Profiboxer Vincenzo Gualtieri ist Deutschlands erster Weltmeister im Mittelgewicht seit Felix Sturm. Am Samstagabend setzte er sich gegen den favorisierten Brasilianer Esquiva Falcao durch. Er wurde von Graciano Rocchigiani geformt.

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Graciano Rocchigiani hat alles gesehen, da ist sich Vincenzo Gualtieri sicher, von ganz weit oben. "Rocky hat von einer Wolke aus zugeguckt. Er hat mir die Stärke gegeben", sagte Deutschlands neuer und zugleich einziger Box-Weltmeister nach dem großen Triumph in seiner Heimatstadt Wuppertal, "danke, Rocky."

IBF-Champion im Mittelgewicht, Nachfolger von Felix Sturm - für den 30-Jährigen war das im ersten Moment zu viel. "Es ist unbeschreiblich. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte Gualtieri, "da sind so viele Emotionen, die auf mich einprasseln. Ich kann nicht wirklich realisieren, was ich geleistet habe."

So verwirrt er nach dem Fight um Worte rang, so zielstrebig hatte er zuvor in zwölf Runden den favorisierten Brasilianer Esquiva Falcao bearbeitet. Schnelle Beine, schnelle Konter, variable Schläge - Gualtieri spielte seine Stärken aus. Falcao wirkte ratlos, ging in Runde zwei und elf zu Boden.

Gualtieri ist Weltmeister: Ein packender Fight mit hohem Tempo

Es war ein packender Fight mit hohem Tempo. Immer wieder prasselten Gualtieris Schläge auf den erstmals besiegten Südamerikaner ein, harte Treffer zeigten immer wieder ihre Wirkung. Allerdings musste Gualtieri auch einstecken, ein längerer Cut am rechten Augenlid war der Beweis. Deshalb ist "auskurieren, ausruhen, feiern" sein Programm für die nächsten Tage, "erst mal den Triumph genießen".

Boxen: Weltmeisterschaft in Wuppertal
Vincenzo Gualtieri (r.) im Boxkampf gegen Esquiva Falcao in der Uni Halle. © Roberto Pfeil/dpa

Einen Triumph, den Rocky schon vor langer Zeit voraussah. 2006 war Vincenzo als 13-Jähriger mit seinem Vater Luigi in Rocchigianis Gym in Duisburg spaziert und boxte vor. Die Chemie stimmte sofort. "Es ist eine enge Freundschaft entstanden", berichtete Vincenzo, der wie Rocky italienische Wurzeln hat. Und auch jede Menge Qualität. "Du kannst eines Tages Weltmeister werden", sagte ihm dieser einmal.

Rocky stirbt 2018 bei einem Autounfall

Unter Rockys Führung bestreitet Gualtieri 100 Kämpfe als Amateur, 2015 wird er Profi. Zwei Jahre später geht "Graze" das Geld aus, das Gym schließt, Gualtieri wechselt zum Berliner Agon-Boxstall. Im Oktober 2018 folgt der Schock: Graciano Rocchigiani wird auf Sizilien von einem Auto überfahren und stirbt mit 54 Jahren. "Das konnte ich nicht realisieren", bekannte Gualtieri. Fortan stand ihm Rocky nicht mehr als Ratgeber zur Seite, aber er wachte von oben.

Ein anderer Rocchigiani war auch in Wuppertal, Rockys Bruder Ralf, ein ehemaliger Champion im Cruisergewicht. "Er hat mir noch mal mentale Stärke gegeben", sagte Gualtieri, der auch nach 22 Kämpfen unbezwungen ist (ein Unentschieden).

Seine Kraft zieht der neue Champion aber vor allem aus seiner Familie. Die saß am Samstagabend fast vollzählig im Publikum. "Meine Eltern sind hier, meine Brüder und meine Schwester sind hier. Besser konnte es nicht laufen", sagte Gualtieri.

Das hat sich Rocky oben auf seiner Wolke wohl auch gedacht. (SID/lh)

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