• Ab Montag gilt in einigen Bereichen des öffentlichen Lebens in Bayern eine FFP2-Maskenplficht.
  • Experten äußern Bedenken - und weisen auf ein Problem bei Bartträgern hin.

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Masken seien keine Hilfe in der Coronakrise, man bräuchte sie nicht zu tragen - so hatte es zu Beginn der Pandemie hierzulande noch geheißen. Es folgte eine "dringende Empfehlung" und Ende April dann die Maskenpflicht. Bayern geht ein Dreivierteljahr später nun einen Schritt weiter: Ab Montag müssen Bürgerinnen und Bürger in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr eine FFP2-Maske tragen. Eine solche Maßnahme ist dem Virologen Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin zufolge sehr wahrscheinlich bisher einmalig auf der Welt.

Ist sie auch sinnvoll? "Prinzipiell finde ich die Idee gut", sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Korrekt verwendet biete eine solche Maske anders als die einfachen Einweg- und Baumwollmasken viel Eigenschutz. "Ich kann mich selbst schützen und bin weniger darauf angewiesen, dass die Menschen in meiner Umgebung sich richtig verhalten." Etwa sei es dann weniger riskant, wenn andere Menschen im Raum nur einen Schal oder einen falsch angelegten Mund-Nasen-Schutz trügen.

Es müssten aber zwingend Angebote mit der FFP2-Pflicht verbunden sein: zum einen der kostenlose Zugang zu solchen medizinischen Masken, zum anderen Anleitungen zur richtigen Benutzung. "Ohne solche Angebote sehe ich das kritisch."

Kaum beurteilen lasse sich, wie viel weniger Infektionen es etwa in einem Bus geben würde, trügen die Menschen darin alle korrekt angelegte FFP2-Masken anstelle korrekt angelegter einfacher Einwegmasken. "Das ist spekulativ, dazu gibt es keine Daten."

Alexander Kekulé: Virologe befürchtet Mangel an Akzeptanz

Der Virologe Alexander Kekulé findet eine FFP2-Pflicht grundsätzlich sinnvoll. "Natürlich ist eine FFP2-Maske deutlich sicherer als ein Mund-Nasen-Schutz, der oft auch nur sehr locker getragen wird", sagt der Professor der Universität Halle-Wittenberg im Gespräch mit der dpa.

Gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln drängten sich viele Menschen auf engem Raum. Mit einer FFP2-Maske sinke das Risiko einer Infektion deutlich. "Aber auch in so manchem kleinen Bäckerladen ist es sicher sinnvoll, gerade weil dort teilweise nicht richtig gelüftet werden kann." Risikopatienten sollten in geschlossenen Räumen mit mehreren Personen sowieso immer eine FFP2-Maske tragen.

Er habe allerdings Bedenken, ob solche Masken bei allen Bürgern auf Akzeptanz stoßen. "Viele haben liebevoll Stoffmasken genäht oder teuer gekauft und sollen jetzt plötzlich auf FFP2-Masken umsteigen", sagt der Virologe. Außerdem befürchte er einen Ansturm auf Apotheken und Läden, die die Masken verkaufen.

Die Masken im öffentlichen Raum seien momentan aber nicht das Hauptproblem. Die Fallzahlen seien weiter so hoch, weil es nach wie vor massive Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gebe, erklärte der Virologe. Zuhause würden Infizierte in der Regel nicht isoliert und steckten den ganzen Haushalt an. Er plädiert außerdem für strengere Regeln am Arbeitsplatz wie eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.

"Es gibt zudem immer mehr Leute, die sich nicht an die Regeln halten, weil sie sie nicht mehr verstehen", fügt Kekulé hinzu. "Um diese Menschen mitzunehmen, muss die Politik ihre Maßnahmen nachvollziehbar begründen."

Aerosol-Experte Christof Asbach warnt: Kein hundertprozentiger Schutz

Der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung, Christof Asbach, warnt davor, die Sicherheit durch die FFP2-Masken zu überschätzen: Tatsächlich böten selbst dann keinen hundertprozentigen Schutz, wenn sie perfekt getragen würden. Die Masken müssten den Anforderungen zufolge 94 Prozent der Partikel filtern - damit gingen immer noch sechs Prozent durch. "Man muss sich auch generell von der Vorstellung freimachen, dass es eine einzige Maßnahme gibt, die das Risiko einer Infektion auf null senkt."

Wenig Unterschied macht es Asbach zufolge, ob die Atemschutzmasken aus den Klassen FFP2, N95 oder KN95 sind. "Das ist ein ähnlicher Standard." Entscheidend sei die Qualität der Masken. Immer noch gebe es nicht ausreichend geprüfte Masken auf dem Markt, die jedoch - fälschlicherweise - als solche ausgezeichnet seien. "Man sollte nicht so sehr auf den Preis achten, sondern auf eine vertrauenswürdige Quelle", riet der Experte. Anders als im Frühjahr gibt es nach seiner Einschätzung aber keinen derartigen Engpass mehr an FFP2-Masken.

Hygieneexperte erwartet keine große Verbesserung

Dass die FFP2-Pflicht die Infektionslage in Bayern merklich verbessern wird, glaubt Johannes Knobloch, Leiter des Bereichs Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, nicht. "Im schlimmsten Fall kann sich die Lage sogar verschlechtern, weil sich die Leute geschützter fühlen und weniger vorsichtig sind".

Es bedürfe bei einer FFP2-Maske großer Expertise, sie komme aus dem Arbeitsschutz und sei nicht für Laien gedacht. "Wenn sie nicht absolut dicht aufgesetzt wird, wirkt sie nicht besser als eine einfache Einwegmaske", warnt Knobloch. Der Atemwiderstand sei bei den dichteren FFP2-Masken größer als bei den einfachen Kunststoff- oder selbstgenähten Stoffmasken. "Durch eine Stoffmaske atme ich immer zumindest zum Teil hindurch, aber wenn bei einer FFP2-Maske irgendwo am Gesicht eine kleine Lücke bleibt, geht fast alle Luft dort hindurch - und mit ihr das Virus."

Richtiger Umgang mit FFP2-Maske entscheidend

Auf diese Gefahr weist auch Kekulé hin: "Billige Masken schließen bei der Nase oft nicht richtig", sagt er. FFP2-Masken können vor einer Infektion mit dem Coronavirus nur schützen, wenn sie eng anliegen. Der Bügel über der Nase müsse mit beiden Händen fest angedrückt werden, so dass Luft nur noch durch die Maske entweichen kann. Auch darf die Außenfläche nicht berührt werden.

"Sobald die FFP2-Maske nur ein bisschen feucht ist, muss sie sofort gewechselt werden. Das ist noch wichtiger als bei einem einfachen Mund-Nasen-Schutz", betonte Kekulé. Wer beispielsweise bei Regen oder Schnee vor einem Geschäft Schlange stehe, müsse eventuell unmittelbar vor dem Betreten des Ladens noch die Maske wechseln.

Experten: Bartträger müssen sich rasieren

Nicht nur die Gesichtsform kann zudem laut Asbach verhindern, dass die Maske ideal aufliegt und somit schützt. Ein besonderes Problem hätten Bartträger. Es gebe in der Industrie sehr teure Alternativen mit Rundum-Visieren, sichereren Hepafiltern und Luftpumpen. Das sei aber nicht für den Alltagsgebrauch gedacht. "Im Grunde bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, sich zu rasieren."

Knobloch sieht das ebenso. Die FFP2-Maske sei "bei Männern nur mit glattrasierter Haut zu tragen." Schon beginnender Bartwuchs könne ein Problem darstellen, weil sich ein Abstand zwischen Haut und Maske bilde, durch die Luft ungefiltert ein- und ausströme.

"Bei einer FFP2-Pflicht dürften Bartträger in Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln also eigentlich nicht zugelassen werden", findet Hygieneexperte Knobloch. Die Maßnahme sei vielleicht gut gemeint, letztlich helfe aber nur eines wirklich gut: zu Hause bleiben. (af)

Verwendete Quelle:

  • Interviews der Deutschen Presse Agentur

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