Nach dem schweren Unfall von Jules Bianchi mehren sich die Stimmen, die eine Cockpithaube für Formel 1-Wagen fordern. Ehemalige Piloten sprechen sich für diese Sicherheitsmaßnahme aus, technisch wäre es zudem einfach zu realisieren. Trotzdem äußern sich die Verantwortlichen skeptisch.

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Erstmals experimentierte die FIA im Jahr 2009 nach einem Unfall von Felipe Massa mit Cockpithauben. Damals schlug dem Brasilianer eine Sprungfeder des Boliden seines Landsmannes Rubens Barrichello bei vollem Tempo auf das Visier seines Helmes. In den darauffolgenden Jahren kam das Thema immer wieder nach schwereren Unfällen auf, wurde jedoch nie verwirklicht.

Formel-1-Fahrer begrüßen die Cockpithaube

"Geschlossene Cockpits müssen die Zukunft sein", sagte Michael Schumacher bereits 2012 dem "Motorsport-Magazin". Der Rekord-Weltmeister verwies darauf, dass die Cockpitöffnung den Kopf als einzigen Körperteil schutzlos lasse. Fernando Alonso wurde diese exponierte Stellung fast zum Verhängnis, als Roman Grosjean beim Großen Preis von Belgien mit seinem Auto nur knapp Alonsos Kopf verfehlte.

Sein ehemaliger Kollege Christian Klien fährt inzwischen in der französischen Le-Mans-Serie, wo sich die geschlossenen Cockpits seit einigen Jahren durchgesetzt haben. Der Österreicher gab zwar bei "ServusTV" zu, dass die Sicht im Vergleich zum offenen Cockpit eingeschränkt sei, "aber ich würde schon sagen, dass es sicherer ist." Als Beispiel gibt er den Unfall des Le-Mans-Piloten Loic Duval an, der nach einem Überschlag in eine Mauer einschlug. "Da hilft ein geschlossenes Fahrzeug schon".

Verantwortliche sträuben sich

Trotz des Zuspruchs der Fahrer sträuben sich die Verantwortlichen gegen die Neuerung. Vor allem Motorsport-Puristen ist der neue Look der Formel 1-Boliden ein Dorn im Auge, die seit jeher mit offenem Cockpit und freistehenden Rädern fahren. Auch Sebastian Vettel gab 2012 dem "Motorsport-Magazin" gegenüber zu, kein Fan davon zu sein, "weil es nicht schön aussieht".

Außerdem wird der Mehrwert an Sicherheit für die Piloten angezweifelt. Wie "motorsport-total.com" berichtet, spielte Red-Bull-Teamchef Christian Horner die verbesserten Sicherheitsbedingungen der Cockpithaube herunter und behauptete, beim Unfall von Fernando Alonso habe die Schutzvorrichtung auch nicht geholfen. Unterstützung erhielt er dabei von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und den Teamchefs von McLaren und Mercedes.

Wie viel mehr Sicherheit ein geschlossenes Cockpit wirklich bieten würde, vermag auch Rob Smedley nicht zu sagen. Der Performance-Ingenieur von Williams gibt auf "formel1.de" an, er wisse nicht, ob eine Haube bei Bianchis Unfall einen Unterschied gemacht hätte: "Wir wissen nicht, wie stark die Autos bei dieser Art Unfall sind."

Einführung wäre technisch kein Problem

Trotzdem hält er eine Einführung für leicht realisierbar: "Aus technischer Sicht ist das sehr einfach umzusetzen. Wir haben uns das in den Meetings der Technischen Arbeitsgruppe schon oft angesehen." Auch mit dem neuen Aussehen der Rennwagen hätte der Ingenieur kein Problem: "Ob es ein ästhetisches Argument gibt, ist nicht mein Problem, aber vielleicht für andere Leute".

Eine Einführung der Cockpithaube scheint trotz Bianchis Unfall also noch nicht in Sichtweite sein. Zu groß scheint der Widerstand gegen das neue Aussehen der Boliden und zu unsicher das Plus an Sicherheit für die Fahrer durch die Abdeckungen. Wenig Hoffnung macht dabei auch die zurückhaltende Aussage von Alex Wurz, dem neuen Chef der Fahrergewerkschaft GPDA: "[…]alle Fahrer sind der Meinung, dass die Angelegenheit untersucht und diskutiert werden muss, aber wir sollten keine Rückschlüsse ziehen, solange wir nicht alle Beweise und Informationen vorliegen haben."

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