Der DFB gönnt sich ein Beratungsgremium, in dem jene zu Wort kommen, die ohnehin schon nicht zu überhören sind. So ist der deutsche Fußball nicht zukunftsfähig.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

"Es geht doch allein um Qualität", dröhnt es angesichts des neu einberufenen Beraterquintetts des DFB von vielen Seiten, und das Verblüffende ist, wer da so lauthals plärrt, meint es vermutlich sogar so. Ist also tatsächlich der Meinung, Karl-Heinz Rummenigge, Rudi Völler, Oliver Kahn, Matthias Sammer und Oliver Mintzlaff seien, natürlich gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf sowie Hans-Joachim Watzke, die Lösung, um den deutschen Fußball in die Zukunft zu führen. Selten so gelacht.

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Das darf man natürlich nicht sagen, weil: Verdienste um besagten deutschen Fußball! Und: Diskriminierung alter, weißer Männer. Die haben es ja bekanntlich schwer. Und bei der Taskforce geht’s schließlich um Inhalte und um, Obacht: Männerfußball. Was sollten Frauen da beitragen können? Und welche Frau wäre bitte für solch ein überirdisches Gremium QUALIFIZIERT genug?

Immer wieder dieselben Männer

Eigentlich wollen die Fragesteller gar keine Antworten auf ihr Geblöke, denn sie sind ohnehin der festen Überzeugung, Frauen haben im Fußball nichts beizutragen. Der Sport wird verklärt zu einer Geheimwissenschaft, seine Gremien zu Geheimbünden, in denen in immer neuer Zusammensetzung stets wieder jene Männer Platz finden, die sich in diesen Kreisen eh bereits seit Jahrzehnten bewegen.

Dass auch diese Männer Erfahrungen erst sammeln mussten? Aber das ist der falsche Moment dafür, das falsche Gremium. Dass die Frauen im Fußball mit einem Bruchteil der Mittel Erfolge einfahren, von denen man lernen könnte? Völlig andere Geschichte. Dass in Ländern mit mehr Mut das Thema Diversität viel weiter ist und sich das auszahlt? Lässt sich nicht übertragen. Dass frische Köpfe als Erweiterung zu erfahrene Runden Impulse geben, die neue Qualität bringen? Who the fuck cares.

Diversität? Gerade ist es leider schlecht

Im deutschen Fußball wird Vielfalt in Verantwortung immer auf einen vermeintlichen Selbstzweck reduziert und argumentiert, es sei gerade ein schlechter Zeitpunkt, um sich darum zu kümmern. Dass eine Zusammensetzung von Runden, in der Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Erfahrungen zusammenkommen, keine lästige Hausaufgabe, sondern tatsächlich zukunftsweisend ist, diesen Punkt erreichen viele gedanklich überhaupt nicht.

So ignorieren die immer selben Typen weite Teile von Kompetenz, von klugen Ideen, von frischem Input – und tragischerweise eben auch von Erfahrungen im Fußball. Weil außerhalb von Genderbinarität ohnehin nicht gedacht wird. Weil die Diskussion aufgrund des Stillstandes so sehr bei der Frage Mann/Frau verharrt, dass andere Diversitätsebenen gar nicht erst zur Sprache kommen. Ganz ehrlich? Es ist zum Kotzen.

Fußball neu und kreativ denken

Denn ja, es fehlen Vertreter*innen mit Einwanderungsgeschichte, die Einblicke geben können um das Ringen junger Menschen bei der Frage, für welchen Verband sie spielen. Es fehlen jüngere Menschen, die ihre Erfahrungen aus einem anderen zeitlichen Kontext von Ligen und Verband erzählen können. Es fehlen Gegensätzlichkeiten, Reibungspunkte und es fehlen Erfahrungswerte, die nicht alle auf denselben Pool zurückgreifen. Es fehlen Vertreter*innen, deren Vereine im Jugendbereich Erfolge feiern. Jene Verantwortliche, die aus wenig viel machen. Die Fußball neu und kreativ denken.

Sie fehlen jetzt, sie fehlen dringend und diese Menschen mitzunehmen in Verantwortung und Entwicklung kann nicht immer aufgeschoben werden, bis es besser läuft: Sie wären Teil der dringend benötigten Lösungen. Was aber nicht gefehlt hat, ist ein neues Gremium aus alten Bekannten, garniert mit einem CEO, der zuvor als Chef eines zweifelhaften Konstrukts die Verbände vor sich hergetrieben hat. Aber vielleicht hat es der deutsche Männerfußball nicht anders verdient. Good night and good luck.

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