• Ex-Präsident Donald Trump hat am 15. November angekündigt, dass er bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut kandidieren will.
  • Vorab muss er sich noch gegen innerparteiliche Konkurrenten durchsetzen.
  • Warum seine Chancen dabei nicht schlecht stehen, obwohl er in Umfragen hinten liegt, erklärt US-Experte Josef Braml.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Marie Illner sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es kam nicht überraschend: Ex-Präsident Donald Trump hat am Dienstagabend (15.) angekündigt, 2024 erneut für das Amt des Präsidenten kandidieren zu wollen. Angedeutet hatte er das im Vorfeld bereits mehrfach. In Mar-a-Lago wandte er sich nun an die Öffentlichkeit und sagte: "Wir erobern die Flure der Macht zurück".

Der Zeitpunkt seiner Ankündigung erfolgt vergleichsweise früh, etwa zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl. Trump wird dann 78 Jahre alt sein. "Einer seiner möglichen parteiinternen Konkurrenten, namentlich Ron DeSantis, fuhr bei den für Trumps Getreue nicht allzu gut ausgefallenen Zwischenwahlen einen grandiosen Wiederwahlsieg als Gouverneur von Florida ein", sagt USA-Experte Josef Braml zum Zeitpunkt.

DeSantis weit vor Trump

Trump habe den guten Rat seiner Parteifreunde und engsten Vertrauten ignoriert, seinen Hut erst später in den Ring zu werfen. "Offensichtlich konnte der narzisstisch veranlagte Trump es nicht ertragen, dass mit DeSantis ein anderer als er im Rampenlicht stand", kommentiert der Experte.

In aktuellen Umfragen, zum Beispiel in Iowa und New Hampshire, liegt DeSantis weit vor Trump. "Das sind jene Staaten, in denen die ersten Vorwahlen für die Präsidentschaft stattfinden werden", erklärt Braml. Umfragen seien jedoch nur Momentaufnahmen, es könne noch viel bis zu den Wahlen passieren. "Wir sollten nicht davon ausgehen, dass DeSantis der einzige weitere Wettbewerber sein könnte, der sich aus der Deckung wagt und gegen Trump antritt", sagt Braml.

Trump nimmt Rivalen ernst

Auch der ehemalige Vizepräsident Mike Pence und Ex-Außenminister Mike Pompeo machten sich berechtigte Hoffnungen auf die Präsidentschaft. "In einem größeren Feld würden sich die Nicht-Trump-Wähler wie schon bei Trumps erstem Vorwahlsieg wieder auf mehrere Kandidaten verteilen und Trump, der über einen harten Kern von nur ihm loyalen Unterstützern verfügt, könnte am Ende wieder die Nase vorn haben", analysiert er.

Ganz offensichtlich nehme Trump sowohl DeSantis als auch Pence sehr ernst. "Deshalb unternimmt er alles, um seine möglichen Rivalen zu diskreditieren und von der Kandidatur abzuhalten", sagt Braml. Noch in der Wahlnacht bei den vergangenen Zwischenwahlen habe Trump, der als Präsident Zugang zu Geheimdienstinformationen hatte, damit gedroht, intime Geheimnisse über seinen möglichen Widersacher Ron DeSantis preiszugeben, sollte dieser es wagen, gegen ihn anzutreten. "Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren behauptete Trump, dass die Wahl gestohlen worden sei und stigmatisierte Mike Pence als Verräter, weil der ihm gegenüber bis dato unterwürfige Vizepräsident sich weigerte, Trumps Ansinnen zu folgen und Bidens Wahlsieg nicht zu zertifizieren", sagt Braml.

Enttäuschendes Abschneiden bei Midterms

Dabei ist Trump bei den Republikanern selbst umstritten: Viele Republikaner machen ihn für das insgesamt enttäuschende Abschneiden der Partei bei den Midterms verantwortlich. "Trump wurde von Parteifreunden zurecht dafür kritisiert, dass seine Interventionen bei den Kongresswahlen den Republikanern ein weiteres Mal eine mögliche Mehrheit im Senat gekostet haben", sagt auch Braml.

Aber die von Trump weiterhin dominierten Republikaner hätten die Mehrheit im Abgeordnetenhaus errungen und könnten damit die legislative Agenda von US-Präsident Biden blockieren. "Biden wird im Wahlkampf nicht lange fackeln und sich gleich auf seinen möglichen Hauptgegner bei den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren einschießen. Dafür wird ihm und den Seinen wieder jedes Mittel recht sein", vermutet Braml.

Macht über die Partei

Republikanische Abgeordnete und Senatoren folgten weiterhin willfährig ihrem Volkstribun Donald Trump, beobachtet Braml. "Zwei Drittel von ihnen halten an Trumps Behauptung fest, dass die Wahl "gestohlen" worden und Biden nicht der rechtmäßige Präsident der nicht mehr so Vereinigten Staaten sei", sagt der Experte. Das geschehe nicht ohne politischen Grund: "Auch sechs von zehn Wählerinnen und Wählern der Republikaner glauben Trumps Lüge, dass US-Präsident Biden unrechtmäßig gewählt wurde", sagt Braml.

Er hält es für äußerst bedenklich, dass die Mehrzahl der republikanischen Kandidaten, die im November zur Wahl antreten, die rechtmäßige Wahl Bidens bestreiten. "Nicht zuletzt auch aus Angst vor dem möglichen Zorn des unangefochtenen Parteiführers Trump, der Abtrünnigen, etwa der Abgeordneten Liz Cheney, den politischen Garaus gemacht hat", kommentiert Braml.

Ex-Vize Pence gibt sich selbstsicher: Bereit, auch gegen Trump anzutreten

Jahrelang trat Mike Pence als treuer Weggefährte von Donald Trump in Erscheinung. Doch beim Angriff von Trump-Anhänger auf das Kapitol trennten sich die Wege des Präsidenten und seines Vize. 2024 könnte Pence gegen seinen früheren Chef ins Rennen ums Weiße Haus gehen.

Republikaner auf Linie gebracht

Bereits in den Vorwahlen seien die Republikaner auf Trump-Linie gebracht worden: Nach den Zwischenwahlen seien nur wenige Republikaner im Amt geblieben, die etwa für Trumps Amtsenthebung wegen seiner Handlungen nach seiner Wahlniederlage gestimmt hatten.

Was also würde es für die USA bedeuten, wenn Trump noch einmal antritt? "Uns würde das Lachen schnell vergehen, wenn wir merken, dass die Amerikaner noch mehr mit sich selbst, vor allem auch mit der Bewahrung der eigenen Demokratie, zu tun haben, als dass sie sich um unsere Sicherheit und die für unseren Wohlstand elementar wichtige regelbasierte Weltordnung kümmern könnten", meint Braml.

Mit einem Protest-Banner kreuzt ein Flieger direkt über Donald Trumps Anwesen in Florida

Flugzeug protestiert mit Banner gegen Donald Trump

Der Urheber ist nicht bekannt, die Botschaft aber klar: Ein Flugzeug zieht ein Protest-Banner gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump hinter sich her und überfliegt damit dessen Domizil in Mar-a-Lago in Palm Beach im US-Bundesstaat Florida. "Du hast schon wieder verloren, Donald", bekommt Trump zu lesen - wenn er denn daheim gewesen sein sollte.

Wie stehen Trumps Chancen?

Er ist sich sicher: Egal, wer in zwei Jahren im Weißen Haus sitzen wird, die Amerikaner werden die bereits vor Trumps Amtszeit von Präsident Obama eingeläutete Hinwendung nach Asien und Eindämmung Chinas weiter forcieren und damit auch die europäischen Alliierten vor schwierige sicherheitspolitische und wirtschaftliche Entscheidungen stellen.

Trumps Chancen, wenn er denn tatsächlich Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird, sieht Braml davon abhängig, wer bei den Demokraten gegen ihn antritt. "Biden hält sich weiterhin selbst für den besten Kandidaten, um Trump einmal mehr zu verhindern", sagt der Experte. Aber seinerzeit habe die Corona-Pandemie Biden in die Hände gespielt, weil der damalige Präsident Trump sich mit vielen seiner erratischen Entscheidungen als wenig führungsstark erwiesen habe und weil dem damals schon nicht mehr allzu fit wirkenden Biden ein kräftezehrender Wahlkampf erspart geblieben sei. "Biden, der für seine Fehltritte bei öffentlichen Auftritten bekannt ist, konnte damals den Wahlkampf online aus seinem Keller machen", sagt Braml.

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Über den Experten: Dr. Josef Braml ist USA-Experte und Generalsekretär der Deutschen Gruppe der Denkfabrik Trilaterale Kommission. Sein neues Buch "Die transatlantische Illusion. Die neue Weltordnung und wie wir uns darin behaupten können", ist beim Verlag C.H.Beck erschienen.



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