• Kinder sind von COVID-19 weniger betroffen als Erwachsene.
  • Für Eltern aber wichtig zu wissen: Kinder zeigen teilweise auch andere Anzeichen bei einer Erkrankung.
  • Das hängt auch von der Virusvariante ab.

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Die meisten Kinder, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren, haben einen symptomfreien und milden Krankheitsverlauf. Zeigen sich Symptome, sind das wie bei Erwachsenen meist Husten, Schnupfen und Fieber. Das geht aus Studien hervor, die das Robert-Koch-Institut (RKI) ausgewertet hat. Weitere Anzeichen können Halsschmerzen, Atemnot sowie Durchfall und Erbrechen sein - und das ist eine Besonderheit bei Kindern: "Eine Magen-Darm-Beteiligung kommt häufiger vor als bei Erwachsenen, teilweise auch, ohne dass respiratorische Symptome vorliegen", schreibt das RKI.

Heißt im Klartext: Durchfall und Erbrechen können auf eine Corona-Infektion bei Kindern hinweisen, ohne dass Probleme der Atemwege vorliegen.

Warum COVID-19 überhaupt zu Magen-Darm-Beschwerden führen kann, erklären Wissenschaftler mit entsprechenden Rezeptoren, die auch im Magen-Darm-Trakt vorhanden sind. An diese ACE2-Rezeptoren dockt das Spike-Protein des Virus an, um in menschliche Zellen zu gelangen. Sie befinden sich in den Atemwegen, aber unter anderem auch in der Speiseröhre, in der Leber und im Darmtrakt. Allerdings ist die Frage, warum Magen-Darm-Beschwerden häufiger bei Kindern auftreten, bislang nicht geklärt.

Symptome hängen auch von Virusvariante ab

Der Berliner Kinderarzt Jakob Maske bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass Übelkeit, Erbrechen und Durchfall Symptome für eine Corona-Infektion bei Kindern sein können. Auch er habe in den vergangenen Monaten in seiner Praxis Kinder mit entsprechenden Beschwerden gehabt, bei denen sich eine Corona-Prognose bestätigt habe. Allerdings seien Magen-Darm-Probleme bei der aktuell noch dominierenden Delta-Variante weniger geworden, bei den vorherigen Virusvarianten sei das öfter der Fall gewesen, so Maske weiter. "Im Moment sind es eher Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, über die Kinder mit einer Corona-Infektion klagen."

Bei der Behandlung von COVID-19 empfiehlt Jakob Maske eine rein symptomabhängige Therapie mit Schmerztabletten wie Ibuprofen in einer kindesentsprechenden Dosierung. Sollte es zu Durchfallproblemen kommen, reichten zunächst viel Flüssigkeit und normale Kost, Medikamente seien in der Regel nicht notwendig. Bei schweren Fällen sollte der Kinderarzt aufgesucht werden. Obwohl Kinder in Kita und Schulen regelmäßig getestet werden, könne ein zusätzlicher Test nicht schaden - vor allem, wenn Corona-Fälle im Bekanntenkreis bekannt sind.

Generell leiden Kinder unter einer COVID-Erkrankung aber weniger als Erwachsene. Viele haben kaum Symptome, die Hospitalisierungsrate ist viel geringer. "Es ist wichtig, dass die Eltern ruhig bleiben und nicht in Panik verfallen", betont Kinderarzt Maske. Warum bei Kindern seltener schwere Verläufe auftreten, erklärt der Mediziner mit einem besseren nasalen Immunsystem: "Die Viren werden bereits im Nasen- und Rachenraum abgefangen. Diese Abwehr ist bei Erwachsenen weniger ausgeprägt."

Das bestätigt auch eine wissenschaftliche Studie, die im August dieses Jahres in der Zeitschrift "Nature Biotechnology" veröffentlicht wurde. Demnach zeigen Kinder eine stärkere Ausprägung von Rezeptoren zur Viruserkennung in den Zellen der oberen Atemwege, was zu einer besseren antiviralen Reaktion bei einer SARS-CoV-2-Infektion führt als bei Erwachsenen.

Schwere Verläufe oft mit Magen-Darm-Beschwerden

Sollte es zu schweren Erkrankungen bei Kindern in Zusammenhang mit einer Corona-Infektion kommen, muss es aber nicht immer die Krankheit COVID-19 sein. Eine Gefahr für Kinder und Jugendliche ist außerdem das Multisystemische Entzündungssyndrom (MIS-C für multisystem inflammatory syndrome in children oder auch PIMS für pediatric inflammatory multisystem syndrome).

"Dabei handelt es sich um eine disregulierte verzögerte Reaktion des Immunsystems auf die Viruserkrankung", erklärt der Facharzt für Innere Medizin Peter Konturek im Gespräch mit unserer Redaktion. MIS-C könne auch erst vier bis sechs Wochen nach einer Corona-Infektion auftreten - häufig ohne dass bei den Patienten vorherige COVID-19-Symptome aufgetreten waren. "Die Symptome sind hohes Fieber, Hautreizungen, Gelenkschmerzen, erhöhte Entzündungswerte im Blut sowie starke Bauchschmerzen und Durchfall."

Gerade Probleme im Verdauungstrakt seien bei dieser verzögerten Immunreaktion festgestellt worden, sagt Konturek und verweist auf eine italienische Studie, für die Kinder in einer Klinik untersucht wurden, die entweder einen schweren COVID-Verlauf hatten oder unter MIS-C litten. Von 685 Kindern, die an 54 Kliniken wegen eines der beiden Krankheitsbilder betreut wurden, litten 257 (37,5 Prozent) unter gastrointestinalen Symp­tomen - also an ernsteren Problemen im Verdauungstrakt.

Situation in den Kinderkliniken ist entspannt

Das könnte ein Grund dafür sein, warum die Situation in Deutschlands Kinderkliniken gegenwärtig stabil ist. "Wir haben relativ wenige stationäre Patienten mit einer akuten COVID-19-Infektion, sodass keine Überlastung der Kinder- und Jugendkliniken droht", sagte Professor Jörg Dötsch, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Köln, bei der Bundespressekonferenz Ende der vergangenen Woche in Berlin.

Dötsch ist Mitglied des Pandemie-Expertenrats der neuen Bundesregierung. Im Hinblick auf das oben erwähnte MIS-C-Syndrom erklärte er: “Wir erleben derzeit unter der Delta-Variante eher mildere Verläufe beziehungsweise ein Abflauen der Verläufe, sodass hier eine gewisse Entspannung eingetreten ist.” Seit Beginn der Erfassung im Mai 2020 wurden der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) bislang 489 Fälle gemeldet.

Die Long-COVID-Situation bei Kindern und Jugendlichen ist laut Professor Dötsch allerdings noch nicht ganz geklärt. "Es gibt eher bei älteren Kindern und Jugendlichen Long-COVID-Verläufe als bei jungen Kindern." Insgesamt sei die Datenlange hierzu aber noch relativ unklar.

Über die Experten: Jakob Maske ist Kinderarzt in Berlin und Pressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Professor Peter Konturek ist Chefarzt für Innere Medizin der Thüringen Kliniken in Saalfeld.

Verwendete Quellen:

  • Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Kapitel 17 (Kinder und Jugendliche)
  • Meta-Studie über COVID-Symptome bei Kindern
  • jamanetwork.com: Studie über gastrointestinale Symptome bei Kindern aus Italien
  • nature.com: Studie in der Zeitschrift Biotechnologie Nature über eine bessere Immunabwehr bei Kindern
  • dgpi.de: MIS-C-Survey der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (Achtung: Hier wird das selbe Krankheitsbild als PIMS bezeichnet für Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome)
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