Heute startet dieser Wochenrückblick mit einem wütenden Plädoyer gegen die linksgrünversiffte Cancel Culture Phrenesie, die sich dieser Tage so geschmeidig über aufrechte Kämpfer für die Freiheit der Meinung ergießt wie sonst nur Puderzucker über Krapfen. Wie im Rausch aufgeputscht von ÖRR-alimentierten Woke-Wahnsinnigen und so genannten Journalisten aus den zahlreichen vom Mainstream in Geiselhaft genommenen und vom Bundeslügenpresseamt propaganda-gesteuerten Leitmedien ziehen sie mit ihren Mistgabeln der antilibertären Empörungsverwirrtheit durch die Straßen der Kommentarspalten.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Diskursteilnehmer, die nicht kritiklos und militärisch akkurat der Baerbock-Agenda folgen, werden vom arbeitsscheuen Echauffierungs-Tribunal umgehend als "Nazis" abgeurteilt. Ohne jedwede kognitive Brillanz und mitunter sogar von einer Art Linksbubble-Mob werden unbescholtene Vordenker in die rechte Ecke gestellt. So geschehen diese Woche bei Dieter Nuhr.

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Der Intellekt-Aristokrat, den viele für den Richard David Precht der Vorabendcomedy halten, hatte lediglich bei einer Art Symposium für das Abfeiern deckungsgleicher Mainstream-Verfolgungswahn-Neurosen von "einer machtvollen kleinen Elite" gesprochen, die Deutschland steuern würde. Gut, das sind Chiffre für Antisemitismus, denn das an Unkreativität und Unsinnigkeit kaum zu überbietende Radotieren von geheimen, dubiosen "Eliten" an den indirekten Steuerknüppeln der Welt ist genauso alt wie ermüdend. Und eben tagesgeschäftlicher Lieblingswortschatz von Verschwörungstheoretikern und Verfechtern der Legende einer kurz bevorstehenden Neuen Weltordnung.

Fließbandarbeit in der Denkfabrik

Nun sind es aber eben keine als links geltenden Comedians, ÖRR-Marionetten oder SPD- oder Grüne-Politiker, die sich dieses problematischen Vokabulars bedienen, sondern die Protagonisten einer neuen Denkfabrik für abgehalfterte Ex-Ministerinnen, intellektuell aussortierte Pseudojournalisten oder inhaltlich in den 50er Jahren hängen gebliebene Spaßmacher für Erdkunde-Lehrer, denen Mario Barth zu schrill ist. Und die haben natürlich – so ehrlich muss man sein – die wirklich originellsten Thesen zur Rettung der Welt. Die lauten nämlich in etwa: Die Woko-Haram-Clique manipuliert uns und will uns mit dem Werkzeug der Angst vor zu viel unangenehmen Auswirkungen des angeblich menschengemachten Klimawandels zu willigen Schlafschafen der BRD Diktatur GmbH machen.

Nur weil Dieter Nuhr dort in seinem geistigen Schutzraum unter Gleichgesinnten ein paar antisemitische Narrative bedient, ist direkt wieder Antisemitismus-Alarm bei der Gutmenschenfraktion von altmerkelistischen Kaderlinken. Da wird sich von den zumeist durch barbarische Zwangsgebühren finanzierte sogar über eine renommierte Top-Freiheitsjournalistin wie Anna Schneider echauffiert, nur weil sie jeden Tag acht Kolumnen raushaut, in denen dann immer dasselbe steht, nur halt mit immer anderen, selbst orchestrierten Beispielen illustriert und also jedenfalls gut genug für 1.400 Kommentare von weitestgehend flächendeckend stramm rechtsradikalen und antisemitischen Qualitätslesern.

Inzwischen – das muss man sich mal vorstellen – muss sich jemand wie Frau Schneider schon dafür kritisieren lassen, dass sie alle Linken doof findet (außer Sahra Wagenknecht), die SPD, die Grünen sowieso und neuerdings irgendwie auch die CDU. Und eigentlich auch noch die FDP. Jedenfalls zumindest die FDP von Gerhart Baum, die von Christian Lindner eventuell nicht ganz so sehr, aber schon durchaus mehr als noch vor der Bundestagswahl. Was dann noch an Parteien im Bundestag übrigbleibt, die dort dann vermutlich für gut und geeignet eingestuft werden, kann sich dann ja jeder mühelos selbst ausrechnen. Außerdem findet sie es doof, dass Linke Dieter Nuhr doof finden, weil Dieter Nuhr wirkt ja im Prinzip sehr schlau. Also, außer, wenn er sich öffentlich äußert. Aber privat soll er sehr … naja, egal.

Ich jedenfalls finde es unerträglich, dass ein freigeistiger Universalprophet wie Nuhr lediglich in seinem eigenen, nach ihm benannten, von ihm geschriebenen und von ihm vorgetragenen Altherren-Witze-Varieté in der ARD regelmäßig darüber reden darf, über was man heute gar nicht mehr reden darf. Kaum bei "Markus Lanz", selten bei "Hart aber fair", fast nicht existent bei "3 nach 9" - und nicht mal einen erfolgreichen eigenen Podcast. Dieter Nuhr wird für seine kritische Art von den Systemmedien eiskalt weggecancelt.

Frau Schneider nun dafür zu drangsalieren, dass sie in monatelanger Feinrecherche diese abscheulichen Machenschaften der Woke-Mafia seziert und sprachbelastend auseinandergenommen hat, ist der Sargnagel für die Meinungsfreiheit. Also jedenfalls die Meinungsfreiheit, in der jeder rechte Spinner nach rassistischen oder antisemitischen Verbalausfällen medienwirksam krakeelen kann, er würde seiner Meinungsfreiheit beraubt, wann immer er massiver Kritik an seinen schon seit Jahrzehnten über dem Verfallsdatum vor sich hinvegetierenden "Meinungen" ausgesetzt ist. Wer meine Meinung kritisiert, hat mich Nazi genannt.

Ähnliche Dynamiken beobachtet man beim Thema Klimawandel. Rechtsauslegende Medien, Journalisten und, naja, Personen des öffentlichen Lebens haben den Grabenkampf darum eröffnet, ob Elon Musk ein fehlerloser Messias ist oder sich mit Twitter verhoben haben könnte. In der deformierten Freiheits-Bubble ist man entzückt, denn schnell hat man erkannt, wie einfach man mit der Diskussion um das neue Musk-Twitter auf dem Social-Media-Schlachtfeld die ohnehin immergleiche eigene Agenda verlängern kann. Twitter oder Gesellschaft – die gebetsmühlenartig bei jeder Gelegenheit ausgepackten Empörungs-Reflexe bedienen dabei schnappatmend die gesamte "Das wird man jawohl noch sagen dürfen"-Klaviatur. Von Meinungsfreiheit über "Der Markt regelt das" bis hin zu Zensur und Neid. Diese niedrigschwellige und mitunter einschläfernd vorhersehbare Niveau-Agonie ist verständlich, denn bei dramatisch abstürzenden Print-Auflagen und -Erträgen ist die eigene Klischee- und Feindbild-Performance im Clickbait-Dschungel der Desinformation unterdessen zur Überlebensgrundlage geworden.

The Road Not Taken

Im faktenbefreiten Angst-Kampf um das Fortbestehen setzen einige Medien konsequent darauf, Elon Musk zu glorifizieren. Antisemitische Züge, arbeitsrechtliche Eskapaden (Sie erinnern sich? Dieter Nuhr? Zufall oder Chiffre?), Management-Chaos und Unternehmensführung nach Gutsherrenart – egal, da kann man mal ein Auge zudrücken. Insofern nicht überraschend, dass Medien, die früher die öffentliche Meinung noch redaktionsintern vorchoreografieren und in eine bestimmte Richtung lenken konnten, sich jetzt aber nach einer bemerkenswerten Serie von absoluten Fehleinschätzungen neu orientieren mussten. Am Scheideweg zwischen seriösem, objektivem Journalismus und Klicks von einer tiefbraunen Melange aus Querdenkern, Wissenschafts-Allergikern, Grünenhassern, AfD-Sympathisanten, Demokratiefeinden, Diktatur-Krakeelern, ÖRR-Verächtern und misogynen Kommentarspalten-Rambos haben sie sich für Letzteres entschieden. Das geschah – nur damit da keine anekdotische Romantik der verwirrten Schneeflöckchen entsteht – sehenden Auges und mit voller Absicht.

Diese Klientel muss man bedienen und setzt darum erneut alles auf eine Karte. Den vermeintlichen Joker Elon Musk. Ihm lässt man alles durchgehen. Nach all den Jahren, in denen man von Karl Theodor zu Guttenberg bis zu Armin Laschet konsequent auf das falsche Pferd gesetzt und dann auch noch rückwärts geritten ist, muss doch einfach irgendwann mal wieder ein Treffer gelingen. Ein Weltstar mit beispielloser, lupenreiner Karriere, der nicht aus dem Morast der Woke-Wahnsinnigen emporgestiegen ist. Der Phoenix aus der Libertär-Asche.

Gut, theoretisch gehört auch Brand-Safety zu einem erfolgreichen Konzept – zumindest, wenn man sich praktisch ausschließlich durch Werbung finanzieren muss. Im Zweifel alles auf die Moralapostel vom linksgrünversifften Cancel Culture Mob schieben, das findet man dann nicht problematisch, sondern lustig. Großkonzerne und Weltunternehmen, die inzwischen einen recht guten Sensor dafür entwickelt haben, was Hate Speech, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus angeht, sehen das (für Musk und den Axel Springer Verlag) offenbar anders.

Dort ist mittlerweile durchgesickert, dass die Fokussierung auf Reichweite um jeden Preis eben nicht ohne Quittung daherkommt. Man weiß, wie sehr es der eigenen Marke schaden kann, sich da zu einer Art Laissez-faire-Haltung hinreißen zu lassen. Es wird also ein spannender Kampf zwischen den Genies von der Denkfabrik und den Rummelplatz-Linken, denen es nur noch darum geht, irgendjemanden aus dem vermeintlich anderen Lager mithilfe seines Gefährten-Mobs in die Schranken zu weisen. Und dann den Gesamtsieg eingefahren zu haben, ruhig auch mal ohne lästige Fakten. Ob das gelingt? Ich verrate es kommende Woche hier.

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