Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro steigen. Diesen Vorschlag legte die zuständige Mindestlohnkommission am Montag in Berlin vor.

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Die Mindestlohnkommission hat ihre Empfehlung zur Erhöhung des Mindestlohns verkündet: Zum 1. Januar 2024 soll der Mindestlohn von 12,00 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro steigen. Die Entscheidung fiel allerdings nicht einstimmig. Die Arbeitnehmervertreter in der Kommission sind gegen diese in ihren Augen zu geringe Anhebung und wurden nach eigenen Angaben in der Kommission überstimmt.

Hubertus Heil zeigte sich mit der Höhe der Anhebung sichtlich unzufrieden: "Ich weiß, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Gewerkschaften durchaus einen höheren Mindestlohn gewünscht hätten", erklärte der Bundesarbeitsminister - verwies jedoch im selben Atemzug auf das Mindestlohngesetz.

Demnach könne die Bundesregierung nur den Vorschlag der Kommission umsetzen oder nicht. Die Alternative wäre keine Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar, "was angesichts der Inflationsentwicklung nicht verantwortbar ist".

Der Arbeitsminister fügte hinzu, er bedaure, dass die Entscheidung der Kommission nicht im Konsens gefallen sei. Er begrüße es, dass sich die Kommissionsmitglieder dennoch einstimmig dazu bekannt hätten, "dass das Verfahren so bleiben soll".

Die Bundesregierung sei "im Kampf um gerechte Löhne nicht am Ende", versicherte der Minister. "Noch in diesem Sommer" werde er gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Gesetz zur Tarifstärkung vorlegen. Öffentliche Aufträge des Bundes sollen demnach künftig nur an Unternehmen gehen, die nach Tarif bezahlen. Er und Habeck arbeiteten "mit Hochdruck" an dem Gesetzentwurf, sagte Heil.

Wie wurde über die Höhe entschieden?

Im vergangenen Herbst wurde der Mindestlohn ausnahmsweise von der Ampel per Gesetz von 10,45 Euro auf 12 Euro angehoben. Vor allem die SPD hatte sich dafür im vergangenen Bundestagswahlkampf stark gemacht. Ansonsten ist die Mindestlohnkommission zuständig. Darin beraten jeweils drei hochrangige Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter, zwei Wissenschaftler und ein oder eine Vorsitzende alle zwei Jahre über eine Erhöhung der Lohnuntergrenze. Berücksichtigt wird dabei die Tarifentwicklung im Land. Die Kommission legt dann einen Vorschlag vor, den die Regierung in der Regel mit einer Verordnung verbindlich macht.

Entwicklung des Mindestlohns in Deutschland
© dpa-infografik GmbH

Warum gibt es Kritik?

Gewerkschaften kritisieren, dass die Mindestlohnbeschäftigten wegen der gestiegenen Preise einen Reallohnverlust hinnehmen müssen. Die Mindestlohnkommission habe gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst, teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit.

Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der auch Mitglied der Mindestlohnkommission ist, sagte am Montag in Berlin: "Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen." Mit dem Beschluss erlitten die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. "Um einen Mindestschutz und einen Ausgleich der Inflation zu gewährleisten, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert."

Wie viele Menschen arbeiten für 12 Euro Mindestlohn?

Ganz genau lässt es sich nicht sagen. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamts waren aber im Oktober ungefähr sechs Millionen abhängig Beschäftigte (15 Prozent) im Niedriglohnsektor beschäftigt. Zum Niedriglohnbereich zählen demnach Jobs, in denen weniger als 12,76 pro Stunde gezahlt wird. Von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro im Oktober profitierten den Angaben zufolge etwa 5,8 Millionen Menschen, die vorher weniger als 12 Euro die Stunde hatten.

Ist der Mindestlohn brutto oder netto?

Brutto. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bekommen Beschäftigte bei einer 40-Stunden-Woche mit Mindestlohn bislang etwa 2080 Euro brutto im Monat. Durch die Erhöhung auf 12,41 Euro kommen Beschäftigte auf etwa 2150 Euro brutto.

Wie viel davon netto nach Abzug von Steuern, Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bleibt, hängt wie immer von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Steuerklasse, dem Familienstand oder der Anzahl der Kinder.

Was droht einem Arbeitgeber, der weniger zahlt?

Das kann teuer werden. Es drohen Geldbußen bis zu 500.000 Euro. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Auf der Internetseite des Bundesarbeitsministeriums gibt es einen "Mindestlohn-Rechner": Durch Eingabe des Bruttogehalts und der Wochenarbeitszeit lässt sich dort überprüfen, ob das Gehalt unter dem Mindestlohn liegt. Für den Fall von Verstößen gibt es beim zuständigen Zoll die Mindestlohn-Hotline 030 60 28 00 28.

Haben auch Azubis, Schüler und Minijobber Anspruch?

Minijobber, ja. Für Azubis gibt es eigene Regeln (Mindestvergütung für Auszubildende). Schüler-Jobs fallen in der Regel nicht unter die Mindestlohn-Regel: Wer unter 18 ist und noch keinen Berufsabschluss hat, hat keinen Anspruch. Bei Praktika gilt, handelt es sich um ein freiwilliges "Orientierungspraktikum" neben Studium oder Ausbildung, besteht kein Anspruch auf Mindestlohn, es sei denn es dauert länger als drei Monate. Bei "Pflichtpraktika", die als Teil des Studiums absolviert werden müssen, besteht auch kein Anspruch.

Wie hat sich der Mindestlohn entwickelt?

Der Mindestlohn ist seit seiner Einführung 2015 von 8,50 Euro schrittweise auf 12 Euro erhöht worden - ein Plus von 41 Prozent. Besonders große Anhebungen gab es im vergangenen Jahr. Ende 2021 lag der Mindestlohn noch bei 9,60 Euro. In drei Schritten ging es dann 2022 auf 12 Euro hinauf. Die Verbraucherpreise (Lebensmittel, Energie, Mieten, Kleidung usw.) stiegen zwischen 2015 und 2022 laut Statistischem Bundesamt - wenn man den Durchschnittsjahreswert bei der Inflation zugrunde legt - um 16,6 Prozent. (dpa/AFP/lko/lag)

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