Eine alte Segeljacht und sechs unbekannte Personen sollen laut "Spiegel"- und ZDF-Berichten eine zentrale Rolle bei der Nord-Stream-Sabotage gespielt haben. Die Spuren führen in die Ukraine.

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In einer breitangelegten Recherche haben Reporterinnen und Reporter des "Spiegels" und des ZDF die Tage vor der Sprengung der Nord-Stream-Pipelines analysiert. Sie kommen zu dem Schluss, dass lediglich eine sechsköpfige Crew und ein altes, gechartertes Segelboot bei einem der größten Sabotageakte der Nachkriegszeit beteiligt gewesen sein sollen.

Die Spur der Nord-Stream-Saboteure führt in die Ukraine

Der "Spiegel" berichtete weiter, dass die Saboteure nach dem Anschlag in die Ukraine geflüchtet sein sollen. Darauf deuten demnach zahlreiche Datenspuren hin, die die Ermittler auswerten konnten. Experten von Bundeskriminalamt und Bundespolizei kämen zu dem Schluss, dass sich die Verdächtigen vor und nach dem Sabotageakt in der Ukraine aufhielten und von dort aus kommunizierten.

Dem Magazin zufolge überwiegt mittlerweile unter Ermittlern und Agenten der Verdacht, dass ein ukrainisches Kommando für den Angriff auf die deutsche Energieinfrastruktur verantwortlich war. Auf eine sogenannte "False Flag"-Operation Moskaus, bei der Russland die Explosionen ausgelöst und bewusst eine falsche Fährte in die Ukraine gelegt habe, gebe es hingegen keine Hinweise.

Grafik zu Nord Stream
Für die Sprengung der Gaspipeline Nord Stream und Nord Stream 2 sollen wohl ukrainische Spezialtruppen verantwortlich gewesen sein. © dpa/dpa-infografik GmbH

Deutschlands Innenministerin hofft auf Anklage

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist zuversichtlich, dass es zu einer Anklage gegen die Saboteure der Nord-Stream-Pipeline kommen wird. "Ich erhoffe mir, dass der Generalbundesanwalt genügend Anhaltspunkte findet, um die Täter anzuklagen", sagt Faeser dem Magazin "Spiegel". Dieser ermittelt in dem Fall gegen Unbekannt – wegen des "Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindlicher Sabotage".

"Wir müssen solche Verbrechen vor Gericht bringen", betonte Faeser. Es stärke auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat, wenn es gelänge, so komplexe Sachverhalte aufzuklären. Der Anschlag habe unmittelbar die Frage aufgeworfen, wie die Bundesrepublik sich besser schützen könne. Ein Ausfall von kritischer Infrastruktur wie Pipelines oder Stromleitungen könne "enorme Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben", sagte die Ministerin.

Brisante Ermittlungsergebnisse erwartet

Die unter der Ostsee verlaufenden Leitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 für den Transport von russischem Erdgas nach Deutschland waren Ende September 2022 durch Explosionen zerstört worden. In den vergangenen Monaten verdichteten sich die Hinweise, dass die Ukraine hinter den Detonationen stehen könnte, unter anderem durch die Ermittlungen deutscher Behörden.

Das Ergebnis eben jener Ermittlungen könnte hochbrisant sein, denn sollte sich doch herausstellen, dass Russland für den Anschlag verantwortlich war, könnten militärische Konsequenzen drohen. Laut Nato-Artikel 5 kann ein Angriff auf die kritische Infrastruktur eines Nato-Landes den Bündnisfall auslösen, heißt es beim "Spiegel". Sollte es die Ukraine gewesen sein, müssten sich die Unterstützer fragen, ob sie auch weiterhin Waffen und Material liefern wollen. Sollte sich eine Unterstützung der USA abzeichnen, könnte das die "75 Jahre transatlantische Partnerschaft zerstören", mutmaßt das Magazin. (afp/the)

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