Mit dem Marschlugkörper Taurus lassen sich auch Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung treffen. Die Ukraine fordert die Waffe von der deutschen Bundesregierung. Was verspricht sie sich davon?

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Großbritannien ist diesen Schritt bereits gegangen: Im Mai hat die Regierung in London der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland "Storm Shadow" in Aussicht gestellt: Dabei handelt es sich um Marschflugkörper, also um unbemannte Flugapparate mit einer Sprengladung, die von einem Flugzeug aus gestartet werden und sich selbst ins Ziel steuern. Die Ukraine hat diese Waffen nach eigener Aussage kurz nach der Ankündigung bereits eingesetzt.

Die Regierung in Kiew fordert nun auch von der deutschen Bundesregierung Marschflugkörper vom Typ Taurus, um auch Stellungen der russischen Streitkräfte weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Die Bundesregierung war dabei bislang zurückhaltend, weil die Geschosse auch russisches Territorium erreichen können. Doch was ist das eigentlich für ein Waffensystem und was kann es?

Bundeswehr über Taurus: einer "der modernsten Flugkörper der Luftwaffe"

Den raketenförmigen Taurus KEPD-350 bezeichnet die Bundeswehr als einen "der modernsten Flugkörper der Luftwaffe".

Als große Stärke des Systems nennt die Bundeswehr die "Bekämpfung von wichtigen Zielen über große Entfernung". Das heißt: Da der Taurus KEPD-350 nach Herstellerangaben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern hat, müssen Piloten für das Abfeuern nicht in den feindlichen Luftraum eindringen. Das Waffensystem kann derzeit unter anderem mit dem Kampfflugzeug Tornado und mit dem Eurofighter zum Einsatz kommen.

Die rund fünf Meter langen und fast 1.400 Kilogramm schweren Flugkörper sind mit einem eigenen Triebwerk und insgesamt vier voneinander unabhängigen Navigationssystemen ausgestattet. Im autonomen Tiefflug sollen sie in einer Höhe von weniger als 50 Metern nur schwer von der gegnerischen Flugabwehr getroffen werden können.

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Beim Aufschlag können nach Angaben der Bundeswehr "stark gehärtete Zielstrukturen" durchbrochen werden. Genannt werden in diesem Zusammenhang unter anderem Bunkeranlagen. Dort soll dann das 480 Kilogramm schwere Sprengkopfsystem Mephisto explodieren.

Hersteller von Taurus ist eine Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA. Die Bundeswehr kann seit 2005 auf das System zurückgreifen. Damals bestellte das Verteidigungsministerium nach Angaben der Bundeswehr insgesamt 600 Flugkörper. Ein Exemplar kostete damals etwa eine Million Euro.

"Spiegel": Scholz will Angriffe auf russisches Territorium ausschließen

Der "Spiegel" hat am Freitag berichtet, dass die Bundesregierung eine Taurus-Lieferung an die Ukraine inzwischen prüft. Allerdings hatte Berlin bisher immer wieder Bedenken angemeldet. Technisch möglich wäre es für die Ukraine, damit auch Ziele in Russland zu treffen. Diese Eskalation will die Bundesregierung offenbar nicht riskieren. Zudem würde eine Taurus-Lieferung wohl auch die Kampfjet-Debatte neu befeuern: Die Ukraine bräuchte möglicherweise auch Flugzeuge, um das Waffensystem einzusetzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wolle durch technische Modifikationen ausschließen, dass die Ukraine mit den weitreichenden Waffensystemen Angriffe auf russischem Territorium ausführen kann, berichtete der "Spiegel". In Industriekreisen hieß es dem Bericht zufolge, eine solche Einschränkung des Systems sei durchaus möglich, werde aber einige Wochen in Anspruch nehmen. (dpa/fab)

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