Während die Wahl von Lionel Messi zum Ballon-d'Or-Gewinner auf männlicher Seite durchaus für vereinzelte Kritik sorgte, wollte an der Ehrung von Barcelona-Star Aitana Bonmati niemand rütteln. Sportlich ging die Verleihung aus weiblicher Sicht also völlig in Ordnung. Vom Drumherum konnte man das jedoch kaum behaupten.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sabrina Schäfer sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Schon Tage vor der Verleihung waren kritische Stimmen an den Organisatoren des Ballon d'Or laut geworden. Denn dass sich die meisten nominierten Spielerinnen am 30. Oktober mitten in der Vorbereitung für die nächsten Nations-League-Spiele befinden würden und so eine Reise nach Paris fast unmöglich wäre, wurde bei der Planung offenbar nicht mitgedacht. "Ja, es ist wirklich frustrierend, weil es womöglich eine einmalige Gelegenheit ist", erklärte die nominierte Georgia Stanway im "Guardian". "Man weiß nie, ob man jemals wieder für so eine Auszeichnung ausgewählt wird, also wäre es wirklich schön, die Erfahrung zu genießen, dabei zu sein und sich wie ein Star unter Stars zu fühlen."

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Nur sieben Spielerinnen anwesend

Im Klartext: "Wenn es ein bisschen besser geplant worden wäre, wäre es für viele Fußballerinnen einfacher, dabei zu sein." Stanway tritt am Dienstag mit England gegen Belgien an. Auch Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegman hätte ihren Spielerinnen die Möglichkeit gewünscht, der Award-Zeremonie beizuwohnen. "Sie arbeiten alle so hart, aber natürlich haben wir einen Job zu erledigen, deshalb sind wir hier in Belgien. Sie können nicht (zu der Verleihung, Anm.d.Red.) gehen. Es wäre sehr schön, wenn solche Sachen so organisiert wären, dass Spielerinnen auch dabei sein könnten", sagte sie im "Guardian".

Tatsächlich waren lediglich sieben der nominierten Spielerinnen in Paris anwesend.

Im Vorfeld der aktuellen Verleihung hatte auch Stanways Teamkameradin Beth Mead, die Zweitplatzierte vom vergangenen Jahr, das ungute Gefühl beschrieben, dass die Ballon-d'Or-Verleihung 2022 bei ihr hinterlassen hatte: "Ich hatte das Gefühl, dass der Ballon d'Or nur eine Alibi-Veranstaltung für den Fußball der Frauen war - und nicht mehr." Die Veranstalter hätten die Frauen einfach nur abhaken wollen, erklärte sie laut dem "Daily Mirror".

Sänger lässt Frauen links liegen

Ein Gefühl, das sich auch dieses Jahr bei mancher Spielerin einschleichen dürfte. Schon der Auftritt des nigerianischen Sängers Rema sorgte bei mancher Beobachterin für Unmut. Denn der Sänger hatte bei seinem Auftritt lediglich den Männern in der erste Reihe die Hand geschüttelt und die Frauen offenbar gezielt übergangen.

Auch, dass der Ballon d'Or der Frauen nicht durch eine weibliche Fußballlegende, wie bei den Männern üblich, sondern durch Tennisspieler Novak Djokovic verliehen wurde, sorgte für Ärger bei manchen Fans in den sozialen Medien. Viele sahen in Djokovics Auftritt eine Respektlosigkeit gegenüber dem Fußball der Frauen. Ein weiblicher Fan schreibt bei X (vormals Twitter): "Nehmt doch bitte jemanden, der den Ballon d'Or auch schon gewonnen hat, eine Legende, einen Verbündeten, wenigstens einen männlichen FUSSBALLER. Wer ist Djokovic und was hat er für den Fußball getan - ganz zu schweigen vom Fußball der Frauen". Eine andere will nicht so recht verstehen, "warum wir von Djokovics Erfolgen und seiner Karriere hören, wenn der Fokus doch auf den talentierten Fußballerinnen liegen sollte".

Ein Zugeständnis an den Fußball der Frauen gab es in diesem Jahr aber dann doch. Statt bisher nur einer Kategorie gab es in diesem Jahr immerhin eine zweite. Neben dem Ballon d'Or für Aitana Bonmati wurde auch der FC Barcelona als bestes Frauenteam der Saison ausgezeichnet. Bei den Männern wurden insgesamt sechs Preise verliehen.

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