Das Spitze muss ins Runde: ProSieben veranstaltete am Samstagabend seine zweite "Promi Darts WM". Grund kann nur der aktuelle Darts-Hype gewesen sein, denn mit guter Fernsehunterhaltung hatte das so überhaupt nichts zu tun. Ein selbst für Dart-Fans demütigender Abend.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Da stehen sie also. Endlich. Nach nicht enden wollenden fünf Stunden können sich Martin Schindler und Marcel Scorpion seit dem Morgen um kurz nach 1:30 Uhr Promi-Darts-Weltmeister 2018 nennen.

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"Martin Hä" und "Marcel Wer?" werden sich nun all diejenigen fragen, die weder Kenntnisse der deutschen Dart- noch Youtube-Szene zu ihren Kernkompetenzen zählen können.

Mit anderen Worten: Der Moment, in dem die beiden den WM-Pokal in den Mehrzweckhallenhimmel des Düsseldorfer Castello halten, hätte nicht unglamouröser und damit passender sein können.

Denn bis dahin war es für die Wettkämpfer ein langer und für den Zuschauer am Bildschirm ein quälend langer Weg.

Der begann am Abend zuvor mit den Titelverteidigern Tim Wiese und Darts-Profi Michael van Gerwen. Die beiden eröffneten die zweite "Promi Darts WM" gegen TV-Bekanntheit Fernanda Brandao und den frisch gebackenen Dartsweltmeister Rob Cross.

Aus der Kneipe auf den Bildschirm

Was die Zuschauer dann in den folgenden fünf Stunden zu sehen bekamen, war das, was man schon aus so vielen anderen ProSieben-Shows kennt: mit Werbung zugekleisterte B-Prominenz, die in öder Tristesse stundenlang um Fantasietitel kämpft.

Seit Stefan Raab seinerzeit die "Wok-WM" heraufbeschwor, jagt der Sender aus Unterföhring eine Absurd- oder Randsport nach der nächsten über den Bildschirm.

Seit einigen Jahren springt ProSieben dabei gerne auch auf ehemalige Kneipensportarten wie Poker oder eben Darts auf.

Immerhin liest sich bei der "Promi Darts WM" das Teilnehmerfeld zumindest auf der Seite der Dartspieler wie das Who is Who der Szene.

So waren mit Michael van Gerwen, Phil Taylor oder auch Gary Anderson weitere Dartweltmeister am Start.

Die prominenten Teilnehmer versprühten dagegen etwas weniger A-Format: Frank Rosin, Ruth Moschner oder H.P. Baxxter versuchten sich auf der Promi-Seite am Pfeile werfen.

Und wenn man den Kneipenbezug auch hier fortsetzen möchte, so waren mit Stefan Effenberg und Tim Wiese immerhin zwei Promis dabei, die man bei jedem Kneipenhandgemenge gerne auf seiner Seite weiß.

No Fan, no Fun

Das Prinzip der "Promi Darts WM" war dabei dem Anlass entsprechend simpel: Gespielt wurde in zwei Gruppen à vier Teams. Die jeweils beiden Gruppenbesten zogen in die Halbfinals ein, wo sie die Finalisten ermittelten.

Kommentiert wurde das Ganze von Elmar Paulke, der auch die echte Darts-WM 2018 vor ein paar Tagen begleitete.

Joko Winterscheidt hatte ebenfalls nichts anderes vor und moderierte das Spektakel vor mehr als 3.000 Zuschauern in Düsseldorf.

Was dabei heraus kam, war in allen Bereichen einfachste Fernsehunterhaltung. Denn zieht man einmal den aktuellen Hype um Darts im Allgemeinen und Rekordweltmeister Phil Taylor, der gerade seine Profi-Karriere beendet hat, im Besonderen ab, bleibt am Ende eine viel, viel, viel zu lange Veranstaltung, bei der mehr oder weniger bekannte Zeitgenossen Miniaturpfeile unkoordiniert auf eine Sisalscheibe schmeißen. Selbst als Dart-Fan dürfte das gestern nur schwer zu ertragen gewesen sein.

"Jetzt tut er so, als ob er rechnet"

Den Beteiligten kann man dabei aber noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn die haben einfach nur ihren Job gemacht.

Vor allem Kommentator Paulke gab sich redlich Mühe, dem Ganzen irgendeine Spannung herbei zu reden.

Das hätte vielleicht funktioniert, wenn die Profis ohne die Promis gespielt hätten. Brandao und Co. haben dem Wort "Streuung" jedenfalls eine ganz neue Dimension verliehen.

Zumindest passierte das Allerwenigste, was die Promis da gestern mit ihren Pfeilen veranstalteten, mit Absicht.

Lediglich dreimal konnte ein Prominenter ein Leg beenden. Man hätte den ganzen Rummel also genauso gut mit einem Münzwurf entscheiden können.

Und so blieb Elmar Paulke nichts anderes übrig, als über das Geschehen ein paar Darts-Infos für den Zuschauer zu streuen und zumindest sich selbst irgendwie mit mehr oder weniger witzigen Sprüchen bei Laune zu halten: "Wenn ich ihm schon in die Augen sehe. Er will's dem Brett so richtig besorgen", urteilt Paulke beispielsweise über H.P. Baxxter, der sein Dartspiel mit einem Nagelpistolenschießen zu verwechseln schien.

Und über den vermeintlich konzentriert dreinblickenden Tim Wiese mutmaßt Paulke: "Und jetzt tut er so, als ob er rechnet."

Ob man das nun lustig findet oder nicht: Es reichte nicht, um dem Ganzen irgendeinen Unterhaltungswert zu verleihen.

Seien wir als Zuschauer nach dem gestrigen Abend also einfach froh, dass ProSieben noch nicht Doppelkopf oder Tischkicker für sich entdeckt hat.

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