Die Organspende in Deutschland wird leicht modifiziert: Die Abgeordneten des Bundestags stimmten mit großer Mehrheit für die erweiterte Zustimmungslösung. Zuvor war ein Entwurf von Gesundheitsminister Spahn abgelehnt worden.

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Tausende kranke Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan. Doch trotz hoher Spendenbereitschaft warten viele vergeblich. Der Bundestag will dies ändern.

Gelingen soll das mit einer moderaten Reform der Organspenderegeln: Die Bürgerinnen und Bürger sollen künftig zu einer konkreten Entscheidung über Organspenden bewegt werden.

In der entscheidenden dritten Lesung votierten 432 Abgeordnete dafür, 200 Parlamentarier stimmten dagegen, 37 enthielten sich. Damit bleiben Organspenden in Deutschland auch nur mit ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt.

Zuvor war ein Vorstoß von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abgelehnt worden. Er hatte eine "doppelte Widerspruchsregelung" vorgeschlagen: Demnach wäre grundsätzlich jeder Spender - außer er oder sie widerspricht. Für die Regelung votierten in geheimer Abstimmung am Donnerstag 292 Abgeordnete, dagegen waren 379, es gab 3 Enthaltungen.

Hausärztinnen und -ärzte sollen größere Rolle spielen

Der nun beschlossene Gesetzentwurf der Gruppe um Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping lehnte einen derart tiefen Eingriff in die Selbstbestimmung ab. Stattdessen sollen alle Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt angesprochen werden.

Wer ab dem Alter von 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt Informationsmaterial bekommen. Beim Abholen soll man sich dann vor Ort oder auch später zu Hause in ein neues Online-Register eintragen können - mit Ja oder Nein. Selbst beraten sollen Ämter ausdrücklich nicht.

Für eine regelmäßige Aufklärung sollen auch Hausärztinnen und -ärzte eine größere Rolle spielen. Sie sollen Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern - aber ergebnisoffen und mit dem Hinweis, dass es weiter keine Pflicht zu einer solchen Erklärung gibt. Grundwissen über Organspenden soll auch Teil der Erste-Hilfe-Kurse vor einer Führerscheinprüfung werden. Im Online-Register sollen Entscheidungen jederzeit zu ändern sein.

Zahl der Organspenden ist niedrig

Gemeinsames Ziel beider Initiativen ist es, angesichts von rund 9.000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen. Die Zahl der Spender ging im vergangenen Jahr wieder leicht auf 932 zurück, nachdem 2018 noch 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere Patienten überlassen hatten.

Es gab nun aber weiterhin mehr Spender als beim bisherigen Tiefstand von 797 im Jahr 2017. Im vergangenen Jahr wurden 2.995 Organe an die Vermittlungsstelle Eurotransplant übergeben - vor allem Nieren, Lebern und Lungen.

Unabhängig von der Debatte über neue Regeln gilt seit vergangenem Jahr ein Gesetz, das die Bedingungen für Organspenden in Kliniken verbessern soll. Es sieht mehr Geld sowie mehr Kompetenzen und Freiräume für Transplantationsbeauftragte der Kliniken vor. Mobile Ärzteteams sollen kleineren Häusern ohne eigene Experten helfen, einen Hirntod als Voraussetzung für Organ-Entnahmen festzustellen.

Bürger befürworten die Widerspruchsregelung

Vor der Bundestagsabstimmung über die Zukunft von Organspenden hatte eine Umfragemehrheit befürwortet, dass künftig jeder nach dem Tod automatisch Organspender ist, sofern er nicht widerspricht.

Dem am Donnerstag veröffentlichten neuen ZDF-Politbarometer zufolge sprachen sich 61 Prozent der Befragten für den Reformvorschlag von Spahn aus. Rund 36 Prozent fanden die sogenannte Widerspruchslösung demnach nicht gut. (hub/ank/dpa)

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