• Roger Federer hat in der vergangenen Nacht an der Seite von Rafael Nadal seine Karriere beendet.
  • Trotz der Niederlage zum Abschluss gibt es danach eine Menge Emotionen und ein ganz besonderer Moment entsteht.
  • Federers Beliebtheit beruht auf mehreren Faktoren.

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Um 0:25 Uhr Londoner Zeit endete in der vergangenen Nacht eine der größten Sportler-Karrieren aller Zeiten. Ein letztes Mal trat Roger Federer in einem offiziellen Match auf dem Tennis-Court an. Im Rahmen des von ihm mitinitiierten Laver Cups spielte er sein Abschiedsmatch im Doppel an der Seite von Erzrivale und Freund Rafael Nadal in der Londoner O2-Arena.

Noch einmal zeigte Federer einige besondere Momente gegen die beiden US-Amerikaner Frances Tiafoe und Jack Sock. "Roger, Roger" hallte es nach jedem gewonnen Punkt des Duos "Fedal" durch die Arena, aber es sollte am Ende nicht zum Sieg reichen, obwohl Nadal und Federer das Match mit vollem Ernst antraten, schließlich galt es, trotz aller Abschiedsstimmung, noch einen Punkt für das Team Europa zu gewinnen.

Federer zu Ehefrau Mirka: "Du hast es mir erlaubt, immer weiterzumachen"

Aber nur Sekunden nach Ende des Spiels war das Ergebnis für Federer komplette Nebensache, denn die Emotionen übermannten den 41-Jährigen komplett. Er umarmte jeden seiner Tennis-Kollegen innigst und bekam von jedem noch ein paar Worte mit auf den Weg. Die Zuschauer auf den Rängen feierten ihn und vergossen ebenfalls die eine oder andere Träne. "Es hat sich wie eine Feier angefühlt und das war genau das, was ich wollte", sagte Federer im Interview nach dem Spiel mit Ex-Profi Jim Courier.

"Es war eine perfekte Reise. Ich würde es genauso noch einmal machen", erklärte der emotional sichtlich berührte Federer, der das Gespräch immer wieder unterbrechen musste. Als er auf seine Familie angesprochen wurde, dankte er insbesondere seiner Frau Mirka, eine ehemalige Tennis-Spielerin, die ihn immer habe spielen lassen. "Du hast es mir erlaubt, immer weiterzumachen", sagte er mit stockender Stimme.

Federer und Nadal weinen gemeinsam

Es schien der emotionale Höhepunkt zu sein, doch ein weiterer sollte noch folgen, denn Popstar Ellie Goulding sang anschließend noch zwei ihrer Hits und die Kameras zeigten ein ganz besonderes Bild: Federer und Nadal Seite an Seite auf der Spielerbank am Rande des Feldes und die beiden Ausnahmekönner lassen ihren Tränen freien Lauf. Die Zuschauer in der Londoner Arena erhoben sich noch einmal für Standing Ovations und verstärkten einen weiteren Gänsehaut-Moment beim Federer-Abschied.

Die Huldigung und Bewunderung für den Schweizer "Maestro" rührt, neben seinen sportlichen Erfolgen, vor allem in der Schönheit seines Spiels. Wohl kaum ein Spieler bewegte sich in seinen Hochzeiten so elegant über den Tennisplatz und schwang den Schläger technisch ähnlich perfekt wie Federer. Doch das Beeindruckendste war, dass Tennis bei ihm nur in ganz wenigen Momenten nach der harten Arbeit aussah, die es auf diesem Niveau zweifelsohne ist. Frag nach bei den Millionen Schweißtropfen, die Nadal auf den Tennisplätzen dieser Welt gelassen hat.

Federer über Duelle mit Big 4: "Haben uns gegenseitig besser gemacht"

Gepaart mit seinen unglaublichen Erfolgen von über 100 Karrieretiteln sowie 20 Erfolgen bei Grand-Slam-Turnieren sowie seines unglaublich freundlichen und bescheidenen Charakters umgab Federer immer eine ganz besondere Aura, die ihn schon früh in seiner Karriere zu einem Weltstar des Sports machte. Der Schweizer ist in einer Reihe mit Muhammad Ali, Michael Jordan oder Michael Schumacher zu nennen, weil er eine Sportart auf ein zuvor noch nie dagewesenes Niveau gehoben hat. Die unzähligen Duelle zwischen Nadal, Novak Djokovic, Andy Murray und ihm haben sich bei jedem Tennis-Fan ins Gedächtnis eingebrannt.

"Wir haben uns gegenseitig besser gemacht", sagte Federer vor seinem letzten Match. Er selbst habe "diese Herausforderungen" gebraucht, "und sie haben einen Herausforderer wie mich gebraucht". Erinnert sei aus Federers Sicht an das Wimbledon-Finale 2008 gegen Nadal, dass er nach 4:48 Stunden in fünf Sätzen verlor und dadurch nicht den sechsten Titel in Serie auf dem heiligen Rasen, seinem "Wohnzimmer", gewinnen konnte. Oder sein Titel in Paris 2009, nachdem Nadal vom Schweden Robin Söderling aus dem Turnier geräumt wurde und Federer damit der dritte Profi nach Rod Laver und Andre Agassi war, der alle vier Grand-Slam-Turniere mindestens einmal gewinnen konnte.

Federer der Beste aller Zeiten? "Wie kann man das vergleichen?"

Seither sind übrigens "nur" noch Nadal und Djokovic hinzugekommen. Unvergessen ist auch der Davis-Cup-Sieg 2014 mit der Schweiz oder sein Triumph bei den Australian Open 2017, nachdem Federer zuvor fünf Jahre lang kein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. 2019 stand er in Wimbledon kurz davor sogar den 21. Titel bei einem Grand Slam zu gewinnen, scheiterte aber trotz Matchballs und spielerischer Überlegenheit an Djokovic. Es sollte Federers letztes Grand-Slam-Finale überhaupt sein und läutete rückblickend sein Karriereende ein.

Festzuhalten bleibt aber, dass ohne Federers Wirken zu Beginn der 2000er das Profi-Tennis der Männer wohl gar nicht an dem Punkt angekommen wäre, an dem es sich jetzt befindet. Mit Nadal und Djokovic im Duell um den Rekord bei den Grand-Slam-Titeln, einem 19-jährigen Weltranglisten-Ersten und einer unglaublichen Popularität der Top-Stars rund um den Globus.

Aber ist er nun der Beste, wie es viele seiner Fans seit Jahren propagieren oder fechten Nadal und Djokovic den Tennis-Thron aus? Federer gab sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur "AP" zurückhaltend: "Wie kann man das vergleichen? Was ist besser? Zu gewinnen, wenn man alt oder jung ist? Ich habe keine Ahnung. Ist es besser, auf Sand oder Rasen zu gewinnen? Ich weiß es nicht. Ist es besser, über Jahre dominant zu sein oder nach einer Verletzung zurückzukommen? Ich weiß es nicht."

Der 41-Jährige mahnte: "Die Menschen mögen es immer, Vergleiche anzustellen. Ich sehe das jeden Tag bei meinen Zwillingen. Auch wenn man es nicht will, man vergleicht sie. Aber man sollte es nicht, niemals." Für Millionen Menschen rund um den Globus wird Federer dennoch und auch ohne Vergleich immer der Größte sein.

Verwendete Quellen:

Roger Federer: Die Karriere des Maestro im Rückblick

Eine Ära geht zu Ende: Der "Maestro" Roger Federer beendet seine Tenniskarriere. Nach 20 Grand-Slam-Titeln, 103 Turniersiegen auf der ATP-Tour und 310 Wochen an der Spitze der Weltrangliste verlässt der 41-jährige Schweizer die große Bühne. Wir blicken zurück.
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