Das Vertrauen in die Politik und die Automobilindustrie im Umgang mit dem Diesel-Skandal ist unter den betroffenen Diesel-Besitzern ohnehin nicht wohlgelitten. Nun sorgt ein Brief mit fragwürdiger Textpassage für neue Verstimmung.

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Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) gerät wegen eines Briefs an Besitzer älterer Diesel zu Preisnachlässen für den Kauf sauberer Wagen zunehmend in die Kritik.

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Der Autofahrerclub ADAC bemängelte, dies führe "bei vielen Empfängern zu erheblichen Irritationen", da für weitere Fragen nur Kontaktdaten dreier deutscher Hersteller genannt würden.

Eine neutrale Beratung zur Ausgestaltung von Prämien und die Möglichkeit zu Vergleichen seien damit nicht gewährleistet, heißt es in einem ADAC-Schreiben an den Vorsitzenden des Beirats beim KBA, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Das KBA hatte geschrieben, wer die Umtauschprämien in Anspruch nehme, leiste "einen wirksamen und maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung der Fahrzeugemissionen und zu einer Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten". Zudem wurde auf Hotlines der Hersteller BMW, Daimler und VW verwiesen.

Das Kraftfahrtbundesamt ist dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur unter der Führung von Verkehrsminister Andreas Scheuer unterstellt. Scheuer steht nach dem wirkungslosen Diesel-Kompromiss mit den Herstellern massiv in der Kritik.

Vorwurf: Politik lässt nötige Distanz vermissen

Auch die Verbraucherzentralen hatten kritisiert, die Hinweise des KBA auf "Umtauschaktionen" von BMW, Daimler und VW ließen "nötige Distanz zur Industrie vermissen".

Grüne und FDP sehen das KBA-Schreiben ebenfalls äußerst kritisch. "Die Autohersteller scheinen einen neuen Vertriebspartner gefunden zu haben", sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn dem "Handelsblatt" (Samstag). Das sei inakzeptabel für eine Behörde, die zur Neutralität verpflichtet ist.

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic betonte, es sei nicht Aufgabe des Staates, Reklame für die Autoindustrie zu machen. "Mit diesem Werbebrief macht sich Verkehrsminister Scheuer zum Autohändler."

Das Bundesverkehrsministerium verteidigte die Briefe dagegen als "reines Informationsschreiben". Darin heißt es auch: "Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, sich auch bei anderen Herstellern über laufende Umtauschaktionen zu informieren."

Extra-Rabatte für den Kauf sauberer Wagen gehören zu einem Paket mit neuen Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Diesel-Fahrverbote in 15 Städten mit besonders hoher Luftverschmutzung vermeiden will.

ADAC: Briefe untergraben Vertrauen

Der ADAC warnte nun, viele Betroffene verstünden die Briefe des KBA als "einseitige Werbeaussage zugunsten der genannten Hersteller" - einige sogar so, dass man drohende Fahrverbote nur durch Umtausch des Autos bei BMW, Mercedes oder VW vermeiden könne.

Nach Schilderungen von ADAC-Mitgliedern führe es zu einer "Erosion in das Vertrauen staatlicher Einrichtungen", wenn sie als "Vorfeldeinrichtungen von Automobilherstellern auftreten". Bei verbleibenden Briefen solle das KBA daher "neutral über Maßnahmen aller Hersteller" informieren.

Der Beirat beim KBA war erst im Sommer eingerichtet worden, um Verbraucher- und Umweltinteressen stärker zu berücksichtigen. (dpa/mwo)

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