Andreas Wolff war beim EM-Auftakt des deutschen Handball-Nationalteams der überragende Mann. Der Auftritt weckte Erinnerungen an seine Leistungen beim EM-Triumph vor acht Jahren.

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Andreas Wolff parierte mit dem Fuß auf Kopfhöhe, er hielt mit dem Knie, mit dem Arm, mit der Hüfte. Ja, Deutschlands Torwart-Gigant fing sogar einige der Geschosse, die mit über 100 Kilometern in der Stunde auf sein Tor donnerten. "Ich wusste, dass Andi gut ist", staunte nicht bloß Spielmacher Juri Knorr, "aber dass er so etwas heute macht, das ist schon von einem anderen Stern."

Wolff-Sprechchöre im Düsseldorfer Stadion

Wolff selbst hatte kleine Augen, als er am Donnerstagmorgen als letzter DHB-Spieler in den Zug nach Berlin kletterte. Mit einem Schlafkissen unterm Arm bestieg er den ICE 545 zum nächsten Vorrundenspielort - etwas müde nach einer kurzen Nacht, aber glücklich über seine famose Vorstellung zum EM-Auftakt.

Über 60 Prozent der Bälle hielt Wolff beim eindrucksvollen 27:14 gegen die Schweiz und beflügelte so die Hoffnungen der Handballer auf ein neues Wintermärchen. Die Weltrekord-Kulisse von 53.586 Fans feierte den Keeper mit Wolff-Sprechchören und spendete bei dessen Auswechslung kurz vor dem Ende Standing Ovations.

DHB-Torhüter Andreas Wolff beim EM-Auftakt.
Auszeichnung nach dem Spiel: Wolff wurde zum "Spieler des Spiels" des gewählt. © IMAGO/Kessler-Sportfotografie/Gerhard Koffler

Wolff: "Die Mannschaft wurde getragen von den Zuschauern"

"Es fühlt sich fantastisch an. Ich habe nach dem Spiel nochmal ein bisschen innegehalten, um das alles aufzunehmen, weil es einzigartig ist", sagte Wolff am ARD-Mikrofon. In der gigantischen Arena hatten sie längst mit dem Rückbau begonnen, die Uhr ging streng auf Mitternacht zu, da turnte er noch immer durch die Katakomben. Und lächelte beseelt. "Der Sieg tut sehr gut. Es wurde sehr viel Bohei gemacht um dieses Spiel", so Wolff: "Die Mannschaft wurde getragen von den Zuschauern. Das war ein ganz toller Auftritt."

Gerade einmal 14 (!) Gegentreffer kassierte das deutsche Team - so etwas hatte es für eine deutsche Mannschaft in der EM-Historie bislang nicht gegeben. Mit seiner Darbietung weckte Wolff bei manch einem schon Erinnerungen an die EM 2016, als Deutschland auch dank seines phänomenalen Torhüters sensationell Europameister wurde. "EM", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer am Donnerstagmorgen mit einem breiten Grinsen, "das kann er einfach". Und Bundestrainer Alfred Gislason lobte: "Andi ist natürlich in so einer Form kaum zu überwinden, er war wie eine Wand da hinten."

Wolff lobt seine Kollegen in der Abwehr

Wolff genoss die Lobeshymnen, der 32-Jährige gab sie aber direkt an seine Mitspieler weiter: "Die Jungs haben wirklich sehr couragiert von Anfang an in der Abwehr gestanden und mir das Spiel als Torhüter sehr versüßt." Es sei "gut für die Mannschaft, wenn wir als Defensivverbund so ins Turnier starten".

Von Wolffs Bandscheibenvorfall, wegen dem sein EM-Einsatz lange am seidenen Faden hing, war im Düsseldorfer Tollhaus nichts mehr zu spüren. Der Nacken hält, so lautete eine der wichtigsten Erkenntnisse nach dem Traumstart.

Am Sonntag geht es für das DHB-Team weiter

Wolffs Fokus richtete sich während der knapp fünfstündigen Bahnfahrt am Donnerstag bereits auf die nächste EM-Prüfung. Am Sonntag (20:30 Uhr/ZDF und Dyn) geht es in der Mercedes-Benz-Arena gegen Nordmazedonien - dann winkt das vorzeitige Hauptrunden-Ticket.

"Es ist schon ein gutes Ausrufezeichen, wenn du als Gastgeber mit so einem Kantersieg ins Turnier startest", sagte Wolff: "Aber die Mazedonier sind eine ausgebuffte Truppe, die sich davon nicht beeindrucken lassen." Wolffs Leistung, so viel steht fest, dürfte sehr wohl Eindruck hinterlassen haben. (sid/ms)

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Teaserbild: © IMAGO/wolf-sportfoto/Marco Wolf