Die Methankonzentration in der Atmosphäre steigt schnell. Doch woher kommt es und vor allem: Wie kann der Ausstoß vermindert werden?

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Beim Klima denken alle meist an Kohlendioxid. Die Konzentration von Methan, dem zweitwichtigsten Treibhausgas, steigt jedoch wesentlich schneller an. Forscher rätseln noch über die Gründe für den Anstieg.

Ursachen für den starken Methananstieg

Die Methan-Konzentration in der Atmosphäre lag 2022 um mehr als das 2,5-Fache höher als vor der industriellen Revolution, wie die Weltwetterorganisation (WMO) berichtet - beim Haupttreibhausgas Kohlendioxid ist es das 1,5-Fache. Forscher haben Hinweise darauf, dass dies nicht nur am Energieverbrauch und der Landwirtschaft liegt, sondern mit der Erderwärmung vermehrt Methan aus Feuchtgebieten aufsteigt. Methan (CH4) ist, für einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet, rund 85-mal so klimawirksam wie Kohlendioxid (CO2).

Für den starken Methananstieg seit 2007 nennt die WMO zwei wahrscheinliche Ursachen. Messdaten "deuten darauf hin, dass steigende CH4-Emissionen aus Feuchtgebieten in den Tropen und aus anthropogenen Quellen in den mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre die wahrscheinlichen Ursachen für diesen jüngsten Anstieg sind." Beim menschengemachten CO2 nennt die WMO sowohl die Energiegewinnung durch Kohle, Öl und Gas als auch die Landwirtschaft.

Methanzuwachs wahrscheinlich von tropischen Feuchtgebieten

"Es deutet vieles darauf hin, dass der Klimawandel der Hauptgrund für den Methanzuwachs der letzten Jahre ist", sagt Thomas Kleinen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie mit Blick auf den Ausstoß aus natürlichen Quellen. "Die meisten chemischen Prozesse laufen bei Wärme schneller ab", das gelte auch für Mikroorganismen, die Methan produzieren. "Daher kann schon bei geringer Erwärmung eine starke Steigerung der Methanproduktion einsetzen." Zugleich gebe es andererseits aber eine höhere Aufnahme des Treibhausgases CO2 durch Pflanzen.

Zudem sei es tatsächlich sehr wahrscheinlich, dass der Methanzuwachs seit Mitte der 2000er Jahre vor allem von den tropischen Feuchtgebieten kommt. "Wir können das aber schwer messen", sagt Kleinen. "Regenwälder sind oft schlecht zugänglich."

Setzen Permafrostregionen auch Methan frei?

Auch die Permafrostregion könnte nach Befürchtungen vieler Experten einmal große Mengen Methan freisetzen. Ob das schon begonnen hat, ist unklar. Im Permafrost sind riesige Mengen an Pflanzenresten eingefroren, damit also sehr viel Kohlenstoff. Taut er auf, so können aus dem Kohlenstoff (C) der Pflanzen die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) oder Methan (CH4) entstehen. Letzteres wird unter Luftabschluss von Bakterien gebildet. Das geschieht auch in den Mägen von Rindern und Schafen, auf Mülldeponien oder in Reisfeldern.

Mit der sich erwärmenden Arktis taue der Permafrostboden vielerorts zunehmend auf und werde wärmer, sagt Guido Grosse, Leiter der Sektion Permafrostforschung am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam. "Das sehen wir schon länger."

Inzwischen gebe es aber auch punktuell Daten zum erhöhten Methanausstoß. "Wir haben bei verschiedenen und häufiger auftretenden Tauprozessen in der Arktis mehr Methan gemessen." Der Boden werde von vielen Ereignissen beeinflusst, etwa Seewachstum, Waldbrände, Taurutschungen, Kollaps von Permafrostmooren und Küstenerosion. Studien zeigten, dass sie häufiger auftreten und zu schnellerem Auftauen des Permafrosts führen. "Bei all diesen Prozessen wird alter Kohlenstoff aus Permafrostböden mobilisiert und aufgetaut", so Grosse.

Methan entsteht bei feuchten Böden

Die zukünftige Größenordnung der Methanfreisetzung sei jedoch noch unsicher, sagt Grosse. Methan entstehe in der Arktis vor allem, wenn die Böden feucht sind, Kohlendioxid, wenn es trockener ist. "Wie die tauenden Permafrostböden der Arktis künftig sein werden, ist noch unklar und hängt von vielen Faktoren ab, die derzeit schwer vorhersagbar sind."

Die Permafrostregion umfasst etwa ein Viertel der Landoberfläche auf der Nordhalbkugel. Besonders in feuchten Gebieten der Tundra komme von je her natürlicherweise viel Methan aus dem Boden, betont Kleinen vom MPI für Meteorologie. Derzeit könne man in der Arktis zwar einen Anstieg der Methanemissionen messen. Es gebe aber nur wenige solcher Messungen und die Emissionen hingen stark von lokalen Bedingungen ab. "Aus den wenigen Messungen, die wir haben, Rückschlüsse auf die gesamte Arktis zu ziehen, ist schwierig. Die Frage ist, wie repräsentativ sind die Messpunkte", sagt Kleinen.

"Mir ist keine Studie bekannt, die nachweist, dass der Methanausstoß im Zuge des Klimawandels in der Permafrostregion bereits zugenommen hat", betont Torsten Sachs vom Geoforschungszentrum Potsdam. Bislang gebe es sehr wenige Messreihen von über zehn Jahren.

Studie: Methanemissionen aus Tundra-Feuchtgebieten

Sachs hatte mit Kollegen am Delta des Flusses Lena den Methanaustritt in der sibirischen Tundra zwischen 2002 und 2019 analysiert. Dort war es wärmer geworden und die Methanemissionen waren für Juni und Juli pro Jahr um 1,9 Prozent gestiegen. "Unseres Wissens nach liefern wir die ersten Beobachtungsnachweise für einen zunehmenden Trend frühsommerlicher Methanemissionen aus Tundra-Feuchtgebieten im Zusammenhang mit der Erwärmung der Atmosphäre", schrieb das Team 2022 im Journal "Nature Climate Change".

Sachs möchte die Studie jedoch keinesfalls als Beweis für ein Einsetzen zunehmender Methanemissionen in der Permafrostregion sehen. "Wir zeigen erhöhte Emissionen im Juni und Juli. Im August ändert sich nichts, im September ist es statistisch unklar und möglicherweise abnehmend. Für den Rest des Jahres fehlen uns ausreichend Daten." Dass sich im Frühsommer etwas verschiebe, bedeute noch nicht, dass auch auf Jahressicht mehr emittiert wird. Eine Fortsetzung der Messungen sei derzeit nicht möglich, da sein Team nicht nach Russland fahren könne und auch keine Daten mehr bekomme.

Sachs verweist auf eine weitere lange Messreihe einer Station in Alaska. Dort sei es von 1986 bis 2015 um 1,2 Grad wärmer geworden, es habe jedoch keinen zusätzlichen Methanausstoß gegeben.

60 Prozent des Methanausstoßes verursacht der Mensch

Nach Auskunft von Grosse ist der Permafrost der größte Speicher von Kohlenstoff an Land. "Man muss bei den menschengemachten Treibhausgasen stark auf die Bremse treten. Mit allem, was wir ausstoßen, sorgen wir dafür, dass mehr Permafrost taut und mehr des bisher eingefrorenen Kohlenstoffs freigesetzt wird."

Etwa 40 Prozent des Methanausstoßes stammen laut Weltwetterorganisation derzeit aus natürlichen Quellen. Rund 60 Prozent verursache der Mensch mit Rindern, Reisanbau, dem Abbau fossiler Brennstoffe, Mülldeponien und Biomasseverbrennung.

Was tun die Regierungen?

Auf Initiative der EU und der USA beschlossen zahlreiche Länder auf der Klimakonferenz von Glasgow 2021, den Ausstoß an Methan von 2020 bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Das Vorhaben soll die Erderwärmung bis 2050 um mindestens 0,2 Grad vermindern. Rund 150 Staaten, die mehr als die Hälfte des menschengemachten Methans ausstoßen, sind dieser Vereinbarung, dem Global Methane Pledge (GMP), laut Internationaler Energie-Agentur bis Anfang 2023 beigetreten. Es fehlen unter anderem jedoch der weltweit größte Methan-Emittent China sowie Indien und Russland.

China legte Anfang November 2023 einen eigenen 14-seitigen Plan zur Methanreduktion vor. Er ist jedoch sehr unkonkret. EU-Parlament und -Länder vereinbarten Mitte November, die Regeln für die Öl-, Gas- und Kohleindustrie zu verschärfen - mit einem festen Zeitplan.

"Insgesamt hat das Global Methan Pledge es geschafft, Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten", sagt die Klimareferentin der Organisation Germanwatch, Thea Uhlich. Tatsächlich verweisen die USA und die EU in einem gemeinsamen Schreiben auf viele neue internationale Initiativen und Fördergelder. Bei der Klimakonferenz in Dubai (30.11 bis 12.12.) werden neue GMP-Initiativen erwartet.

"Letztendlich zählt aber natürlich, ob das GMP zu tatsächlichen Methanreduktionen führt, die nicht auch ohne es entstanden wären", sagt Uhlich. Für eine Bewertung sei es noch zu früh. Bill Hare, Chef der Organisation "Climate Analytics" verweist darauf, dass das GMP-Ziel ohnehin nicht ausreiche, um die Erderwärmung wie im Abkommen von Paris anvisiert, auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu seien global 34 Prozent Reduktion bis 2030 nötig.

Landwirtschaft Deutschlands ist größte Methanquelle

Deutschland hat seine Methanemissionen laut Umweltbundesamt (Uba) von 1990 bis 2022 bereits um 66 Prozent reduziert. Das sei vor allem auf eine drastische Verringerung im Energie- und Abfallbereich zurückzuführen, etwa die Einstellung der Steinkohleförderung. Grubengas wird abgesaugt und genutzt, und auch aus Mülldeponien entweicht weniger Gas. Wichtig seien hier etwa die Abfalltrennung und Biogasnutzung gewesen.

Mit fast 76 Prozent sei die Landwirtschaft in Deutschland derzeit die größte Methanquelle, wobei die Rinderhaltung den Großteil stelle. Dort sieht Ann-Sophie Katte vom Umweltbundesamt auch den größten Hebel für Bürger: eine pflanzliche Ernährung mit weniger Produkten von Rindern und anderen Wiederkäuern. "Weitere Stellschrauben können der Kauf von biologisch erzeugten Produkten sowie die Vermeidung von Lebensmittelabfällen sein."

Der Nassreisanbau mache acht Prozent der weltweiten menschengemachten Methanemissionen aus. "Da die Methan-Emissionen im Reisanbau im Vergleich zu der Fleisch- und Milcherzeugung niedriger sind und die Verzehrmenge von Reis pro Kopf in Deutschland recht gering ist, werden zurzeit keine Empfehlungen zum Verzehr von Reis gegeben", sagt Katte. (Simone Humml, dpa/mak)

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