Spätestens seit dem Aufruf zum Nutella-Boykott der ehemaligen französischen Umweltministerin Ségolène Royal dürfte Palmöl jedem ein Begriff sein. Doch schon länger steht das Pflanzenöl in der Kritik: Abholzung der Regenwälder, Korruption, Kinderarbeit und Mitschuld am Klimawandel sind nur einige der Vorwürfe. Das sollten Sie über Palmöl wissen.

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Im Sommer 2015 ging ein Aufschrei durch die Medien: Die wollen uns Nutella verbieten! Was war passiert? Die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royal rief dazu auf, auf den Schokoladenaufstrich zu verzichten - wegen des darin enthaltenen Palmöls.

Auch wenn die anschließende Debatte zumeist sehr oberflächlich verlief, waren das Thema Palmöl und dessen Folgen plötzlich einer breiten Öffentlichkeit im Bewusstsein.

Aber was genau steckt hinter dem viel kritisierten Öl? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist Palmöl?

Palmöl wird aus den Früchten - genauer gesagt aus dem Fruchtfleisch - der Ölpalme gewonnen. Palmkernöl hingegen wird aus den Kernen der Palmfrucht hergestellt. Dafür werden die Früchte (beziehungsweise die Kerne) in Palmölmühlen gepresst.

Das rohe Palmöl hat dann eine cremige Konsistenz und eine orangegelbe bis rötlich braune Farbe, die durch Raffination aber verschwinden kann.

Wofür wird Palmöl verwendet?

Palmöl findet man so gut wie überall: In Margarine, Backwaren, Fast Food, Tierfutter, Waschmittel, Lippenstift, Kerzen, Farben, Eiscreme, Pharmazeutika, Kraftstoff, Pflege- und Reinigungsmittel – Palmöl ist omnipräsent. Laut World Wide Fund For Nature (WWF) steckt Palmöl in etwa jedem zweiten Supermarktprodukt.

Der Nichtregierungsorganisation (NGO) Rettet den Regenwald e.V. zufolge wurden alleine in der EU im Jahr 2017 7,7 Millionen Tonnen Palmöl verbraucht.

Den größten Verbrauch mit 61 Prozent hat dabei der Energie-Sektor (Biosprit, Strom und Wärme). Die restlichen 39 Prozent gehen in Lebens- und Futtermittel sowie in Chemieprodukte. Dabei hat der Lebensmittelmarkt den höchsten Anteil.

In einer Studie für das Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP), einem Zusammenschluss von Unternehmen, NGOs, Verbänden und dem Landwirtschaftsministerium, wurde der Palmölmarkt in Deutschland für das Jahr 2015 analysiert. Demnach wurden 2015 1,044 Millionen Tonnen Palmöl konsumiert, davon alleine 500.000 Tonnen im Energie-Sektor.

245.000 Tonnen verbraucht der Lebensmittel-Sektor, danach folgen Futtermittel, Chemie und der Bereich Wasch,- Pflege- und Reinigungsmittel.

Warum ist Palmöl so beliebt?

Es gibt eine Reihe von Gründen, warum Palmöl so beliebt ist. Für die Lebensmittelindustrie besteht ein großer Vorteil von Palmöl darin, dass es bei Zimmertemperatur eine feste Konsistenz hat, aber trotzdem streichfähig ist. Deswegen ist es vielseitiger einsetzbar und leichter zu verarbeiten als andere Öle.

Außerdem ist raffiniertes und desodoriertes Palmöl sehr lange haltbar, besonders hitzestabil und geschmacksneutral.

Ein weiterer, ganz entscheidender Vorteil von Palmöl für die Industrie: Es ist vergleichsweise billig.

Wo und wie werden Ölpalmen angebaut?

Ursprünglich stammt die Ölpalme aus den Regenwäldern Afrikas, inzwischen findet man sie auch in den amerikanischen Tropen und vor allem in Südostasien.

Die Hauptproduzenten für Palmöl sind heute hauptsächlich Indonesien und Malaysia. Etwa 85 Prozent der weltweiten Produktion stammt alleine aus diesen beiden Ländern.

Laut einer Studie des WWF aus dem Jahr 2016 hat sich von 1990 bis heute die Anbaufläche von etwa sechs Millionen auf 16 Millionen Hektar in etwa verdreifacht.

"Großplantagen sind selten kleiner als 20.000 Hektar, teilweise 100.000 Hektar groß", erklärt Marianne Klute, die für verschiedene NGOs arbeitet, zum Beispiel im Indonesien-Programm für "Rettet den Regenwald e.V.", und viele Jahre in Indonesien gelebt und gearbeitet hat.

Die konventionellen Plantagen selbst sind wie auf dem Reißbrett angeordnet und reine Monokulturen. Das bedeutet laut Klute, dass dort nichts anderes wächst und die Pflanzen enorm gewässert und mit Pestiziden behandelt werden müssen.

Welche negativen Folgen hat der Anbau?

Verschiedene Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit langem die Produktion von Palmöl. Eines der bekanntesten Probleme ist die Rodung des Regenwaldes.

So hat sich beispielsweise laut WWF seit 1990 die weltweite Anbaufläche für Ölpalmen verdoppelt, in Indonesien sogar verzehnfacht. Alleine 2015 wurden dort nach Angaben des FONAP 1,7 Millionen Hektar Regenwald gerodet.

Die Folgen für Mensch und Umwelt sind immens: enorme Freisetzung von Treibhausgasen, Zerstörung der Humusschicht, Veränderung des Grundwasserspiegels, Bodenerosion, Verlust des Lebensraumes vieler Tier- und Pflanzenarten, Verschmutzung des Wassers durch Dünger, Pestizide oder die Ölmühlen, Entrechtung und Vertreibung der eigentlichen Landbesitzer und nicht zuletzt der unumkehrbare Verlust des Regenwaldes als einzigartiges Ökosystem, um nur einige Beispiele zu nennen.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren zudem die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen selbst. "Ein großer Teil der Menschen, die auf den Plantagen arbeiten - nach manchen Studien sind es 40 bis 50 Prozent - sind mithelfende Familienangehörige, die nicht auf den Lohnlisten auftauchen. Die sind dort tätig, weil der Familienvater seine vorgegebenen Ziele nicht erreichen kann. Sie werden in den Statistiken keine Kinder finden, aber auf den Plantagen jede Menge", erklärt Marianne Klute.

Bezüglich des Schutzes der Arbeiter und ihrer Familienangehörigen weiß Klute: "Indonesische Gewerkschafter sagen: ILO (Internationale Arbeitsorganisation) kann man bei uns einfach streichen, das nützt sowieso nichts."

Auch Amnesty International hat in der Vergangenheit Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit auf Palmölplantagen angeprangert.

Gibt es Alternativen zu herkömmlichem Palmöl?

Nachhaltigem oder besser: nachhaltiger produziertem Palmöl steht Marianne Klute skeptisch gegenüber: "Für alle Palmölplantagen ist Regenwald abgeholzt worden. Um eine gewisse Nachhaltigkeit zu zertifizierten, gibt es ein Datum und zwar 2008. Das ist meiner Meinung nach aber zu spät, denn der große Boom begann 2005 mit dem Biosprit."

Zwar gebe es als nachhaltig zertifiziertes Palmöl, aber hier würden laut Klute auch technische Aspekte wie Abwasserentsorgung zertifiziert, das Problem der Abholzung bliebe aber bestehen. Klutes Fazit: "Nachhaltig kann man die Palmölplantagen auf keinen Fall nennen."

Der WWF hat sich mit dieser Frage nach Alternativen in einer Studie auseinandergesetzt. Die Frage: Was wäre, wenn Palmöl durch andere pflanzliche Öle ersetzt würde? Das Ergebnis: Der Ersatz von Palmöl durch andere tropische Öle würde das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern - oder sogar verschlimmern.

"Es würden mehr Flächen benötigt, es entstünden mehr Treibhausgasemissionen und es wären mehr Arten bedroht." Lediglich bei einem Austausch durch heimische Öle wie Rapsöl seien die Folgen weniger schlimm.

Ein unkritischer Austausch von Palmöl durch andere Öle sei laut WWF daher problematisch. Stattdessen empfiehlt die Organisation ein Umdenken bei Politik, Wirtschaft und Verbrauchern.

Im Klartext: Jeder sollte auf Palmölprodukte so viel wie möglich verzichten. Weniger Süßigkeiten, ein Umdenken in der Mobilität und damit weniger Spritverbrauch, keine Fertiggerichte, weniger Fleisch, und so weiter.

Wie kann man Palmöl vermeiden?

Um Palmöl zu vermeiden oder Alternativen zu finden, muss man erst einmal wissen, worin es enthalten ist. Für Lebensmittel gibt es hier seit ein paar Jahren eine Kennzeichnungspflicht.

Von den 61 Prozent Palmöl für den Energie-Sektor gehen 45 Prozent laut Klute in den Diesel. Das sei zwar nicht kennzeichnungspflichtig, allerdings gebe es eine Beimischungspflicht, die je nach Land zwischen fünf und sieben Prozent liege. Die restlichen 16 Prozent gingen in die Energiegewinnung, hauptsächlich in Blockheizkraftwerke.

Bei Wasch-, Reinigungs-, und Pflegemittel gibt es ebenfalls keine Kennzeichnungspflicht.

Marianne Klute sieht die Lösung deshalb in einer generellen Umstellung der eigenen Lebensweise: "Wir sind in Abhängigkeit von Supermärkten geraten. Für uns als Konsumenten ist es natürlich möglich, Alternativen zu finden. Das meiste Palmöl das wir konsumieren, ist in der Industrienahrung und im Kraftstoff."

So steht es auch in den Empfehlungen der WWF-Studie: "Würden wir auf Palmöl als Biokraftstoff verzichten und einen bewussteren Verbrauch von Konsumgütern wie Schokolade, Süß- und Knabberwaren, Fertiggerichten und Fleisch etablieren, könnten wir rund 50 Prozent des derzeitigen Palmölverbrauchs einsparen."

Verwendete Quellen:

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