Aufgewärmt ist bekanntlich nur ein Gulasch gut. Und dennoch meinte RTL seinen satirischen Rückblick "7 Tage, 7 Köpfe", der aber eigentlich schon damals mehr fassungslos als fidel und vergnügt machte, wieder in Position bringen zu müssen. An der Seite von Guido Cantz, der beim Revival quasi den Busse gibt, mussten in der ersten Ausgabe der Neuauflage Mirja Boes, Kaya Yanar, Larissa Rieß, Torsten Sträter, Chris Tall und "7 Tage, 7 Köpfe"-Veteran Bernd Stelter ihre Pointen ablesen.

Eine Kritik
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Es gab damals richtig viele Menschen, die ihre Körper vorfreudigst in die Sitzgarnitur knallten, wenn "7 Tage, 7 Köpfe" am Programm stand. Dies, um Rudi Carrell, Mike Krüger, Gaby Köster oder Bernd Stelter dabei zuzusehen, wie sie Gags vom Blatt lasen und versuchten, so natürlich wie möglich über die oft fast schon traurigen Pointen der anderen zu lachen, was in der Regel ohnedies nicht klappte.

Überraschenderweise fand dieses Bundle dennoch längere Zeit großen Anklang. Erst im Jahr 2005 – also nach knapp zehn Jahren – tauchte die Quote unter die 10 Prozent, woraufhin Rudi Carrell, Mastermind der Show, das Handtuch warf.

Rudi Carrell feuerte einst Karl Dall

Das Format, in dem Jochen Busse immer den Moderator mimte und versucht wurde, das Geschehen der Woche satirisch aufzubereiten, lebte aber zu einem beträchtlichen Teil von seinen "Running Gags" und alternierenden Gästen. Carrell etwa witzelte am laufenden Band über die Nase von Mike Krüger, der wiederum keine Gelegenheit ausließ, sich über Carrells Alter und die Holländer mit ihren Wohnwägen lustig zu machen.

Zu den wechselnden Gästen zählten beispielsweise FC Bayern-Legende Sepp Maier, "Tote Hosen"-Barde Campino, worüber man sich heute noch wundern muss, sowie Politiker Gregor Gysi und Komiker Karl Dall, den Carrell jedoch bald wieder feuerte. Dall begann nämlich dann und wann zu improvisieren, was der Holländer jedes Mal absolut Käse fand. In Carrells Formaten hatte bekanntlich alles stets präzise nach Drehbuch abzulaufen.

Urgestein Bernd Stelter mit an Bord

Wie gesagt: Aufgewärmt ist ja an sich nur ein Gulasch gut. RTL ließ es sich dennoch nicht nehmen, das Format nach Jahren ein weiteres Mal mit neuer Besetzung ins Spätabendprogramm zu stellen. Mit neuer Besetzung? Nicht ganz. Neben Mirja Boes, Larissa Rieß, Kaya Yanar, Torsten Sträter und Chris Tall rekrutierte der Sender auch "7 Tage, 7 Köpfe"-Veteranen Bernd Stelter, was so manchen Aficionado von einst freuen dürfte.

Moderiert wird das Revival von Guido Cantz, der einem beim Switchen auch wieder relativ häufig begegnet und offenbar schwer "Nein" sagen kann. Anders als früher, wo sich neben der Stammformation immer nur ein zwei Gäste durch die letzte Woche witzelten, plant der Sender, die Besetzung regelmäßig zu wechseln.

Obligater Blick ins Dschungelcamp

"Deutschlands lustigster Wochenrückblick ist wieder da", versuchte sich ein nervöser Moderator Guido Cantz am Donnerstagabend zu Beginn von der mutigen Seite zu zeigen, ehe er schnurstracks ins südafrikanische "Dschungelcamp" abbog. "Larissa, wie hat’s dir gefallen?", wollte Cantz eingangs von Rieß wissen. "Bei der Hälfte von denen muss man sich ja Sorgen machen, dass ihr Gesicht am Lagerfeuer schmilzt", gab die TV- und Hörfunkmoderatorin einen ersten Ausblick, wohin die Reise in Sachen Humor in den nächsten Wochen so gehen wird. Immer wieder auch Thema natürlich: Modedesigner und Dschungelcamper Harald Glööckler. "Ich war, bin und bleibe 'Team Harald'. Der hat bei den Essensprüfungen keine Miene verzogen. Ja wie auch?", feixte Comedian Chris Tall über Glööcklers Botox-Affinität.

Die Ankündigung der Handelsketten, beim Fleischsortiment künftig mehr auf Haltungsformen und Gesundheit achten zu wollen, beamte die sieben Köpfe gleich in die 2000er-Jahre zurück, in denen Jokes über Vegetarier noch keinen so arg langen Bart hatten. "Ich esse nichts, was ein Gesicht hat. Aber speziell in Hack verteilt sich das ja ganz gut", kalauerte Torsten Sträter, der sich wieder einmal auf einer Live-Bühne wähnte und auf jede Art von Natürlichkeit pfiff. "Bei uns am Niederrhein gab’s maximal 'Stallhaltung plus' – und da rede ich von den Kinderzimmern. In meinem Zimmer war es so dunkel, dass ich morgens das Licht anmachen musste, um zu sehen, ob ich schon aufgestanden bin oder noch im Bett lieg", brachte sich jetzt auch Mirja Boes ein. Stets omnipräsent: die enervierenden, eingespielten Lacher nach jeder noch so miesen Pointe.

Stelter versteht Impfgegner nicht

Traditionalist Stelter, mit dem Teleprompter offenbar weniger vertraut als mit Gedächtnislücken, musste sich auch in der Neuauflage vom Spickzettel helfen lassen, der ihn am Donnerstag etwa daran erinnerte, dass jetzt das Thema "Corona" an der Reihe sei: "Ich lass mir auch meinen Optimismus nicht nehmen. Irgendwann wird die Krise vorbei sein. Dann werden wir uns in den Armen liegen und sagen: 'Mann, Mann, Mann, was waren das für bekloppte zwölf Jahre", so das "7 Tage, 7 Köpfe"-Urgestein, das offenbarte, auch Impfgegner nicht verstehen zu können. "Wer Tote erweckt, der kann auch Lebende retten", vertraute der 60-Jährige auf das Vakzin des Viagra-Herstellers Pfizer.

An einem Abend, an dem kaum etwas den Anschein erweckte, ansatzweise natürlich daherzukommen, durfte gegen Ende auch noch Kaya Yanar ran, um – Überraschung – den Türken zu geben. Konkret: Den türkischen Gemüsehändler, der mit den Corona-Verordnungen so seine Problemchen hat. Er finde es seltsam, Telefonnummer und andere Daten einholen zu müssen, sobald ein Kunde eine Aubergine bei ihm angreift. "Und den Impfstoff von Biontech, den haben zwei Türken erfunden. Wahnsinn, vor 20 Jahren haben wir Stoff noch auf Straße verkauft", so "der Gemüsehändler" stolz. Naja.

Zugutehalten muss man der Neuauflage von "7 Tage, 7 Köpfe", dass dabei die Zeit wie im Flug vergeht, weil die Show mit lediglich 45 Minuten nur herrlich kurz dauert. Vor dem Hintergrund von Formaten wie "Schlag den Star", der "Jauch-Gottschalk-Schöneberger-Show" oder den "Joko & Klaas"-Marathons, die "Ben Hur" und "Vom Winde verweht" als Kurzfilmchen dastehen lassen, ein Wimpernschlag. "Das Programm von RTL ist ja schon grausam genug. Aber was da bei '7 Tage, 7 Köpfe' läuft, ist eine gigantische mediale Katastrophe" übertrieb jemand auf Twitter ein klein wenig. Ein echter Comedian würde dem Format wohl ganz guttun, aber vermutlich werden dort schon bald die Köpfe von Ilka Bessin, Carolin Kebekus, Johann König & Co. auftauchen. Wurscht, viel übler kann’s nicht werden.

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