen bei vielen die Nerven blank - trotz Durchhalteparolen aus der Politik.
  • Wie sind die hoffentlich letzten Meilen des Corona-Marathons zu schaffen? Und haben Glücksforscher darauf eine Antwort?

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Es ist acht Jahre her, Corona war noch fern, als der Internationale Tag des Glücks am 20. März 2013 von den Vereinten Nationen (UN) eingeführt wurde. Schlüsselaspekte, die zu Glück und Wohlbefinden führen, sind laut UN, Armut zu beenden, Ungleichheit zu verringern und unseren Planeten zu schützen.

Im Weltglücksreport, den ein Forschungsnetzwerk der UN jedes Jahr herausbringt, landete Anfang 2020 Finnland auf dem ersten Platz vor Dänemark und der Schweiz. Deutschland wurde Siebzehnter. Ganz hinten rangierten der Südsudan und Afghanistan, wo es ganz andere Probleme gibt als Corona-bedingt geschlossene Kitas und Kinos. Erst der Weltglücksreport 2021 wird zeigen, wie sich die Pandemie auf die Lebenszufriedenheit auswirkt und ob es dabei Unterschiede zwischen den Nationen gibt.

Weniger Kontakte, weniger Glück

Studien aus Deutschland weisen darauf hin, dass der psychische Druck im zweiten Lockdown wächst, vor allem bei jungen Menschen. Das Glückslevel sei gesunken, sagt Hilke Brockmann, Soziologie-Professorin an der Jacobs University Bremen. Hintergrund seien Sorgen um die Gesundheit, die Furcht vor Arbeitslosigkeit oder gar Existenzängste. Auch wenn es nicht alle betrifft: "Ein permanenter Angstzustand ist schädlich", sagt die Glücksforscherin.

Aus neurobiologischer Sicht fühlen wir uns dann glücklich, wenn ein belebender Cocktail aus körpereigenen Chemikalien durchs Gehirn strömt. Oxytocin zum Beispiel wird bei Umarmungen und beim Sex ausgeschüttet, bei Frauen auch während der Geburt und beim Stillen. Die Corona-Abstandsregeln sorgen dafür, dass die meisten Menschen - wohl vor allem Alleinlebende - weniger dieses "Kuschelhormons" produzieren.

Glückliche Momente festhalten

Wichtig ist aus Sicht von Brockmann, sich jetzt auf Positives zu fokussieren. "Man kann sich daran hochziehen, dass das Impfen wirkt und sich sagen, dass im Sommer hoffentlich die Einschränkungen vorbei sind." Die Aussicht auf Erfolg erlaube es einem, produktiver mit der Zeit bis dahin umzugehen, ist sie überzeugt. "Achtsamkeits-Praktiken, Yoga, aber auch Outdoor-Sport haben eine starke Konjunktur." Bewusstes Kochen und Essen könnten ebenfalls die Stimmung aufhellen. Hunde-Besitzerin Brockmann sieht auch ein Haustier als beglückend an.

"Die Hinwendung zu anderen Menschen erzeugt positive Gefühle. Wir haben vielfach Glücksgefühle, wenn wir anderen etwas schenken, etwas geben oder an etwas teilhaben lassen", sagt Michael Kunze. Der Professor für Sozialmedizin an der Universität Wien hat in seinem jüngsten Buch "Der Glückskompass" Studien zum Thema analysiert und daraus Strategien entwickelt.

"Wir haben mehr glückliche Momente als unglückliche Momente. Wir müssen nur wissen, wie man sie festhält", meint er.

Viel Bewegung und viel Licht machen glücklich

Beim Spazierengehen sollte man Wege einschlagen, die mit positiven Erinnerungen besetzt seien. Wichtig sei auch das Tagträumen: "Wir wird das werden, wenn wir wieder ins Restaurant dürfen? Was werde ich mir bestellen?"

Viel Bewegung und viel Licht sind dem Wissenschaftler zufolge zwei essenzielle Zugänge zum Glückserleben. "Langstreckenläufer berichten ungefähr nach Kilometer 25 von Glücksgefühlen anderer Art, dem Flow. Hintergrund sind Endocannabinoide im Gehirn, opiatähnliche Substanzen", sagt Kunze. Man kenne das Phänomen auch, wenn ein Kind komplett in einem Spiel versunken sei oder wenn man beim Lesen eines spannenden Buches Zeit und Raum vergesse.

Mit Übungen Glückshormone aktivieren

Für Maike van den Boom ist jetzt entscheidend, Zugang zu den eigenen Energieressourcen zu finden. Die in Stockholm lebende Deutsche hält Vorträge und Seminare in Unternehmen, die wollen, dass ihre Mitarbeiter glücklicher werden und ihr Potenzial besser entfalten. Die Skandinavier seien gelassener und fürchteten sich weniger vor Veränderungen und Krisen, beobachtet van den Boom. Das helfe ihnen in der Pandemie.

Van den Boom schlägt vor, sich "noch im Bett morgens früh fünf Dinge zu überlegen, die gut laufen, für die wir dankbar sind, die wir heute reißen werden". Auch eine Minute zu lächeln oder die Arme in Siegerpose gen Zimmerdecke zu recken, hilft ihr zufolge, positive Areale im Gehirn zu trainieren.

Positive Gedanken in Form eines Kompliments zu teilen, mache doppelt glücklich, ist die Beraterin und Autorin überzeugt. "Ich würde Online-Teams, Eltern, aber auch jeder Schule empfehlen, so den Tag beginnen zu lassen." (dpa/nis/mak)

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