Wegen seines Israel-Kurses steht Joe Biden auch im eigenen Land unter Druck. Nun scheint der US-Präsident langsam die Geduld mit Netanjahu zu verlieren. Immer stärker drängt er darauf, dass Israel mehr Hilfe in Gaza zulassen muss.

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US-Präsident Joe Biden hat wenig Hoffnung auf eine Einigung auf eine Waffenruhe im Gazastreifen vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan und verliert offenbar zunehmend die Geduld mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu.

"Es sieht schwierig aus", sagte Biden am Freitag mit Blick auf eine Feuerpause bei einem Besuch im Bundesstaat Pennsylvania vor Journalisten. Der Präsident hatte am Vorabend in seiner Rede zur Lage der Nation im US-Kongress zu einer "sofortigen" sechswöchigen Waffenruhe aufgerufen.

Viele hatten auf eine Einigung auf eine Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas vor dem Ramadan gehofft, damit mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen und Hamas-Geiseln freikommen können. Der muslimische Fastenmonat beginnt je nach Sichtung der Mondsichel am Montag oder bereits am Sonntagabend.

Keine Einigung zwischen Hamas und Israel

US-Außenminister Antony Blinken sagte am Freitag, das Problem bei den Verhandlungen sei die Hamas. "Der Ball ist in ihrem Feld", sagte Blinken bei einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan in Washington. "Wir arbeiten intensiv daran." Eine Waffenruhe wäre für alle von Vorteil.

Die Hamas-Delegation hatte am Donnerstag die Gespräche in Kairo unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars unterbrochen und war zu Beratungen nach Doha gereist. Zur Begründung hieß es, die bisherigen Antworten der israelischen Regierung erfüllten "nicht die Mindestanforderungen".

Die Hamas verlangt einen dauerhaften Waffenstillstand, einen vollständigen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen, die Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Häuser und den Beginn des Wiederaufbaus in dem Palästinensergebiet. Israel lehnt dies ab.

Biden drängt auf Kursänderung Israels

Biden hatte die unnachgiebige Haltung Netanjahus in seiner Rede zur Lage der Nation am Donnerstag scharf kritisiert. "Der Führung in Israel sage ich folgendes: Humanitäre Hilfe darf keine zweitrangige Überlegung oder ein Druckmittel sein. Der Schutz und die Rettung unschuldiger Leben muss Priorität haben."

Bei noch eingeschaltetem Mikrophon kündigte er kurz nach der Rede in scheinbar privater Runde an, Netanjahu die Leviten lesen zu wollen: "Ich habe Bibi gesagt: 'Du und ich werden ein Come-to-Jesus-Meeting haben'", sagte Biden, wobei er den israelischen Regierungschef bei dessen Spitznamen nannte.

Mit dem umgangssprachlichen Begriff "Come to Jesus" wird in den USA die Einsicht bezeichnet, dass eine dramatische Kursänderung notwendig ist. Später legte Biden noch einmal nach und antwortete auf die Frage, ob Netanjahu mehr Hilfe für den Gazastreifen zulassen müsse, mit: "Ja, das muss er".

Joe Biden, Präsident der USA, bei seiner Rede zur Lage der Nation. © picture alliance/dpa/AP/Andrew Harnik

Israel-Haltung bringt Biden unter Druck

Der US-Präsident will in diesem Jahr wiedergewählt werden und gerät wegen seiner Unterstützung für Israel zunehmend unter Druck. Vor seiner Rede vor dem Kongress fand eine pro-palästinensische Demonstration statt, deren Teilnehmer Biden Völkermord vorwarfen.

Beim Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober waren israelischen Angaben zufolge etwa 1.160 Menschen getötet sowie rund 250 als Geiseln verschleppt worden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor.

Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 30.900 Menschen getötet. (afp/thp)

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