Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat der Bundesregierung den Betrieb ihrer Facebook-Fanpage untersagt. Klagt die Bundesregierung dagegen, kann die Fanpage aber nicht abgeschaltet werden, bis gerichtlich in letzter Instanz über das behördliche Verbot entschieden ist. Das kann lange dauern.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Rolf Schwartmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Bundesregierung ist mit knapp 1,1 Millionen Followern sehr aktiv bei Facebook. Ihre Fanpage ist ein wichtiges Organ, um die Bevölkerung zu informieren. Der Bundesdatenschutzbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat dem dafür rechtlich verantwortlichen Regierungssprecher nun den Betrieb der Fanpage untersagt.

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Die Aufsichtsbehörde für die katholische Kirche in Bayern teilt die Auffassung des BfDI und erlässt gegenüber den Bayerischen Bistümern möglicherweise bald auch ein Verbot.

Der BfDI geht gewissermaßen stellvertretend für alle Behörden, Unternehmen und Kirchen vor, denn für alle gilt das Datenschutzrecht der DSGVO. Weil Facebook technisch nicht anders funktioniert als Twitter, Instagram, TikTok und LinkedIn, gilt für diese Angebote rechtlich dasselbe wie für Facebook. Lediglich für Mastodon, einen Dienst, der dezentral von vielen Anbietern betrieben wird, sieht es rechtlich anders aus.

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Vorwurf des BfDI stützt sich auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes

Der Vorwurf des BfDI stützt sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die Datenschutzbehörden gehen auf dieser Grundlage davon aus, dass die Betreiber der Fanpages gemeinsam mit Anbietern wie Facebook für die Verarbeitung der Besucherdaten der Facebook-Seiten verantwortlich sind.

Dass die "Cookie-Banner" nach der Aufsichtsmeinung nicht alle erforderlichen Informationen nach der DSGVO enthalten, dass eine Datenverarbeitung in den USA stattfindet und dass Fanpage-Betreiber den Betrieb der Fanpage als Mitverantwortliche nicht prüfen können, sind die konkreten Gründe dafür, warum die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Facebook-Fanpages rechtswidrig sein soll.

Der Regierungssprecher muss seine Fanpage allerdings dann nicht einstellen, wenn er fristgemäß gegen den Bescheid aus Bonn klagt. Wie alle Behördenentscheidungen können auch die von Datenschutzaufsichtsbehörden gerichtlich überprüft werden. Wenn sie rechtswidrig sind, werden sie aufgehoben. Solange der Bescheid des BfDI aus dem Februar 2023 nicht rechtskräftig, also mit Rechtsmitteln nicht mehr angreifbar ist, ist der Betrieb der Fanpage der Bundesregierung rechtlich nicht abschließend geklärt. Der BfDI kann sein Verbot gegenüber der Behörde nicht vollziehen, bevor seine Entscheidung rechtskräftig ist.

Entscheidung im Fall kann lange dauern

Bis der Fall gerichtlich zu Ende entschieden ist, kann es lange dauern. Schon 2011 hatte die Landesdatenschutzbehörde in Schleswig-Holstein gegenüber einer landeseigegen Wirtschafsakademie angeordnet, deren Fanpage stillzulegen. Die Klage führte durch alle deutschen Instanzen bis zum EuGH und wieder zurück.

Die Datenschutzbehörde bekam nach zehn Jahren vor Gericht recht. Die Wirtschaftsakademie betreibt ihre Fanpage aber auch noch heute. Das lässt sich damit begründen, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse und die Rechtslage seitdem verändert haben und man alles neu prüfen muss.

Meta führt Abos für Facebook und Instagram ein

Weil die Werbeeinnahmen jüngst zurückgegangen sind, plant der Facebook-Konzern Meta die Verluste mit einem Abo-Geschäftsmodell auszugleichen - zunächst jedoch nur in Australien und Neuseeland.

Der Regierungssprecher kann mit einer Klage nun eine erneute Prüfung veranlassen. Vor diesem Hintergrund können Unternehmen, Behörden und Kirchen ihre Social-Media-Seiten jetzt schließen, wenn sie sich der Meinung des BfDI anschließen. Sie müssen das aber nicht. Das Urteil aus Schleswig-Holstein gilt nur im Verhältnis der dortigen Aufsichtsbehörde und der damals klagenden Akademie.

Solange eine für andere Verantwortliche zuständige Datenschutzbehörde diesen gegenüber kein gerichtlich nicht mehr angreifbares Verbot ausgesprochen hat, können deren Fanpages nicht stillgelegt werden. Wenn die Bundesregierung klagt, kann es lange dauern, bis der Fall gegen den BfDI entschieden ist. Andere behördliche Verbote sind, soweit ersichtlich, noch gar nicht ausgesprochen. Ob Fanpages, wenn über die Klagen entschieden ist, überhaupt noch ein relevanter Kommunikationskanal sind, weiß heute niemand.

Verwendete Quellen:

  • Katholisch.de: Katholische Datenschutzaufsicht Bayern verbietet Facebook-Fanseiten
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