Er war erfolgreicher Musiker, Konzertveranstalter und schon Mitte 20 Millionär. Doch Detlef Kowalewski landete wegen Kokain-Handesl im Gefängnis und brach mehrmals aus. Reue zeigt er in "Jenke.Crime" nicht. Dafür jede Menge Egoismus.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Auf den ersten Blick könnte "Jenke. Crime." einfach eine weitere Talkshow sein. Der Journalist, der sich bei RTL vor allem einen Namen damit machte, an sich selbst Experimente durchzuführen, sitzt an einem Tisch, an seiner Seite Detlef Kowalewski, lange, graue Haare, ein ebensolcher Vollbart. Aber mit "Jenke. Crime." versucht sich der zu ProSieben gewechselte Jenke von Wilmsdorff nicht etwa an einer normalen Gesprächsrunde, sondern an einem Real-Krimi-Format. "True Crime" nennt sich das heutzutage, ein Genre, das diverse Streaming-Anbieter und Podcasts bereits im regelmäßigen Turnus bedienen.

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Auch "Jenke. Crime." geht bereits in die zweite Staffel und tritt das schwere Erbe an, den Sendeplatz von ProSiebens Quoten-Garant "Wer stiehlt mir die Show?" zu übernehmen. Den Auftakt in der ersten Folge macht Detlef Kowalewski, "der Kokain-König von Köln", wie ihn die Boulevardpresse Ende der Achtzigerjahre betitelte.

Kowalewskis Geschichte ist durchaus spektakulär: Mit Mitte 20 ist er bereits Millionär, führt einen eigenen Club und tourt mit seiner Hardrock-Band quer durch Europa. Zur Musikerszene in den Achtzigerjahren gehören für ihn Drogen, täglich konsumiert er mehrere Gramm Kokain. Das verteilt er nebenbei für den Einkaufspreis an Bekannte. Das wird ihm schließlich zum Verhängnis: Die Polizei verhaftet ihn, Kowalewski wandert ins Gefängnis.

"Jenke. Crime": Der Ausbruch aus dem sichersten Gefängnis Europas

"Mich hält keiner auf" - das behauptet der willensstarke Ausbrecher-König Detlef Kowalewski über sich selbst in "Jenke. Crime". Auch nach seiner zweiten Festnahme will er schon bald wieder die Freiheit genießen, doch dieses Mal verlangt der Ausbruch eine deutlich bessere Planung. © ProSiebenSat.1

Detlef Kowalewski: "Weil's mir da nicht gefallen hat"

Viel Reue zeigt er in "Jenke. Crime." nicht. Die Show hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, warum Verbrecher so handeln, wie sie handeln. Bei Detlef Kowalewski trifft Jenke von Wilmsdorff auf einen besonders sturen Fall. Angst habe er generell nie gehabt, erklärt der Verbrecher immer wieder. Gedanken mache er sich sowieso nie und seine Strafe "nehme er nicht an". Er beschwert sich sogar bei dem damals ermittelnden Kölner Polizeibeamten Dieter Beutel, ob sie bei seiner Verhaftung nicht hätten klingeln können - anstatt seine Tür einzutreten.

Außerdem besitzt Kowalewski einen ausgeprägten Freiheitssinn, was dazu führt, dass er kurze Zeit nach seiner Verurteilung bereits aus der JVA Ossendorf in Köln flieht. Die Begründung: "Weil’s mir da nicht gefallen hat." Dazu fällt auch Jenke von Wilmsdorff nichts ein. Stattdessen flieht der Gitarrist samt seiner Frau und drei Kindern nach Amsterdam und taucht dort unter. Leid tut ihm nichts. Stattdessen ist nicht zu übersehen, dass er stolz darauf ist, die Polizei an der Nase herumgeführt zu haben.

"Extrem narzisstisch" und als "Rücksichtslos"

Auch hier wird er wieder geschnappt, landet in einem neuen Hochsicherheitsgefängnis. Nach nur wenigen Wochen entwischt er erneut. Wie in einem Film feilt er 1990 die Eisenstäbe seiner Fenster durch und seilt sich mit seinem Bettlaken ab. Im angeblich zu dieser Zeit sichersten Gefängnis Europas. In einem Einspielfilm vor Ort erklärt Kowalewski ganz genau, wie er es angestellt hat. Die Expertinnen im Studio sind nicht beeindruckt. Sie halten ihn stattdessen für "extrem narzisstisch" und "rücksichtslos". Der Ausbrecher-König denkt ganz anders von sich. Er habe "starke Nerven und einen starken Charakter". "Mich hält niemand auf!", erklärt er im Studio selbstbewusst.

Das beweist seine nächste Aktion: Er kauft eine Yacht samt Crew und segelt mit der Familie über den Atlantik nach Brasilien. Obwohl er vorher noch nie auf See war und etliche Gefahren lauern. Seine Frau fragt er nicht weiter: "Das war mein Entschluss." Die Kriminalforensikerin im Studio sagt nur: "Das ist fahrlässig."

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"Ich war damals ein Arschloch."

So richtig durchdringen mag zu dem verurteilten Verbrecher in dieser Folge von "Jenke. Crime." niemand. Wie auch? Detlef Kowalewski ist sich keiner Schuld bewusst. Mit dem Polizeibeamten Dieter Beutel ist er heute befreundet, dieser bewundert ihn sogar für seine Entschlossenheit. Das Kreuzverhör von Jenke und seinen Expertinnen prallt an Kowalewski ab. Eine Chance zu ihm durchzudringen hätten wahrscheinlich seine Ex-Frau und die drei Söhne gehabt. Die wollen sich in "Jenke.Crime" aber nicht zu ihm äußern. Stattdessen erscheint Cheryl Diamond im Einspieler, die eine ähnliche Kindheit verbrachte. Ihr Vater veruntreute zwei Millionen Dollar, Diamond wurde geboren, als die Familie bereits auf der Flucht war. Erst mit 24 Jahren konnten sie sich vom Vater befreien. Der Kommentar von Kowalewski: Das habe nichts mit seiner Geschichte zu tun.

Eine wirkliche Läuterung wird man von dem Musiker, der zum Dealer und Ausbrecher wurde, in der ersten Folge von "Jenke.Crime" nicht zu hören bekommen. Nur eine erste wirkliche Regung: Angst. Als er sich in Brasilien mit einem Drogenkartell einlässt, landet er im Gefängnis. Die Grausamkeiten dort, lassen ihn schnell wünschen, er wäre in seiner gemütlichen Zelle in Köln Ossendorf geblieben. "Ich musste was lernen", sagt er danach. "Ich war damals ein Arschloch." Immerhin ein wenig Reue und sei es nur aus Angst vor einem Drogenkartell. Heute lebt er mit seiner neuen Familie auf den Azoren. Seine Ex-Frau und seine drei Söhne haben den Kontakt zu ihm abgebrochen. Nach Kowalewski Auftritt in "Jenke.Crime" kann man es ihnen nicht verübeln.

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