Nottingham Forest hat die Nase voll. Der zweimalige Sieger des Vorläufer-Wettbewerbs der Champions League fühlt sich in der englischen Premier League im Kampf um den Klassenverbleib systematisch benachteiligt. Die Partie beim FC Everton bringt das Fass zum Überlaufen. Ins Visier gerät der prominente VAR.

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Nicht zuletzt wegen des Abzugs von vier Punkten wegen Verstößen gegen die Finanzregularien der Premier League kämpft Nottingham Forest im englischen Fußball-Oberhaus um den Klassenerhalt. Während der Einspruch gegen den verhängten Abzug von vier Punkten noch läuft, kam es am 34. Spieltag während des Auftritts Nottinghams beim ebenfalls gefährdeten und von einem Punktabzug von sechs Zählern betroffenen FC Everton erneut zu Ärger.

Der FC Everton zieht an Nottingham Forst in der Tabelle vorbei

Forest, nach 23 Jahren Abwesenheit vor der Saison 2022/23 in die Premier League zurückgekehrt, unterlag dem Stadtrivalen des FC Liverpool mit 0:2. Dadurch tauschten die beiden Vereine in der Tabelle die Plätze direkt über der Abstiegszone. Everton schob sich - bei noch vier ausstehenden Ligapartien - von Platz 17 auf 16 vor und rangiert nun zwei Punkte vor Nottingham.

Der Klub hat schon viel bessere Zeiten gesehen, beispielsweise mit dem Gewinn der heutigen Champions League in den Jahren 1979 und 1980. In der Saison 2023/24 fühlte sich Nottingham Forest nicht zum ersten Mal verschaukelt. Drei nicht gegebene Elfmeter waren der Aufhänger. Sie seien den Gästen alle erst nach Eingreifen des Video Assistent Referee nicht zuerkannt worden. Zielscheibe des Frusts war der VAR Stuart Attwell, selbst Fifa-Schiedsrichter.

Der englische Fifa-Schiedsrichter Stuart Attwell während des Duells FC Burnley gegen FC Chelsea
Stuart Attwell steht als VAR nach der Partie des FC Everton gegen Nottingham Forest am 34. Spieltag in der Kritik. Verlierer Forest wirft dem Fifa-Schiedsrichter Parteilichkeit vor, die den Abstiegskampf in der Premier League beeinflusse. (Archivbild) © IMAGO/Shutterstock/Lindsey Parnaby

Schwere Vorwürfe gegen VAR Stuart Attwell

In einem Post, den Nottingham wenige Minuten nach dem Abpfiff der Begegnung auf der Plattform X veröffentlichte, erhob der Klub, der schon in der Vorsaison den Abstieg erst am letzten Spieltag verhinderte, schwere Vorwürfe. Er hätte den englischen Schiedsrichter-Verband PGMOL im Vorfeld gewarnt und darauf hingewiesen, dass Attwell Fan von Luton Town sei. Beweise dafür blieb Nottingham jedoch schuldig. Zudem sei Forest mit seiner "mehrfach auf die Probe gestellten Geduld" nun am Ende und prüfe seine "Optionen". Will heißen: Der Verein prüfe seine Möglichkeiten, gegen die vermeintlichen Fehlentscheidungen vorzugehen.

Luton Town, vor der Saison 2023/24 in die Premier League aufgestiegen, hatte am Tag vor dem Duell Evertons und Nottinghams daheim mit 1:5 gegen den Tabellen-15. FC Brentford im Kampf um den Klassenerhalt einen herben Dämpfer eingesteckt. Luton, als 18. auf dem ersten Abstiegsplatz verharrend, fehlen deshalb nach 34 Spieltagen auf Nottingham und somit das rettende Ufer fünf Punkte.

Top-Referee arbeitet für Nottingham Forest

Mark Clattenburg, ehemals als prominenter Schiedsrichter ebenfalls auf der Fifa-Liste, arbeitet inzwischen als Schiedsrichter-Analyst für Nottingham Forest. In einem Beitrag für die "Daily Mail" untermauerte er, dass Forest durch Attwells Eingreifen und die Korrektur der Entscheidungen des Hauptschiedsrichters Anthony Taylor um drei Elfmeter gebracht worden sei: "Einer dieser Fehler wäre schon schlimm genug gewesen. Drei aber waren ein Witz, und deshalb fühlt sich Nottingham Forest nach einer weiteren Niederlage, bei der keine bedeutende Entscheidung zugunsten des Klubs gefallen ist, als Opfer."

Zweikampf um den Ball zwischen Murillo von Nottingham und Evertons Dominic Calvert-Lewin
Zweikampf um den Ball zwischen Murillo von Nottingham Forest (l.) und Evertons Dominic Calvert-Lewin: Everton setzt sich daheim im Duell der beiden vom Abstieg aus der englischen Premier League gefährdeten Klubs mit 2:0 durch. Anschließend verbreitet Forest über die sozialen Medien eine Verschwörungstheorie. © IMAGO/Sportimage/Andrew Yates

Dies war bereits nach dem 2:3 am dritten Spieltag bei Manchester United der Fall. Diese Partie verlor Nottingham trotz einer 2:0-Führung bereits nach vier Minuten. Schiedsrichter damals: Attwell. Damals ging bereits eine Beschwerde an die PGMOL raus. Und im Anschluss an die 0:1-Heimniederlage gegen Jürgen Klopps FC Liverpool am 27. Spieltag in der neunten Minute der Nachspielzeit meldete sich Clattenburg mit Kritik an der Spielleitung zu Wort. Schiedsrichter damals: Paul Tierney.

Auch Mikel Arteta und Jürgen Klopp beschwerten sich schon über Stuart Attwell

Die Kritik an Attwell aber ist alles andere als neu, und sie geht nicht nur von Nottingham aus. In der Saison 2023/24 hatten sich auch schon Arsenal Londons Coach Mikel Arteta und Klopp beschwert. Im Falle Artetas ging es um Arsenals 0:1 bei Newcastle United am elften Spieltag. Attwells Spielführung titulierte Arteta anschließend als "peinlich" und "schändlich". Am 28. Spieltag beschwerte sich Klopp nach dem 1:1 gegen Manchester City über Attwell als Video-Referee: "Das ist zu 100 Prozent ein Elfmeter - aber sie werden schon eine Begründung finden. Alle waren sich einig, dass der VAR eingreifen und es einen Strafstoss geben würde."

Nottingham Forests Trainer Nuno Espirito Santo wendet sich an den Vierten Offiziellen
Nottingham Forests Trainer Nuno Espirito Santo bedeutet dem Vierten Offiziellen in der Partie in Liverpool gegen den FC Everton am 21. April 2024 seine Unzufriedenheitmit den getroffenen Entscheidungen. Forsest unterliegt mit 0:2 und hätte gerne drei Elfmeter gehabt. © IMAGO/Pro Sports Images/Conor Molloy

In Liverpool, als Everton auf Nottingham traf, griff Attwell reichlich ein, als es um Elfmeterentscheidungen ging. Kurioserweise war jedes Mal Evertons Alt-Internationaler Ashley Young an den umstrittenen Szenen beteiligt. Nottinghams Trainer Nuno Espirito Santo brachte ebenfalls kein Verständnis für Attwell und Taylor auf: "Es ist deutlich, was uns passiert ist, und nicht nur in diesem Spiel. Ich verstehe den Grund und die Entscheidung von Anthony Taylor und Stuart Attwell nicht, denn ich habe die Bilder gesehen", so der Portugiese gegenüber dem Sender Skysports. "Das ist hart, hinzunehmen. Es ist ein Elfmeter gegen Gio Reyna, das ist ein Tritt, und erzählen Sie mir nicht, da gebe es keinen Kontakt. Das ist ein Elfmeter, und dann dieses Handspiel, und dann der Vorfall mit Callum (Hudson-Odoi, Anmerk. d. Verf.)." Insofern hielt es Espirito Santo für verständlich, dass sein Klub "in dieser Weise reagiert. Wir möchten, dass es korrekt zugeht. Wir möchten keine schlechten Schiedsrichter. Wir möchten gute Entscheidungen". Und dies erst recht im Kampf um den Klassenerhalt. "Hätte es heute keine Vorfälle gegeben und wir hätten das Spiel verloren", fügte der unterlegene Coach an, "wäre das für uns okay gewesen".

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Neco Williams, Verteidiger bei Nottingham Forest

Verteidiger Neco Williams klang verzweifelt: "Jeder, der das Spiel gesehen hat, weiß, dass das Elfmeter waren. Das passiert uns jetzt jede einzelne Woche, dass wir Entscheidungen gegen uns bekommen. Ich weiß nicht, warum." Bei den Top-Sechs-Mannschaften, so vermutete der Waliser, würde das nicht passieren. "Am Ende des Tages hängen wir unten drin und kämpfen um den Klassenerhalt. Und wir bekommen null Hilfe von der Premier League und den Menschen, die entscheiden. Das ist lächerlich." (hau)

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