Die Beziehung von Roman Bürki zu den Anhängern von Borussia Dortmund war lange Zeit keine einfache. Mit seinen Paraden in der abgelaufenen und aktuellen Saison stellt er jedoch inzwischen einen Anker der Dortmunder Verteidigung dar.

Christopher Giogios
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Christopher Giogios dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Viel wurde in der letzten Zeit über die schwächelnde Defensive von Borussia Dortmund geredet. Nach der 3:4-Niederlage bei Bayer Leverkusen äußerte sich Trainer Lucien Favre offen verzweifelt, als er zu Protokoll gab, solche Schwierigkeiten selten bei einer seiner Mannschaften erlebt zu haben.

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Zumindest einen kleinen Lichtblick im defensiven Verbund stellt jedoch der Dortmunder Schlussmann Roman Bürki dar. In seiner fünften Saison beim BVB hat sich der Schweizer Nationaltorhüter mittlerweile von einem anfangs sehr inkonstanten Spieler zu einem Torwart entwickelt, welcher die Borussia nicht selten durch spektakuläre Paraden vor Punktverlusten bewahrt hat.

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Von Zürich über Freiburg zum BVB

Als der damals 24-Jährige, der zuvor in seiner schweizerischen Heimat beim Grasshopper Club Zürich zum Profi reifte, nach einer starken Saison beim SC Freiburg zu Borussia Dortmund stieß, hatte er mit Roman Weidenfeller nicht nur einen deutschen Nationaltorhüter als Konkurrenten, sondern vor allem auch einen in der BVB-Fangemeinde sehr respektierten und beliebten Spieler.

Zwar befand sich Weidenfeller mit damals 34 Jahren – also ganzen zehn Jahren Altersunterschied zu Bürki – schon auf der Zielgeraden seiner Karriere, nichtsdestotrotz wurde die Aufgabe des Torwarts unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel zunächst in Arbeitsteilung vorgenommen. Roman Bürki wurde als Stammtorhüter in der Bundesliga und im DFB-Pokal eingesetzt, wohingegen Weidenfeller die Spiele in der Europa League bestreiten durfte.

Roman Bürki mit Anlaufschwierigkeiten

Trotz des Vertrauens von Thomas Tuchel brauchte Bürki jedoch etwa zwei Spielzeiten, um die Fans von sich zu überzeugen. Vor allem beim Spiel mit dem Ball zeigte der Schweizer ein ums andere Mal Unsicherheiten und haarsträubende Fehlpässe, sodass die Dortmunder Südtribüne nicht selten den Atem anhielt, wenn ein Rückpass auf den Schlussmann gespielt wurde.

Eine interessante Parallele weist übrigens die Situation von Roman Weidenfeller in seiner Anfangszeit beim BVB auf, als dieser 2002 die schwierige Nachfolge von Jens Lehmann antreten musste. Wirklich durchsetzen konnte auch er sich erst zwei Jahre später.

Weiterentwicklung zu einem herausragenden Torhüter

Trotz der genannten Schwächen war Bürki jedoch schon in seiner zweiten Saison in allen Wettbewerben gesetzt. Zwar kam es immer mal wieder vor, dass der Schweizer ein Sündenbock für viele Anhänger war. Das lag aber auch daran, dass er sein Herz auf der Zunge trägt und auch schon mal die Tribünen wegen mangelnder Unterstützung und Pfiffen kritisierte.

Seine Leistungen hingegen wurden von Spielzeit zu Spielzeit stärker, was seine Kritiker allmählich verstummen ließ. Vor allem in der letzten Saison lieferte er seine wohl beste Karriereleistung ab.

Die Gründe dafür sind vielfältig: mit Marvin Hitz hatte der BVB zur Saison 2018/2019 einen echten Konkurrenten verpflichtet, der sich mit Bürki auch in der Schweizer Nationalmannschaft lange um den Platz hinter dem Gladbacher Yann Sommer stritt. Außerdem wurde beim BVB nach dem Abgang von BVB-Torwartlegende Wolfgang "Teddy" de Beer das Torwarttraining modernisiert, was laut Bürki zu einer verbesserten Entwicklung beigetragen habe.

Hervorragend auf der Linie – altbekannte Schwächen

Die Stärken, die Bürki mitbringt, haben sich dabei im Grunde genommen kaum verändert. Damals wie heute ist er eher ein Torwart "alter Schule", der auf der Linie mitunter übermenschliche Reflexe präsentiert.

Demgegenüber hat er sichtlich an seinem Passspiel gearbeitet und auch die zum Teil hanebüchenen Abspielfehler abgestellt. Nichtsdestotrotz lässt er sich auch hier mitunter von seinen Mannschaftskollegen anstecken, so etwa beim 3:3 im Dezember gegen RB Leipzig, als er Timo Werner ein Tor quasi auflegte.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Verhalten bei Eckbällen, bei denen er – ganz im Sinne seiner Stärken – eher dazu neigt, auf der Linie klebenzubleiben, statt im Fünfmeterraum "abzuräumen", wie es etwa Manuel Neuer kann.

Zukunft sieht er beim BVB

Mit 29 Jahren ist er jedoch gerade erst am Anfang seiner besten Torhüterjahre. Die einst deutlich vernehmbaren Stimmen, die einen Wechsel auf der Torwartposition forderten, sind jedenfalls nicht mehr zu hören.

Gleichwohl läuft sein Vertrag nur noch bis 2021. Dem Vernehmen nach könnte Marvin Hitz den Verein im Sommer verlassen, da er beim BVB nicht die erhofften Einsatzzeiten bekommt.

Es bleibt also spannend, ob der BVB – ähnlich wie Bayern München mit der Verpflichtung von Alexander Nübel – Roman Bürki einen echten jungen Konkurrenten an die Seite stellen wird, oder mit ihm weiter als unangefochtene Nummer eins in die kommenden Spielzeiten gehen wird.

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