Nikki Haley ist "kein Fan von Trump". Dennoch hat der sie zur amerikanischen Botschafterin bei den Vereinten Nationen gemacht. Diesen Job geht die 44-Jährige ähnlich selbstbewusst an wie ihr Chef sein Amt: Haley will die UN umkrempeln.

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Vollmundig hat Donald Trump versprochen: "Bei den Vereinten Nationen werden die Dinge ab dem 20. Januar anders laufen." Und Nikki Haley (44), die Frau, die Trump auf den Posten der ständigen Vertreterin der USA bei den UN gehievt hat, scheint es mit ihrem Boss locker aufnehmen zu können, wenn es um vollmundige Ankündigungen geht.

Die außenpolitisch völlig unerfahrene Ex-Gouverneurin hat gleich bei ihrem Amtsantritt bewiesen, dass es ihr an einem sicher nicht mangelt: an Selbstbewusstsein. "Was funktioniert, werden wir besser machen. Was nicht, werden wir reparieren. Was überflüssig ist, schaffen wir ab", kündigte sie an. Und weiter: "Wir werden unsere Verbündeten unterstützen und sicherstellen, dass sie uns unterstützen. Wenn nicht, merken wir uns ihre Namen."

Auch Haleys Name ist einer, den man sich merken sollte: Sie gilt als eine der größten Hoffnungen der Republikaner. Nicht zuletzt, weil sie der Partei die Tür zu den Minderheiten im Land öffnen könnte.

Geboren wurde sie als Nimrata Randhawa, Tochter von indischen Einwanderern. Als sie am 24. Januar zu UN-Botschafterin ernannt wurde, war sie die erste Frau und die erste Vertreterin einer Minderheit in Trumps Kabinett.

Nicht nur deswegen war sie eine überraschende Wahl: Im Wahlkampf hatte sie noch vehement gegen Trump und für dessen Konkurrenten Marco Rubio ausgesprochen. Nachdem Trump sich durchgesetzt hatte, sagte sie, sie werde für ihn stimmen. "Ich bin aber kein Fan von Trump."

Mit ihr kommt eine Pragmatikerin auf den Posten in New York - und auf sie eine knifflige Aufgabe zu.

Haley hat wohl wenig Handlungsspielraum

Schon kurz nach dem Wahlsieg von Donald Trump tauchten Meldungen von einem bevorstehenden "Krieg" zwischen den USA und den UN auf. Der designierte Präsident hatte eine Verurteilung der israelischen Siedlungspolitik durch den Sicherheitsrat zum Anlass genommen, die traditionellen Vorbehalte in den USA gegen die UN zu pflegen.

Das sei einfach nur ein Klub, in dem sich Leute treffen, unterhalten und eine schöne Zeit haben, spottete Trump. "Die Vereinten Nationen sind kein Freund von Demokratie, kein Freund von Frieden und nicht einmal ein Freund der USA." Im Parlament wurden Stimmen laut, die eine Reduzierung oder eine Aussetzungen der US-Zahlungen an die UN forderten. Soll Haley also die US-Vertretung in New York abwickeln?

Aus Sicht von Günther Unser, pensionierter Politikwissenschaftler und Verfasser mehrerer Standardwerke über die Vereinten Nationen, ist diese Frage derzeit nicht zu beantworten. "Ich kann nicht erkennen, welche Priorität die UN in der Außenpolitik der USA einnehmen", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. "Donald Trump hat schon viel angekündigt und dann etwas anderes getan. Und im Außenministerium sitzen viele neue Leute, von denen wir nichts wissen."

Haley selbst sagte in ihrer Senatsanhörung, sie sei strikt gegen Pläne, das Engagement bei den UN zu reduzieren. Das aber hat sie letztlich nicht zu entscheiden, sagt Unser.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie viel Handlungsspielraum hat. Ich befürchte, sie ist erst einmal Befehlsempfängerin und wird von Washington an der kurzen Leine gehalten. Wenn sie vernünftig ist, wird sie sich erst einmal zurückhalten und schauen, wie überhaupt die Linie ist."

Auf Linie erscheint Haley derweil, zumindest in einem Punkt, mit ihrer Vorgängerin Samantha Power. "Die Krim gehört zur Ukraine", sagte sie bei ihrem ersten Auftritt in New York - ein Zeichen für Kontinuität, wie der Vorsitzende des russischen Auswärtigen Ausschusses, Alexei, Poshkov, nicht ohne Sarkasmus anmerkte: "Es sieht so aus, als sei die neue Vertreterin der USA bei den UN mit einem Statement gekommen, dass von Samantha Power geschrieben wurde."

Power war bekannt für ihre scharfe Rhetorik gegenüber Russland. "Gibt es nichts, wofür sie sich schämen?", fragte sie im Dezember die russischen Vertreter im Sicherheitsrat bei einer Debatte über Kriegsverbrechen in Syrien.

Nähe zur Tea-Party-Bewegung

Auch Haley hat solche eher undiplomatischen Äußerungen im Repertoire. Als Gouverneurin von South Carolina machte sie sich einen Namen als entschiedene Gegnerin von Gewerkschaften. "Ich trage so gerne High Heels, weil ich damit die Gewerkschaften aus unserem Staat kicke", sagte sie einmal.

Ideologisch steht sie der konservativen Tea-Party-Bewegung nahe. Sie kämpfte gegen Obamacare und die Einschränkung des Waffenbesitzes und sprach sich gegen Abtreibungen und die Homo-Ehe aus.

Ihre Entscheidung, in die Politik zu gehen, fiel 2003 – nachdem sie eine Rede von Hillary Clinton gesehen hatte. Landesweit bekannt wurde sie mit einer Entscheidung, die vor allem Beifall von Demokraten bekam: Als ein rechtsradikaler Terrorist in Charleston im Juni 2015 neun Afroamerikaner in einer Kirche erschoss, wies sie an, die umstrittene Südstaaten-Flagge von offiziellen Gebäuden zu entfernen.

Haley wird "Obama von rechts" genannt

Jahre zuvor hatte sie sich noch dagegen ausgesprochen, weil es sich um das kulturelle Erbe South Carolinas handele. "Aber ich habe verstanden, dass Menschen an dieser Fahne vorbeigefahren sind und darunter gelitten haben. Das sollte so nicht sein." Diese Flexibilität brachte ihr unter Demokraten den ehrfürchtigen Beinamen "Obama von rechts" ein.

Ihre eigene Partei kritisierte Haley dafür, "kalt und abweisend" gegenüber Migranten zu sein. Sie selbst hat das erlebt: Ein Vertreter der Republikaner in South Carolina wetterte 2010, er wolle als Gouverneurin keinen "Raghead" – ein Schimpfwort für Menschen, die Turban tragen. Haley wurde im selben Jahr trotzdem gewählt, als erste weibliche Gouverneurin South Carolinas und als erste, die einer Minderheit angehört.

Allerdings unterzeichnete sie eines der schärfsten Einwanderungsgesetze aller US-Bundesstaaten. Nicht scharf genug für Donald Trump, der in Sachen Immigration als "nachlässig" kritisierte.

Warum er sie trotzdem für den wichtigen Posten in New York nominierte, hat vielleicht einen Grund, der für Haley spricht: Trumps kann so eine potenzielle Rivalin im Vorwahlkampf 2020 aus dem Weg räumen.

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