Im Gaza-Krieg zwischen Israel und den Hamas-Islamisten werden die Rufe nach humanitären Feuerpausen lauter. Hilfslieferungen für die Menschen im Gazastreifen gleichen bisher einem Rinnsal. Lesen Sie hier den Überblick zum Geschehen in der Nacht und einen Ausblick auf den Tag.
Während das israelische Militär das massive Bombardement im Gazastreifen in Vorbereitung einer Bodenoffensive gegen die islamistischen Hamas-Angreifer fortsetzt, fordern die Staaten der Europäischen Union (EU) Feuerpausen und geschützte Korridore für Hilfslieferungen an die notleidende Zivilbevölkerung.
Zudem befürworten sie in einem Gipfelbeschluss vom späten Donnerstagabend eine baldige internationale Friedenskonferenz für den Nahen Osten. Israels Außenministerium wollte die Forderungen der EU-Staaten zunächst nicht kommentieren. Ein Sprecher teilte auf Anfrage mit, man werde sich eventuell an diesem Freitag dazu äußern.
UN: Hilfslieferungen für Gaza reichen nicht aus
Die bisherigen Hilfslieferungen in die von Israel abgeriegelte Küstenenklave am Mittelmeer reichen nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA bei Weitem nicht aus, um die mehr als 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen zu versorgen. Von Samstag bis Dienstag seien 62 Lastwagen mit Hilfsgütern wie Trinkwasser, Nahrung und medizinischem Material eingetroffen. Das meiste davon sei bereits verteilt worden.
Die Lieferung von dringend benötigtem Treibstoff habe Israels Militär trotz zahlreicher Bitten bislang nicht erlaubt, hieß es. Die israelische Seite befürchtet, dass die Hamas den Treibstoff für Terrorzwecke missbrauchen könnte und wirft ihr vor, den Menschen im Gazastreifen eigene Treibstoffreserven vorzuenthalten.
EU-Staaten fordern ungehinderten Zugang für Hilfe
In dem Gipfelbeschluss der EU wird zu einem schnellen, sicheren, ungehinderten und kontinuierlichen Zugang für Hilfslieferungen aufgerufen. Um eine regionale Eskalation des Konflikts zu verhindern, müsse auch die Palästinensische Autonomiebehörde einbezogen werden. Mit der Erklärung des Gipfels, der ein heftiger Streit vorausgegangen war, verschärft die EU angesichts der katastrophalen humanitären Situation im Gazastreifen ihren Ton gegenüber Israel.
Zugleich stellt die Gipfelerklärung einen Kompromiss dar. Sie sollte mit der im Plural gehaltenen Formulierung "Feuerpausen" deutlich machen, dass die EU Israel nicht auffordert, den Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen mit sofortiger Wirkung einzustellen. Forderungen nach einem humanitären Waffenstillstand, wie sie etwa von den Vereinten Nationen erhoben wurden, lehnt Israel bislang ab.
Auch USA befürworten begrenzte Feuerpause
Auch die US-Regierung hat sich dafür ausgesprochen, begrenzte humanitäre Feuerpausen im Gaza-Krieg in Betracht zu ziehen. "Dabei handelt es sich um örtlich begrenzte, zeitlich begrenzte, spezifische Pausen auf dem Schlachtfeld, damit humanitäre Hilfe zu den Bedürftigen gelangen kann oder die Menschen das Gebiet in relativer Sicherheit verlassen können", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Donnerstag (Ortszeit).
Hilfsbemühungen für Menschen in Gaza gehen weiter
Unterdessen sollen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch diesen Freitag zwei weitere Flüge mit Hilfslieferungen für den Gazastreifen starten. Für die kommenden Tage seien darüber hinaus weitere Flüge geplant, sagte sie in der Nacht zu Freitag. Ägypten lässt zudem zur Behandlung palästinensischer Verletzter nahe der Grenze zu Gaza ein Feldlazarett errichten. Dieses werde hinter einem staatlichen Krankenhaus im Ort Scheich Suwaid gebaut, sagte ein ägyptischer Regierungsvertreter der Deutschen Presse-Agentur.
Kampfhandlungen gehen auf beiden Seiten weiter
Das israelische Militär setzt unterdessen den Kampf gegen die Hamas fort. Kampfpanzer unternahmen am Donnerstag erneut einen vorübergehenden Vorstoß in den Norden des Gazastreifens, während die Luftwaffe weiter Stellungen der Hamas bombardierte. Eine Bodenoffensive Israels wird seit längerem erwartet. Auch während der heftigen Luftangriffe griffen militante Palästinenser im Gazastreifen erneut israelische Ortschaften mit Raketen an. Nach israelischen Angaben feuerten sie seit Kriegsbeginn rund 8000 Raketen auf Israel ab. Diese meisten davon werden von Israels Raketenabwehrsystem abgefangen.
USA verstärken Militärpräsenz im Nahen Osten
Das US-Militär hat derweil angesichts des Gaza-Kriegs rund 900 Soldaten in den Nahen Osten verlegt. Sie würden nicht nach Israel geschickt, sondern sollten Einheiten unterstützen, die sich bereits in der Region befänden, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Donnerstag. Zur Abschreckung regionaler Akteure haben die USA bereits mehrere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge ins östliche Mittelmeer verlegt, US-Truppen wurden in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt.
Iran warnt Washington
Irans Außenminister warnte die USA vor einer direkten Verwicklung in den Konflikt. Sollte der "Völkermord in Gaza weitergehen, werden sie von diesem Feuer nicht verschont bleiben", sagte Hussein Amirabdollahian am Donnerstag laut einem Transkript seiner Rede bei einer Sondersitzung der UN-Vollversammlung in New York. "Ich sage den amerikanischen Staatsmännern und Streitkräften, die jetzt den Völkermord in Palästina handhaben, ganz offen, dass wir die Ausweitung und das Ausmaß des Krieges in der Region nicht begrüßen."
Israel verurteilte seinerseits ein Treffen russischer Diplomaten mit Vertretern der Hamas in Moskau. "Wir fordern die russische Regierung auf, die Hamas-Terroristen unverzüglich auszuweisen", teilte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Lior Haiat, am Donnerstag mit. Die hohen Hamas-Funktionäre hätten an ihren Händen das Blut von 1400 getöteten Israelis, "die abgeschlachtet, ermordet, hingerichtet und verbrannt wurden". Russlands Außenministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass Diplomaten in Moskau mit Hamas-Vertretern unter anderem über die Freilassung ausländischer Geiseln sprachen.
Was am Freitag wichtig wird
In Brüssel setzen die EU-Staats- und Regierungschef ihre Beratungen am zweiten letzten Tag ihres Gipfels fort. Israel wird möglicherweise Stellung zu den Forderungen der EU nach Feuerpausen nehmen. Derweil sollen zwei weitere Flüge mit EU-Hilfslieferungen für Gaza starten. (dpa/dh)
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