Es geht um Donald Trump, zu Gast ist Thilo Sarrazin. Deutschlands Polit-Provokateur soll mit Sandra Maischberger und anderen Gästen also über den Wüterich im Weißen Haus diskutieren. Das klingt spektakulär. Doch die Runde bleibt recht zahm und ratlos.

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Wäre Donald Trump doch nur schon viel früher ins Weiße Haus eingezogen. Die USA hätten weniger Arbeitslose und die Welt wäre ein sicherer Ort. Das ist die Einschätzung, die Thilo Sarrazin am Mittwochabend bei Sandra Maischberger verbreitet. Der ehemalige Berliner Finanzsenator und Buchautor erfüllt also die Erwartungen, die die Redaktion der ARD-Sendung wohl in ihn gesetzt hatte. Für steile Thesen ist er immer gut. Deutschland hatte Sarrazin 2010 wegen der Einwanderung noch mehr oder weniger den Untergang vorausgesagt. Den neuen US-Präsidenten, mit dem viele den Untergang westlicher Werte verbinden, findet er dagegen gar nicht so schlecht.

Trumps Kabinett gilt als Riege älterer Männer. Und so passt es ganz gut, dass links und rechts von Sandra Maischberger einige Herren auf den Sesseln sitzen, die ihre aktivste Zeit in der deutschen Öffentlichkeit schon hinter sich haben. Wie gesagt Ex-Bundesbanker und Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin, außerdem Ex-Moderator Ulrich Kienzle, die noch recht junge Ex-CDU-Zukunftshoffnung Norbert Röttgen und der emeritierte Geschichtsprofessor Michael Wolffsohn. Als dunkelroter Farbklecks fungiert die New Yorker Finanzexpertin Sandra Navidi im ballkleidähnlichen Gewand.

Sarrazin gibt zu: Trump ist nicht sympathisch

Über Trump hat in Talkshows, an Stamm- und Frühstückstischen in den letzten Wochen jeder diskutiert. Da fällt es den Gästen sichtlich schwer, noch neue interessante Gedanken aufzumachen. Natürlich macht jeder deutlich, dass der Mann im Weißen Haus und seine Ansichten gefährlich sein könnten. Von einem "Molotow-Cocktail" (Kienzle) und einem "Bazillus" (Röttgen) ist die Rede. Und sogar Thilo Sarrazin muss einräumen: Sympathisch sei Trump ja wirklich nicht.

Es herrscht eine große Ratlosigkeit darüber, was der Präsident nun eigentlich will. Oder ist das alles Strategie? Historiker Wolffsohn jedenfalls glaubt das: Mit der Unsicherheit, die er stifte, wolle Trump seine Partner zu Zugeständnissen zwingen. "Das ist doch eine teuflisch-geniale Verhandlungsposition."

So fahrig wie Trumps Außenpolitik wird auch die Diskussion stellenweise. Und so wie sich der US-Präsident nichts vorschreiben lässt, antworten auch Maischbergers Gäste nicht immer auf ihre Fragen. Der frühere Nahost-Korrespondent Kienzle jedenfalls spricht lieber über Saudi-Arabien. "Ich halte Saudi-Arabien für gefährlicher als ISIS." Halt. Worum sollte es hier nochmal gehen?

Sarrazin: "Abschottung" klingt zu negativ

Interessant wird es, als Thilo Sarrazin Trumps Abschottungspolitik verteidigen soll, wobei "Abschottung" ihm zu negativ klingt. In seiner ganz eigenen Version von politisch korrekter Sprache würde das "Verhinderung illegaler Einwanderung" heißen. Und die, so der ehemalige Bundesbanker, könne in der Tat der Wirtschaft helfen.

Sarrazins Behauptung: Hätten die USA schon seit 1970 die Einwanderung begrenzt, gäbe es jetzt 40 Millionen weniger Mexikaner und Südamerikaner im Land. Und dann würden die Löhne für Gärtner und Kindergärtnerinnen deutlich höher sein. "Das gilt übrigens ebenso für Deutschland", setzt der Buchautor noch an. Und man hätte jetzt gerne gehört, wie er das erklären will – dass ein Land, das Fachkräfte sucht, lieber auf Zuwanderung verzichten soll. Aber Sandra Maischberger geht darauf nicht ein, sie will lieber Norbert Röttgen etwas fragen.

Sandra Navidi: Trump sucht einen Konflikt

Auch außenpolitisch hat Sarrazin übrigens Hoffnung. Wenn er es richtig verstanden habe, wolle sich Trump einfach überall auf der Welt heraushalten. "Und damit wird er auch in der Tat friedensstiftend wirken", so der frühere Banker. Die Finanzexpertin Sandra Navidi, so etwas wie seine Gegenspielerin in dieser Runde, glaubt das Gegenteil. Die Sicherheitslage wolle Trump nur auf einer einzigen Seite mit wenig Text und vielen Grafiken vorgesetzt bekommen. Und dann schieße er noch gegen alle möglichen Länder. "Es ist so, als ob er einen Konflikt sucht", sagt sie.

Wer hat recht? Das ist natürlich erstens Ansichtssache. Und das ist zweitens schwierig zu beantworten, wenn es um die Ansichten und Pläne eines Mannes geht, mit dem wohl noch niemand in dieser Runde gesprochen hat.

"Aber was will Trump machen?", fragt Sandra Maischberger. "Das wird sich zeigen", antwortet Michael Wolffsohn. Damit wären diese 75 Minuten eigentlich auch ganz gut zusammengefasst.

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