Nach Wochen der Unruhe eskaliert die Situation rund um die spanischen Weltmeisterinnen weiter. Eine Annäherung der Parteien scheint nicht in Sicht, nun schaltet sich die spanische Regierung ein. Diese will angeblich schlichten, droht den streikenden Spielerinnen aber auch mit rechtlichen Konsequenzen. Einige Nationalspielerinnen treffen derweil im Quartier des Nationalteams ein.

Mehr News zum Thema Fußball

Umlagert von Dutzenden Kamerateams erschien zunächst Nationaltrainerin Tomé am Dienstag im Teamhotel in Madrid. Danach trafen sechs Spielerinnen ein, von denen sich fünf eigentlich im Streik befinden. Darunter auch Olga Carmona, die Schützin des Siegtores im WM-Finale gegen England (1:0). Weitere Spielerinnen wurden laut spanischen Medien im Laufe des Tages im zweiten Teamquartier in Valencia erwartet.

Torhüterin Misa Rodriguez machte vor den wartenden Journalistinnen und Journalisten ihren Unmut nur allzu deutlich. Auf die Frage, ob sie glücklich sei, zum Team von Tomé zu gehören, antwortete sie mit einem pointierten "Nein".

Und auch allen anderen Spielerinnen war die Frustration und der Ärger über die Situation deutlich anzumerken.

Regierung schaltet sich ein

Angesichts der völlig verfahrenen Lage hatte sich die Regierung in Madrid eingeschaltet. Der Präsident der obersten spanischen Sportbehörde CSD, Víctor Francos, kündigte am späten Montagabend einen Schlichtungsversuch an, warnte die streikenden Fußballerinnen aber zugleich vor rechtlichen Konsequenzen.

Das spanische Sportgesetz sieht seit 2022 Geldstrafen zwischen 3.000 und 30.000 Euro sowie Sperren bis zu fünf Jahren für Nominierte vor, die nicht antreten. Während die Zeitung "AS" auf ihrer Titelseite deshalb einen "Offenen Krieg" erkannt hat, ist die Konkurrenz von "Sport" nur noch genervt von der Auseinandersetzung, die den Spanierinnen die Olympia-Teilnahme kosten könnte: "Genug jetzt!"

Die Spielerinnen wollen von einer Einigung nichts wissen

Diese Aufforderung scheint nach den jüngsten Entwicklungen allerdings nicht mehr als ein frommer Wunsch zu sein. Nachdem die neue Nationaltrainer Montse Tomé den Kader für die kommenden Nations-League-Spiele nominiert und von einer zuvor erfolgten Einigung mit den eigentlich streikenden Spielerinnen berichtet hatte, wollten diese davon nichts wissen.

Die Spielerinnen um die zweimalige Weltfußballerin Alexia Putellas erklärten, dass sie sich weiter im Ausstand befinden und drohten ihrerseits dem Verband mit rechtlichen Schritten.

Es geht nach Rubiales' Übergriff bei der WM-Siegesfeier um die Weigerung der Weltmeisterinnen, solange nicht in der Nationalelf zu spielen, bis es nicht tiefgreifende Maßnahmen gegen die Männerdominanz im Fußballverband RFEF gibt. Es ist weiter unklar, mit welchem Team Spanien in den nächsten Spielen der Nations League antritt, bei denen es auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 geht. Die Spielerinnen fordern unter anderem auch die Absetzung von RFEF-Interimschef Pedro Rocha und weiterer Funktionäre, die Rubiales nahestehen.

Weltmeisterinnen ohne Absprache nominiert?

Tomé hatte 15 Weltmeisterinnen für die anstehenden Spiele der Nations League in Schweden und gegen die Schweiz nominiert - offenbar ohne vorher Absprache mit den betreffenden Spielerinnen zu halten.

Unterstützung bekamen die Streikenden dabei von der - laut Verband zu ihrem eigenen Schutz - nicht nominierten Jennifer Hermoso, die sich bei X mit ihren Kolleginnen solidarisierte und in Richtung des Verbandes fragte: "Wovor soll ich geschützt werden? Und vor wem?" Zudem warf sie dem RFEF "Spaltung" und "Manipulation" vor, "um uns einzuschüchtern und uns mit rechtlichen Konsequenzen und wirtschaftlichen Sanktionen zu drohen".

Den Skandal ausgelöst hat der inzwischen zurückgetretene RFEF-Präsident Luis Rubiales, als er Hermoso bei der Siegerehrung am 20. August in Sydney ungefragt auf den Mund geküsst hatte.

Francos droht: "Nicht alles ist zulässig"

Francos kündigte einen Versuch an, die Krise im letzten Augenblick beizulegen. "Morgen früh werde ich eine Reihe von Leuten aus der Nationalmannschaft anrufen, um mit ihnen zu sprechen. Ich denke, es gibt einen Punkt, an dem die Regierung eingreifen muss; nicht alles ist zulässig", sagte er dem Radiosender "El Larguero" am Montagabend. "Wenn die Spielerinnen nicht antreten, muss die Regierung - so leid es mir tut - handeln und dem Gesetz Geltung verschaffen", warnte er.

Dem spanischen Sportgesetz zufolge stellt die Weigerung, trotz Nominierung nicht anzutreten, eine besonders schwere Verfehlung dar. Sie kann Geldstrafen zwischen 3.000 und 30.000 Euro sowie Sperren zwischen zwei und 15 Jahren nach sich ziehen.

Francos betonte, die Regierung stehe auf der Seite der Spielerinnen und sei nicht an deren Bestrafung interessiert. "Wir werden den Spielerinnen sagen, dass wir alles Notwendige tun werden, um das Problem zu lösen, aber wir bitten sie, zu den Spielen zu gehen. Wir wollen, dass sie Olympiasiegerinnen werden", sagte er.

Die Spielerinnen betonten, die von Tomé am Montag ausgesprochene Nominierung habe gegen Verfahrensvorschriften des Weltverbandes Fifa verstoßen. Demnach müssten Sportler mindestens 15 Tage vor der Nominierung schriftlich darüber informiert werden. (dpa/sid/ska/hau)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.

Teaserbild: © AFP/Thomas Coex