Hans-Joachim Watzke ist Aufsichtsratsboss der DFL und Vizepräsident beim DFB. Bei einem Thema stellt er sich derzeit klar gegen den DFB. Steckt er in einem Interessenskonflikt?

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"Die Liga gehört uns allen – gegen Investoren" oder "Ihr verkauft unsere Seele": Banner wie diese waren am vergangenen Wochenende auf der Dortmunder Südtribüne beim Spiel zwischen dem BVB und Union Berlin zu sehen. Das Dortmunder Fan-Bündnis "Südtribüne Dortmund" hatte zur Aktion aufgerufen, die in allen Bundesliga-Stadien und in einigen Zweitliga-Stadien sichtbar war.

Auslöser für diese Proteste war die Ankündigung der DFL, dem Dachverband der deutschen Fußball-Profiligen, dass zukünftig Anteile an einen Investor abgetreten werden sollen, um Milliardenerlöse erzielen zu können.

Diese Maßnahme wurde bereits von der ehemaligen DFL-Chefin Donata Hopfen ins Spiel gebracht, die dies in der "Süddeutschen Zeitung" mit Investitionen in die Digitalisierung begründete sowie die Errichtung von Auslandsbüros der DFL. Etwas deutlicher wurde zuletzt DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke, der in der "Süddeutschen Zeitung" erklärte: "Das Problem ist, dass wir nach drei Jahren Corona einen erheblichen Investitionsbedarf haben. Bei den Klubs und bei der DFL als Dachorganisation."

Hans-Joachim Watzke ist automatisch Mitglied in DFB-Präsidium

Watzke, der neben der DFL auch noch als DFB-Vizepräsident tätig ist, sieht allein bei der DFL einen Finanzbedarf von 700 Millionen Euro im kommenden Jahrzehnt, "wenn wir nach vorne gehen wollen". Ein Investor werde aber "keinen Zugriff auf sportliche Entscheidungen" bekommen, betonte Watzke und schloss auch die Einmischung in Spieltagsansetzungen aus.

Und doch sind die Fanlager klar gegen den Einstieg eines Investors bei der DFL, wie am Wochenende in den Fankurven der Liga zu sehen war. Allerdings ist dies nicht die einzige Baustelle von Watzke, der durch sein Amt als DFL-Aufsichtsratsboss automatisch zum DFB-Vizepräsidenten berufen wurde. Diesen Fakt bezeichnete der 63-Jährige als "Herausforderung".

Denn er muss sich in den kommenden Wochen und Monaten um den Grundlagenvertrag kümmern. Dieser regelt das Verhältnis zwischen Profi- und Amateurlager unter anderem durch finanzielle Unterstützung, derzeit jährlich 25 Millionen Euro. Doch nun soll der Deutsche Fußball-Bund deutlich mehr Geld von der Liga fordern, auch um die schwierige finanzielle Situation wieder in den Griff zu bekommen. "Wir sind sehr weit auseinander", erklärte Watzke dazu laut kicker und schloss sogar einen Gang vors Schiedsgericht nicht aus.

Watzke: "Bundesliga nicht Vollkaskoversicherung des DFB"

Ein solcher Gang wäre für den 63-Jährigen "eine nachhaltige Vertrauensschädigung. Ob man sich davon wieder erholt, weiß ich nicht, das muss man im DFB beurteilen." Für den DFB-Vizepräsidenten und Geschäftsführer von Borussia Dortmund wäre eine solche Entscheidung der Bruch zwischen DFL und DFB.

"Ich habe mich jetzt ein Jahr lang intensiv darum bemüht, ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen DFB und DFL wiederherzustellen, das gleiche gilt für Bernd Neuendorf. Wenn wir aber vor Gericht landen, finde ich: Partnerschaft und Schiedsgericht schließen sich aus! Dann ist dieser Weg der Partnerschaft, dann ist der Versuch, dieses Pflänzchen wieder zur Blüte zu bringen, nachhaltig beschädigt."

Man dürfe nicht glauben, "dass die Bundesliga die Vollkaskoversicherung für die Fehler des DFB in der Vergangenheit ist", sagte Watzke in Richtung des DFB, wo er als Vizepräsident tätig ist. Der 63-Jährige stellte sogar einen Ausstieg aus dem Grundlagenvertrag von Seiten der DFL in den Raum, betonte aber: "Das kann nur die Ultima Ratio sein und nichts wirklich Erstrebenswertes".

Und doch ist klar ersichtlich, dass für Watzke wegen seiner Doppelfunktion hier ein Interessenskonflikt besteht. Denn einerseits muss er als Aufsichtsratschef die Interessen der DFL wahren, darf aber auch nicht den DFB komplett aus den Augen verlieren, wo er als Vizepräsident fungiert – auch wenn ihm dieser Posten nur aufgrund seiner Rolle in der DFL zugewiesen wurde. So stellte er auch klar: "Meine Funktion endet, wo es um reine DFB-Vergangenheit und Amateur-Themen geht." Er sieht sich also als klarer Vertreter des Profifußballs im deutschen Fußball-Dachverband

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DFB-Statuten lösen Interessenkonflikt aus

In den Statuten des DFB ist dieser Vorgang festgelegt, um der DFL ein gewisses Mitspracherecht einzuräumen. Außerdem ist Watzke nicht der einzige DFL-Vertreter im DFB-Präsidium. Mit Oliver Leki und Steffen Schneekloth finden sich dort noch zwei weitere Funktionäre der Fußball-Liga wieder, sodass insgesamt drei der zwölf Präsidiumsmitglieder Vertreter des Profilagers sind. Innerhalb des Gremiums reicht eine einfache Mehrheit aus, um Beschlüsse zu fassen.

Gerade in substanziellen Fragen, wie es der Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL ist, hat diese Doppelfunktion einen großen Nachteil, da die Interessen beider Seiten nicht gleichzeitig vertreten werden können. So dürften Watzkes deutliche Aussagen in Richtung DFB nicht jedem Präsidiumskollegen dort geschmeckt haben.

Aber in einer Demokratie, wie es der DFB und die DFL sich auf die Fahnen geschrieben haben, gilt es auch konträre Meinungen auszuhalten und am Ende die für beide Seiten bestmögliche Lösung zu finden – ungeachtet, welche Ämter und Funktionen möglicherweise für einen Interessenskonflikt sorgen könnten.

Verwendete Quellen:

  • SZ.de: "Dann ist diese Partnerschaft nachhaltig beschädigt"
  • SZ.de: "Junge Menschen konsumieren den Fußball heute ganz anders als früher"
  • DFB.de: Das DFB-Präsidium
  • Kicker.de: Landen DFL und DFB vor Gericht? Watzke: "Die Bundesliga ist nicht die Vollkaskoversicherung"
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